Klöckner betonte in ihrer starken Rede: Demokratie bedeutet Mehrheiten, Zuhören und Verständnis, nicht Extremismus und Lautstärke.
BundestagspräsidentinKlöckner überzeugt mit einer starken Antrittsrede

CDU-Politikerin Julia Klöckner ist die neue Bundestagspräsidentin
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Wenn ein demokratisch gewählter Bundestag zum ersten Mal zusammenkommt, sollte das ein Festtag sein. Am Dienstag war unter der Reichstagskuppel zunächst keine Feststimmung zu spüren. Der Tag begann mit einem AfD-Schock: Genauso aggressiv, genauso verächtlich, aber doppelt so stark wie im letzten Bundestag erschien die Fraktion am rechten Rand, die Hinterbänkler provisorisch auf Klappstühlen sitzend.
Der Zuwachs der AfD-Fraktion, die Rechtsextreme in ihren Reihen hat, erinnert an die Fehler der gescheiterten Ampel-Regierung. Er ist auch Ermahnung für die künftige schwarz-rote Bundesregierung von Friedrich Merz, es besser zu machen.
Die Zweifel daran mussten die Stimmung erstmal dämpfen. Denn AfD-Redner Bernd Baumann bemerkte zu Recht, dass Merz’ Eine-Billion-Schuldenpaket nicht ganz dem Willen der Wähler vom 23. Februar entspricht. Es muss kein kalkulierter Betrug gewesen sein. Aber es gibt sehr viel beschädigtes Vertrauen zu reparieren.
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Dass der Start in die neue Legislaturperiode dennoch gelang, dafür sorgte ausgerechnet Julia Klöckner. Ausgerechnet, weil die frühere CDU-Ministerin populistischen Versuchungen schon mehrfach selbst erlegen ist. Das Misstrauen ihr gegenüber zeigte sich im dürftigen Ergebnis bei der Wahl zur neuen Bundestagspräsidentin.
Ihre Antrittsrede aber war stark und setzte entscheidende Botschaften, um Spaltung, Verzagtheit und Pessimismus zu überwinden: Mehrheiten, die demokratisch zustande gekommen sind, sind keine Kartelle! Abweichende Meinungen zu hören und verstehen zu wollen, darf keine Überforderung sein! Nicht jede Meinung, die man nicht teilt, kommt Extremismus gleich! Aber auch: Lautstärke ist nicht gleich Mehrheit! Mit Blick auf die AfD ist zu ergänzen, dass eine Pose keine Alternative ist.
Die letzte Regierung hat die Menschen nicht erreicht und ist im Streit mit sich selbst erstorben. Die künftige Koalition hat im neuen Parlament dagegen eine stabile Mehrheit. Sie hat genug finanziellen Spielraum, um ihre Aufgaben zu bewältigen. Das sind hervorragende Voraussetzungen, um einen guten Job zu machen. Und um zu kreieren, was Klöckner einforderte: Dass wieder Optimismus durchs Land geht. Also lassen wir sie und den neuen Bundestag an die Arbeit gehen.