Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

„Blaupausen und Buzzwords“So reagieren Politiker in Rhein-Sieg auf das Koalitionspapier aus Berlin

Lesezeit 4 Minuten
Regionalverkehr Züge auf der Siegstrecke am Bahnhof Herchen.

Der Bahnverkehr ist eine Dauerbaustelle in der Region, so auch hier auf der Strecke des RE9. (Archivbild)

Die Haltungen in Rhein-Sieg schwanken zwischen Optimismus und Skepsis. Es seien die richtigen Themen adressiert, aber eine klare Richtung fehle.

Der Koalitionsvertrag ist da, doch der Sprecher der Bürgermeister im Rhein-Sieg-Kreis, Otto Neuhoff (parteilos) aus Bad Honnef, ist wenig begeistert: Es seien zwar die richtigen Themen adressiert worden und in wenigen Momenten auch ausgearbeitet, überwiegend bestünden die Formulierungen zu den Inhalten aber aus „Blaupausen und Buzzwords, ohne dass ich eine Richtung erkennen kann“.

Sebastian Hartmann (SPD) und Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) zeigen sich dagegen zufrieden mit dem, was in Berlin ausgehandelt wurde. Die beiden langjährigen Bundestagsabgeordneten aus dem Rhein-Sieg-Kreis sehen positive Entwicklungen für die Region.

Bundestagsabgeordneter sieht Infrastruktur und Bildungseinrichtungen gestärkt

Durch die Entscheidung für das Sondervermögen sei ein völlig anderer finanzieller Rahmen für die Kommunen geschaffen worden, lautet die Einschätzung von Sebastian Hartmann, der jetzt zum vierten Mal den Rhein-Sieg-Kreis im Bundestag vertritt. Bildungseinrichtungen und Infrastruktur würden deutlich gestärkt. In der alten Ampel habe das auch im Gesetz gestanden, aber nicht umgesetzt werden können.

Durch die Entscheidung für das Sondervermögen sei ein völlig anderer finanzieller Rahmen für die Kommunen geschaffen worden, lautet die Einschätzung von Sebastian Hartmann, der jetzt zum vierten Mal den Rhein-Sieg-Kreis im Bundestag vertritt. Bildungseinrichtungen, Infrastruktur würden deutlich gestärkt. In der alten Ampel habe das auch im Gesetz gestanden, aber nicht umgesetzt werden können.

Müssen uns für viele Jahre auf Dauerbaustellen einrichten.
Sebastian Hartmann, Bundestagsabgeordneter für Rhein-Sieg

„Wir haben ein Verkehrsproblem in der Region“, sagt er freimütig, „die Infrastruktur ist marode. Wir müssen uns für viele Jahre auf Dauerbaustellen einrichten.“ Als Beispiel nennt er die Rhein-Sieg-Trasse, die links- und rechtsrheinische Bahnstrecke. Das Gute: Die Baustellen würden endlich wirklich eingerichtet werden können, die Investitionen kämen, es könne repariert werden. „Das ist für die Region entscheidend.“

Als Sozialdemokrat und innenpolitischer Sprecher begrüße er, dass bei der Migration eine stärkere finanzielle Basis für die Kommunen gelegt werde.„ Was aber auch kommen muss, ist, dass wir in Europa eine andere Verteilung bekommen.“ Als „vollständig gelungen“ bezeichnet Hartmann dagegen die Entscheidung für Bonn als Standort eines Sicherheitszentrums für den Bevölkerungsschutz. Dann werde Cybersicherheit nicht mehr abstrakt behandelt. Der Letter of Intent für das Bonn-Berlin-Gesetz sei wichtig, er werte die Region auf.

Koalitionsvertrag: Lob aus Bonn für Status als zweites bundespolitisches Zentrum

Aus dem Rhein-Sieg-Kreis kam ebenfalls Lob für die Zusatzvereinbarung zum Bonn-Berlin-Gesetz. „Hier möchten wir direkt ansetzen und Projekte, die von Bundesinteresse sind, in der Region umsetzen und langfristig verankern“, heißt es in einer Mitteilung. Die Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner sieht dadurch den Status von Bonn als zweites bundespolitisches Zentrum weiter gesichert: „Mich freut sehr, dass neben der Zusatzvereinbarung auch Bonn als UN-Stadt und Sitz internationaler Organisationen im Koalitionsvertrag ausdrücklich Erwähnung gefunden hat.“

Als „eine gute Basis für einen echten Politikwechsel, gerade in der Wirtschaftspolitik, in der Migrationspolitik und auch beim Bürokratieabbau“, bewertet Elisabeth Winkelmeier-Becker den Koalitionsvertrag. Kompromisse müsse man bei solchen Verhandlungen immer eingehen. Sie sieht den Weg freigemacht für niedrigere Energiekosten und weniger bürokratische Hürden.  

Bad Honnefer Bürgermeister: Verwaltungen „strukturell verelendet“

„Die Kommunen werden insgesamt gestärkt“, so die Einschätzung der Abgeordneten, die seit 2005 dem Bundestag angehört. Viel Geld aus dem Sondervermögen werde in die Städte und Gemeinden fließen. „Wir werden dafür sorgen, dass dieses Geld sinnvoll und unkompliziert investiert werden kann. Dafür haben wir uns Verbesserungen bei der Planung beziehungsweise bei der Genehmigung von Projekten und bei den Vergabevorschriften vorgenommen.“

Das sieht der Bürgermeister von Bad Honnef, Otto Neuhoff, seit 2024 Sprecher der Bürgermeister im Rhein-Sieg-Kreis, eher skeptisch. „Wenn ich lese, man will zusätzliche Förderprogramme auflegen, dann schwant mir nichts Gutes.“ Die Verwaltungen seien „strukturell verelendet“, der bürokratische Aufwand sei viel zu hoch.

Natürlich sei es begrüßenswert, dass angesichts des herrschenden Sanierungsstaus mehr Investitionsmittel für die Infrastruktur bereitgestellt werden sollten, aber es müssten auch die entsprechenden Strukturen geschaffen werden: „Wir brauchen Planer, Ingenieure, selbst Büros bekommt man ja nicht.“ Planverfahren müssten beschleunigt werden, da sei die Dauer derzeit absurd lang. Dass im Koalitionsvertrag nun festgehalten sei, dass Planfeststellungsverfahren für bestehende Trassen wegfallen, sei ganz richtig.

Blick ins Koalitionspapier: Neuhoff habe einen skeptischen Optimismus

Er habe einen skeptischen Optimismus bei vielen Themen, sagt Neuhoff nach dem Blick ins Papier. Bei der Flüchtlingssituation werde eine fairere Aufteilung der Mittel angekündigt, ebenso bei Bildung und Infrastruktur.  „Aber es ist in der Schwebe gelassen, wie das Geld bei den Kommunen ankommt“, sagt er.

Dann gebe es noch den Steuerentlastungsaspekt, der zunächst vielversprechend klinge: Mindergewerbesteuereinnahmen sollen ausgeglichen werden. Damit sei aber ausgeschlossen, dass die Kommunen einen Ausgleich für Mindereinnahmen bei der Einkommenssteuer und Gewerbesteuer bekämen, was den größeren Batzen ausmache. Die Kommunen bräuchten aber insgesamt eine deutliche Entlastung, betont Neuhoff: „Wir stehen nicht mit dem Rücken zur Wand, wir stehen schon in der Wand.“