AboAbonnieren

Elisabeth Winkelmeier-Becker„Zusammenarbeit mit SPD ist besser als ihr Ruf“

Lesezeit 5 Minuten
Interview CDU Abgeordnete Siegburg

Im Gespräch mit der Redaktion schilderte Elisabeth Winkelmeier-Becker ihre Erwartungen an ihre neue Aufgabe. 

  1. Wie wird man parlamentarische Staatssekretärin?
  2. Welche Zukunft hat die große Koalition?
  3. Diese und weitere Fragen hat Elisabeth Winkelmeier-Becker uns im Gespräch mit unserer Redaktion verraten.

Die Siegburger Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) wurde als Parlamentarische Staatssekretärin ins Bundeswirtschaftsministerium berufen. Mit den Redakteuren Dieter Krantz und Andreas Helfer sprach die 57-Jährige über die vor ihr liegenden Herausforderungen und die Zukunft der großen Koalition.

Wie wird man Parlamentarische Staatssekretärin? Bewirbt man sich darum?

Man bekommt einen Anruf der Kanzlerin.

Völlig unerwartet?

Oliver Wittke aus Nordrhein-Westfalen geht aus der Position raus, weil er zu einem Verband wechselt. Traditionell werden Positionen innerhalb der Landesgruppe nachbesetzt. Insofern gab es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass es auch wieder aus NRW besetzt wird. Ich konnte mir denken, dass ich eine ganz gute Chance habe. Aber Chance ist nicht Gewissheit.

Sie lassen mit der Rechtspolitik ein Fachgebiet hinter sich, dass Sie über Jahre bearbeitet haben. Bedeutet der Wechsel nun einen Sprung ins kalte Wasser, oder hatten Sie mit der Wirtschaft schon vorher zu tun?

Beides, es gibt auch Schnittmengen, die in der Vergangenheit schon eine Rolle gespielt haben. Zum Beispiel bei europäischen Richtlinien, Sammelklagen oder der Musterfeststellungsklage, oder wenn es darum geht, das Unternehmenssanktionsrecht auf den Weg zu bringen. Es kommt aber auch viel Neues auf mich zu.

Welche Themen werden jetzt auf Sie zukommen?

Strukturwandel, Industriepolitik, Europapolitik und die Grundsatzabteilung. Das sind schon die großen Zusammenhänge: Wie viel Einfluss hat der Staat, was kann man alles dem Markt überlassen, und wo beginnt vielleicht eine Verantwortung des Staates? Gerade in den knowhow-starken Industrien hat sich einiges nicht so optimal entwickelt. Deshalb finde ich den Ansatz richtig, der ja auch zur Programmatik der Union gehört: so wenig Staat wie möglich, aber auch so viel Staat wie nötig.

Kennen Sie den Minister, Herrn Altmaier, schon näher?

Wir duzen uns schon seit langem, haben die Handynummern ausgetauscht, aber das wird jetzt natürlich noch mal deutlich enger.

Wie ist er als Chef?

Er nimmt seine Leute in die Verantwortung, lässt ihnen aber auch Verantwortung. Man hat Gelegenheit, Ideen einzubringen. Das ist in anderen Häusern anders.

Was sind die Aufgaben einer Parlamentarischen Staatssekretärin?

Was die Parlamentarischen Staatssekretäre ausmacht, ist die vermittelnde Position zwischen Parlament und Ministerium. Das Ministerium sagt, wir möchten ein Gesetz mit dem und dem Inhalt machen, braucht dazu aber die Mehrheit in Fraktion und Bundestag. Die sind ja nicht immer von vornherein auf derselben Linie.

Und da in beide Richtungen zu vermitteln – was sind die Gedanken des Ministeriums, aber auch die Ideen und Vorstellungen der Arbeitsgruppe? – das ist nicht immer einfach. Zum Beispiel beim Thema Windräder: Wie nahe sollen die an Ortschaften ran? Es ist eine sehr spannende Aufgabe, das macht auch die Freude daran aus.

Wie wird sich die verstärkte Präsenz in Berlin auf die Arbeit in Ihrem Wahlkreis auswirken?

Das Mandat ist mit dem Amt verbunden, der Wahlkreis bleibt also. Es muss vielleicht auch manches anders und noch besser organisiert werden durch die Mitarbeiter. In der vierten Wahlperiode profitiere ich von vielem, was ich aufgebaut habe. Mehr Verantwortung in Berlin wird die eine oder andere Stunde im Wahlkreis kosten. Ich werde trotzdem erreichbar sein wie bisher.

Gibt es ein Thema unter den neuen Aufgaben, von dem Sie sagen können: Das kenne ich aus dem Rhein-Sieg-Kreis, das kenne ich so richtig aus der Arbeit vor Ort?

Das immerwährende Thema Bonn-Berlin, Strukturwandel im Braunkohletagebau, die Industrie an der Rheinschiene etwa mit Evonik als stark energieverbrauchendes Unternehmen – es gibt direkte Relevanz auch für unseren Standort. Wenn es einen guten Zeitpunkt gibt, um in die Politik zu gehen, dann wäre der jetzt, weil sich jetzt abzeichnet, dass sich ganz viel ändert. Da stellen sich alle Fragen wieder neu, Verteilungsfragen, Sicherheitsfragen, dazu eben Umweltfragen.

Es ist eine ganz schön schwierige Aufgabe, das übereinander zu bringen und dabei auch die soziale Ausgewogenheit hinzubekommen. Ich komme in unserer Partei aus der CDA (dem Arbeitnehmerflügel der CDU, Anm. d. Red.) und denke, dass ich da auch was einbringen kann.

Was sagt Ihr Mann, die Familie zur neuen Stelle?

Die Arbeit wird nicht weniger, aber alle haben mir gratuliert. Sie sehen das als Wertschätzung meiner bisherigen Arbeit und wissen, dass ich mich darüber freue. Meine drei Kinder sind groß, da bin ich nicht mehr in der Verantwortung. Und mein Mann war selbst Staatssekretär, da kann er ja schlecht protestieren.

Das könnte Sie auch interessieren:

Es ist eine turbulente Zeit, um den Posten anzutreten, die große Koalition wackelt. Was glauben Sie, wie lange das noch gut geht?

Meine Funktion ist daran gebunden, dass die Regierung bleibt, das Amt bezieht sich auf den Minister. Aber unabhängig davon würde ich dafür plädieren, die Wahlperiode zu Ende zu machen. Ich wüsste nicht, was sich sonst verbessern sollte. Und mir ist wichtig, dass es in Deutschland weiter normal ist, dass eine Wahlperiode vier Jahre dauert. Wenn wir das als Standard in Frage stellen, dann wird das in Zukunft immer so sein.

Wir sehen das in England, wo geschaut wird: Der Zeitpunkt ist günstig, dann wird gewählt. Es muss normal sein, dass man bis zum Ende der Wahlperiode auch Ideen hat und regieren will. Das ist mir viel wert. Ich denke auch, unsere Zusammenarbeit mit der SPD-Fraktion ist besser als ihr Ruf. Die Entscheidung von Sonntag macht das aber nicht einfacher. Doch auch wenn die SPD aus der Koalition ginge, wäre die Regierung weiter im Amt.