Christoph Peters wird vom Galeristen Johann König verklagt, weil der sich im Buch „Innerstädtischer Tod“ wiedererkannt haben will. Jetzt stellt der Autor sein Werk in Köln vor.
Parallele zu lebenden Personen?„Innerstädtischer Tod“ boomt seit Streit mit Kölner Galeristen
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Christoph Peters im Kölner Literaturhaus.
Copyright: Toni Borgert
„Wir wollen zuerst über das Buch sprechen“, war die Devise des Abends mit Christoph Peters im Kölner Literaturhaus. Irgendwie durchaus verständlich, denn „Innerstädtischer Tod“ des in der Hauptstadt lebenden Autors, erschienen im September letzten Jahres, ist hochgelobt als aktueller „Schlüsselroman über das politische Berlin“ und gerade deshalb in hektischen Vorwahlzeiten von besonderer Brisanz.
Dennoch: Peters sieht sich konfrontiert mit der Tatsache, dass sich der Berliner Galerist Johann König und seine Frau in zwei Figuren seines Romans wiederzuerkennen glauben und deshalb auf ein Verbot geklagt haben, der Prozess steht noch aus.
Verlag steht hinter seinem Autor
„Das hängt wie ein Damoklesschwert über mir“, gab Peters zum Ende der Lesung im Gespräch mit Moderator Ulrich Noller zu. Er sei nie davon ausgegangen, dass ein Roman, eine Fiktion, justiziabel sein könnte. Der Verlag Luchterhand stehe vollständig hinter ihm. Trotzdem, „es stresst mich schon und raubt mir auch manchmal den Schlaf“.
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Besagter Protagonist im Buch ist der Galerist Konrad Raspe, ein Star der internationalen Kunstszene, der den jungen Künstler Fabian Kolb unter seine Fittiche nimmt. Die Ausstellung kann Kolb den erhofften Durchbruch bringen. Dumm nur, dass am Vortag der Eröffnung Vorwürfe von Frauen in der Presse kolportiert werden, Raspe habe sie sexuell belästigt.
Politisch korrekter Künstler
Das bringt Fabian, ganz in Sinne des Zeitgeistes woke, postkolonial und gendermäßig korrekt aufgestellt, in Gewissensnot. Darf er sich im Dunstkreis dieser Verdachtsberichterstattung überhaupt noch bewegen?
Die Beschuldigung hat es tatsächlich gegeben, erhoben in einem Artikel der „Zeit“ im August 2022. Die Beschwerde dagegen wurde vom Presserat abgewiesen und Teile des Artikels vom Gericht kassiert. Was bei Peters davon übrig bleibt, sind kleine Rudimente eines ähnlichen Falls, die dramaturgisch in eine ganz andere Richtung zugespitzt werden.
Gezwungen zur Recherche
Der Galerist ist, na ja, ein Klischee mit Hang zur Selbstinszenierung, da ist er vermutlich nicht der einzige. Bei Peters hat er einen „extrem präzisen Blick“ für die Feinheiten von Fabians roher Installation, während König fast blind ist. Undsoweiter.
Im Nachhinein erst sah sich Peters zu dieser Art von Recherche gezwungen. Das Heute spiegeln? Geht das überhaupt ohne die Basis des Realen? Wohl kaum.
Alle Figuren haben Vorbilder
Fast alle Figuren im „Innerstädtischen Tod“ haben Vorbilder. Aber: „Es ist eine völlig andere Konstellation“, erklärt Peters. Da gibt es Fabians Cousin Martin, einen prätenziösen katholischen Priester, der sich als Retter der Gefallenen inszeniert. Vater und Bruder, die eine Krawattenfabrik in Krefeld besitzen und sich nach dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs um die Geschäfte mit Russland sorgen.
Und natürlich den Kater, der im Gegensatz zum räudigen braunen Kater der Familie Peters ein edles, wenn auch nerviges Tier ist.
Und da gibt es, allen voran, Hermann Carius, Chefideologe der Neuen Rechten im Bundestag, „eine der schwierigsten Figuren“. Ein Konservativer, der sich im Laufe der Jahre völkisch radikalisiert hat.
Protagonisten mit Empathie behandelt
„Ich denke nicht daran, über Alexander Gauland zu schreiben“, erklärt Christoph Peters seine Vorgehensweise. Er habe zwar alle möglichen Veröffentlichungen der Rechtskonservativen gelesen. „Aber es ist Hermann Carius, um den es geht.“ Ein Mann, der desillusioniert am Ende seines Lebens steht, zu viel trinkt, die Ehe am Ende und eine Persona non grata in Familie und Gesellschaft.
„Ich versuche, ihn wie alle Figuren mit einer gewissen Empathie zu behandeln“, sagt der Autor, dessen Vorbild Dostojewski ist, der literarische Hüter der Bettler, Huren und Versager. „Das gilt auch für die ganz fürchterlichen Charaktere.“
Durch Skandal steigen die Verkaufszahlen
Was auffällt, ist tatsächlich, dass all diese Menschen im Roman ihre eigene innere Stimme und Logik besitzen. Ganz tief gräbt sich Christoph Peters in ihre Köpfe und Seelen, eine Kakophonie von Gedanken und Empfindungen, die zwischen Komik und Tragik schwebt und dem Autor auch beim Vorlesen - „das mag ich sehr gerne“ - offenbar großes Vergnügen macht. Kein Wunder: „Mit 15 wollte ich ein fahrender Sänger werden.“
Was den Erfolg des Buchs angeht: Es läuft wie „geschnitten Brot“ seit der Klage. „Da spiegeln sich sonderbare Dinge“, findet Christoph Peters. Es ist wie eine Parallele zur Ausstellung seines Künstlers, die am Ende durch einen handfesten Skandal umso erfolgreicher wird.
Christoph Peters: „Innerstädtischer Tod“. Roman, Luchterhand, 304 S., 24 Euro.