Köln war die zweite deutsche Stadt, die der französische Präsident Charles de Gaulle 1962 besuchte.
Élysée-VertragEhemaliger Kölner Museumsdirektor referiert in Kerpen über de Gaulle und Adenauer
„Dä Zooch kütt!“ – da lacht das Herz des Kölners. „Dä Dejool kütt!“ – da hatten sich die Kölner offensichtlich genauso gefreut, wie Mario Kramp, ehemaliger Direktor des Kölnischen Stadtmuseums, versicherte. Hunderttausende jubelten dem französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle zu, als er am 5. September 1962 Köln besuchte, zusammen mit Bundeskanzler Konrad Adenauer und Oberbürgermeister Theo Burauen.
Kramp absolvierte bei seinem Vortrag in der Johann-Bugenhagen-Kirche eine Gratwanderung: Wie lässt sich ein 60 Jahre zurückliegendes historisches Ereignis vermitteln, ohne dass sich die Zuhörer langweilen? Mit Humor und enormer Sachkenntnis, gepaart mit rheinischem Zungenschlag und nachvollziehbarer Begeisterung für das, was Konrad Adenauer und de Gaulle geleistet haben: die Grundlegung einer Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland, 17 Jahre nach dem Ende des von Deutschland entfachten Zweiten Weltkriegs.
Lieber das Rheinland als Berlin, Hamburg oder München
Der Einstieg in Kramps Vortrag: Im Stile de Gaulles, auf Deutsch mit französischem Akzent, raumgreifenden Armbewegungen und unnachahmlicher Pathetik begrüßte er die Anwesenden und hatte sie sofort auf seiner Seite. De Gaulles erste Station nach der damaligen Bundeshauptstadt Bonn war Köln. Berlin, Hamburg, München waren sicher von größerer Bedeutung. Kramps Mutmaßung: Der Kölner Adenauer wusste um die Begeisterungsfähigkeit seiner Rheinländer, er wollte de Gaulle unbedingt einen überwältigenden Empfang bescheren. Das war gelungen.
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De Gaulle sprach vor dem immer noch vom Krieg gezeichneten Rathaus und lobte Adenauer über den grünen Klee. In einen Moment der Stille hinein ertönte vom Rathausglockenspiel die Marseillaise. De Gaulle war ergriffen und sprach die historischen Worte: „Es lebe Köln, es lebe Deutschland, es lebe die deutsch-französische Freundschaft!“
De Gaulle und Adenauer als Kontrast zu Scholz und Macron
Am 22. Januar 1963 unterzeichneten de Gaulle und Adenauer den „Élysée-Vertrag“, das größte und zugleich grundlegende Abkommen zur deutsch-französischen Zusammenarbeit. Damit war ein Schlussstrich gezogen unter Jahrhunderte der sogenannten „Erbfeindschaft“ zwischen den beiden Ländern. Kramp erläuterte die Entstehung dieses nationalistischen Topos mit Hinweis auf die Reunionskriege Ludwigs XIV., die Befreiungskriege und den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71. Er machte deutlich, dass die napoleonische Besatzung des Rheinlandes durchaus auch positive Konsequenzen hatte: Das moderne französische Recht war 1804 im damals zu Frankreich gehörenden Rheinland in Kraft getreten und galt bis 1900, sehr gegen den Widerstand der preußischen Hohenzollern.
Die Zeit nach de Gaulles Deutschland-Besuch war immer geprägt von den persönlichen Beziehungen zwischen den jeweiligen Staatsmännern und -frauen: Helmut Schmidt und Valéry Giscard d'Estaing, Helmut Kohl und François Mitterand, Gerhard Schröder und Jacques Chirac, Angela Merkel und diverse Präsidenten. Kramp wünscht sich, dass sich die Sprachlosigkeit, die zwischen Olaf Scholz und Emmanuel Macron zu herrschen scheint, bald auflösen möge.
Der Kerpener Heimatverein und das Stadtarchiv hatten im Januar mit einer Veranstaltung über die deutsch-französisch-jüdische Familie Charles Schwarz das Jubiläumsjahr zum Élysée-Vertrag eröffnet, jetzt schloss sich der Kreis mit einem vom Publikum mit großem Beifall bedachten Vortrag. Der Beifall galt auch Stadtarchivarin Susanne Harke-Schmidt, ohne deren Einsatz und Organisationstalent solche Veranstaltungen nicht denkbar wären.