Erftstadt-Lechenich – Es ist ein bisschen wie ein Schritt in eine andere Welt. Wer durch die Tür des malerischen Häuschens in der Lechenicher Altstadt tritt, verlässt die sommerliche Hitze und findet sich mitten im Karneval wieder. Glitzernde Orden bedecken die Wände, hängen von der Decke. Dazwischen Fotos, viele in Schwarz-Weiß aufgenommen, andere haben die Farbe im Laufe langer Jahre verloren. Peter Bitter hat sich sein privates Karnevalsmuseum eingerichtet, und im Hausherrn findet der Besucher den idealen Museumsführer.
Der Gründer der Rheinflotte Blaue Jungs, des Köttinger Tanzkorps, weiß zu fast jedem Orden, jedem Bild eine Geschichte zu erzählen. Am Sonntag, 21. August, wird Peter Bitter 98 Jahre alt, und er erinnert sich noch genau, wie er zum Karneval gekommen ist. 14 oder 15 Jahre sei er alt gewesen, als er mit Eltern und Großvater unterwegs war. Der Opa forderte ihn auf zu tanzen, und als der Junge sich sträubte, gab er ihm einen Schubs, sodass er auf der Tanzfläche landete. Offenbar war Peter Bitter ein Naturtalent: Es klappte sofort, später wurde er Tanzoffizier, schrieb schließlich die Choreographien für alle Tänze der Rheinflotte.
Mit den Blauen Jungs in ganz Europa unterwegs
Mit der tanzenden Truppe sei er in ganz Europa unterwegs gewesen, erzählt der Karnevalist. Mit so ziemlich allen Showstars aus alten Zeiten habe er auf der Bühne gestanden: „Außer mit Peter Alexander.“ Seine Kontakte verhalten ihm letztlich auch zu seiner Ordenssammlung, die echte Raritäten enthält, beispielsweise einen australischen. Den bekam er, als er 1986/87 Karnevalsprinz in Berlin war. Und das wiederum wurde er, weil die Prinzessin Katja I. ihn kannte.
Ungewöhnlich in Peter Bitters buntem Leben ist auch sein beruflicher Werdegang. Erst wurde er Friseur, arbeitete in einem Salon in Köln-Marienburg. Da habe er auch René Deltgen, einem damals sehr bekannten Schauspieler, die Haare geschnitten. Als Bitter einen Anbau an seinem Haus in Köttingen hochzog, fiel einem Architekten ein anderes Talent an ihm auf: das Mauern. Und prompt sattelte der junge Mann um, wurde Maurer und Verputzer.
Unzählige Meistertitel hat Peter Bitter mit den Blauen Jungs gesammelt – so groß sind seine Verdienst um den Karneval in Köttingen, dass das Vereinsheim mittlerweile seinen Namen trägt. Vergnügt erzählt er, dass er sogar Weltmeister ist. Allerdings in einer ganz anderen Disziplin. Und, genau genommen, ist nicht er Weltmeister geworden, sondern Richard Flohr. Der hat Rekorde gesammelt wie Bitter Orden, und zwar als Pilot.
Bei einem Rekordflug nach Prag hatte er Peter Bitter mit im Cockpit. Vor ein paar Jahren ist der 97-Jährige nochmal in die Cessna eingestiegen. Aber nach einer Runde über Lechenich habe er Flohr gebeten, das kleine Flugzeug zurück zum Platz zu steuern und wieder zu landen: „Das hat mir zu sehr gewackelt da oben.“