In Spanien gibt es sie schon: Die Fußfessel zum Schutz von Frauen vor gewalttätigen Partnern. Rund zwei von drei Deutschen unterstützen die Maßnahme.
Elektronische FußfesselMehrheit der Deutschen fordert besseren Schutz von Frauen

Elektronische Fußfesseln wurden in Spanien eingeführt, um Femizide zu verhindern. (Symbolbild)
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Die Mehrheit der Deutschen hält einen besseren Schutz von Frauen vor gewalttätigen Ehemännern und Ex-Partnern für notwendig. Das zeigen die Ergebnisse einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur.
Demnach sind 62 Prozent der Wahlberechtigten der Auffassung, Frauen würden in Deutschland nicht ausreichend vor tödlicher Gewalt durch Partner oder Ex-Partner geschützt. Lediglich 21 Prozent der Teilnehmer der repräsentativen Befragung meinen, es gebe genügend Schutz für die bedrohten Frauen.
Schockierender Angriff in der Tram
Anlass für Diskussionen um stärkere Maßnahmen gibt es immer wieder – wie auch ein Fall kürzlich in Gera. Ein 46-Jähriger soll seine Ehefrau am 16. März in einer fahrenden Straßenbahn mit einer brennbaren Flüssigkeit überschüttet und angezündet haben. Er wurde kurz nach der Tat in Untersuchungshaft genommen. Die Frau wurde lebensgefährlich verletzt.

Der Brandanschlag in Gera auf eine Frau, mutmaßlich durch ihren Ehemann, löste großes Entsetzen aus. (Archivbild)
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Wenn Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet werden, spricht man von Femizid. Im November vergangenen Jahres hatte das Bundeskriminalamt erstmals ein Lagebild „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten“ vorgestellt. 2023 wurden demnach 938 Mädchen und Frauen Opfer von versuchten und vollendeten Femiziden – 360 Frauen und Mädchen starben dabei. Fast jeden Tag starb in Deutschland demnach eine weibliche Person durch geschlechtsspezifische Gewalt. Die Täter sind stets männlich. Meist sind es (Ex-)Partner, die aus niederen Motiven wie Eifersucht oder Besitzanspruch morden. Auch Sexualdelikte mit anschließendem Mord werden in dem Lagebild erfasst.
Faeser und Wissing für elektronische Fußfessel
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will ein stärkeres Schutz- und Hilfesystem für Frauen, eine effektive Strafverfolgung der Täter und die elektronische Fußfessel, damit sich Täter bedrohten Frauen nicht mehr unbemerkt nähern können. Faeser, die inzwischen nur noch geschäftsführend im Amt ist, sagte nach dem Brandanschlag in Gera: „Der Schutz von Frauen vor Gewalt muss auch für die nächste Bundesregierung ein zentrales Thema sein.“
Die scheidende Bundesregierung hatte im Januar eine Formulierungshilfe zur Änderung des Gewaltschutzgesetzes beschlossen, die die elektronische Fußfessel vorsieht. Der Entwurf wurde aber nicht mehr vom alten Bundestag verabschiedet. Er sieht vor, dass Familiengerichte in Hochrisikofällen für drei Monate eine elektronische Aufenthaltsüberwachung anordnen können, mit der Möglichkeit einer Verlängerung um weitere drei Monate.

Tödliche Gewalt gegen Frauen durch Partner und Ex-Partner sollte nach Auffassung von Feministinnen nicht als „Beziehungstag“ bezeichnet werden, sondern als Femizid. (Archivbild)
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Vorbild Spanien
Der parteilose Bundesjustizminister Volker Wissing sagte nach dem Kabinettsbeschluss, der Kampf gegen häusliche Gewalt dulde keinen Aufschub. In Spanien etwa habe man mit der elektronischen Aufenthaltsüberwachung in Fällen häuslicher Gewalt gute Erfahrungen gemacht. „Die elektronische Aufenthaltsüberwachung ist auf Ausnahmefälle beschränkt, in denen eine konkrete Gefahr insbesondere für Leib und Leben des Opfers besteht“, teilte das Bundesjustizministerium damals mit.
Im spanischen Modell werden keine festen Verbotszonen, etwa der Wohnort oder der Arbeitsplatz, überwacht. Stattdessen geht es darum, den Abstand zwischen Täter und Opfer im Blick zu behalten. Das Opfer trägt eine GPS-Einheit mit sich. Befindet sich der Täter mit der Fußfessel – absichtlich oder unabsichtlich – in seiner Nähe wird ein Alarm bei der Polizei ausgelöst. Gleichzeitig erhält das Opfer einen Warnhinweis.
Gesetzesänderung wahrscheinlich
Die Union hatte sich damals zwar offen für eine entsprechende Regelung gezeigt, den Entwurf der Bundesregierung jedoch abgelehnt. Die CSU-Politikerin Andrea Lindholz begründete dies damit, dass die Länder, die das Gewaltschutzgesetz am Ende umsetzen müssten, kaum Zeit gehabt hätten, sich mit dem Vorhaben auseinanderzustehen, das „kurz vor knapp erstellt“ worden sei.
Dass Union und SPD dazu nach einem erfolgreichen Abschluss ihrer Koalitionsverhandlungen einen neuen Entwurf vorlegen werden, gilt nach allem, was bisher über die Vorschläge der Arbeitsgruppe zu rechtspolitischen Fragen bekannt ist, als wahrscheinlich.
Zwei von drei Wahlberechtigten unterstützen Vorhaben
Insgesamt 66 Prozent der Deutschen halten den Einsatz elektronischer Fußfesseln zur Verhinderung tödlicher Gewalt durch Partner und Ex-Partner für eine gute Idee. Bei der YouGov-Befragung, die vom 21. bis 24. März durchgeführt wurde, erklärten 22 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sie hielten diese Maßnahme für nicht sinnvoll. Zwölf Prozent der 2.144 Befragten trauten sich in dieser Frage kein Urteil zu.
Die Zustimmung für diese Maßnahme ist bei Männern und Frauen etwa gleich groß. Am höchsten war die Unterstützung für den Vorschlag bei Menschen, die angaben, bei der Bundestagswahl im Februar die Grünen gewählt zu haben. Den geringsten Zuspruch für den Einsatz der elektronischen Fußfessel zum Schutz vor gewalttätigen Partnern und Ex-Partnern gibt es bei den Wählern der FDP. Die FDP lehnte Forderungen zur Einführung der elektronischen Fußfessel nach spanischem Vorbild in der letzten Legislaturperiode strikt ab. (dpa)