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Bürgermeisterkonferenz Rhein-ErftSo funktioniert der interkommunale Austausch

Lesezeit 7 Minuten

Der Pulheimer Bürgermeister Frank Keppeler ist der dienstälteste im Rhein-Erft-Kreis.

Rhein-Erft-Kreis – Frank Keppeler (48) ist seit 2009 Bürgermeister der Stadt Pulheim. Als dienstältester Verwaltungschef im Rhein-Erft-Kreis ist er Sprecher der Konferenz der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Bernd Rupprecht und Maria Machnik sprachen mit ihm über die Themen in der Runde, das Miteinander und seine Wünsche.

Herr Keppeler, ist dieser Vorsitz eher ein Ehrenamt oder wird in den Sitzungen auch gearbeitet?

Keppler: Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Das Gewerbe- und Industrieflächen-Konzept für den Rhein-Erft-Kreis war in unserer Runde ein wichtiges Thema. In vielen Kommunen ist festzustellen, dass schlichtweg Flächen fehlen. Deshalb können sich Unternehmen nicht vergrößern beziehungsweise neue Firmen sich gar nicht erst ansiedeln. Das Konzept wurde im Gremium sehr eingehend beraten, zusammen mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WfG) und Vertretern der Kreisverwaltung. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und ist ein sehr schönes Beispiel für interkommunale Zusammenarbeit.

Laufen die Gespräche vertraulich ab oder ist die Runde vergleichbar mit der der Ministerpräsidenten-Konferenz im Kanzleramt, aus der immer wieder Einzelheiten durchgestochen wurden, nur eben auf lokaler Ebene?

In der Runde sitzen zehn gleichberechtigte Personen, und ich habe den Eindruck, dass die Gespräche vertraulich sind. Ich habe es bislang noch nicht erlebt, dass man sich Sorgen machen muss darüber, was man dort sagt. Das ist aber auch ganz wichtig. Wir haben uns darauf geeinigt, dass es keine Vertreterinnen und Vertreter gibt. Sollte eine Bürgermeisterin oder ein Bürgermeister verhindert sein, dann wird man über das Protokoll oder jemanden, der dabei war, im Zweifelsfall von mir, über das Ergebnis informiert. Das trägt sehr zur Vertraulichkeit bei.

Das heißt, Sie streiten sich auch kräftig – so wie die Ministerpräsidenten in Berlin?

Den Begriff streiten würde ich hier nicht bemühen. Es findet ein reger Austausch statt, selbstverständlich haben wir auch Meinungsverschiedenheiten. Dabei wird manchmal auch um die Lösung gerungen – was auch richtig ist. Bisher haben wir, so glaube ich, grundsätzlich gute Ergebnisse hinbekommen.

Spielt in der Zusammenarbeit der Bürgermeister das Parteibuch eine Rolle: Sieben CDU-Bürgermeister gegen nur drei von der SPD?

Mir ist es wichtig dazu beizutragen, dass das eben nicht der Fall ist. Natürlich hat jeder seine politische Heimat. Wir haben 2013, in einer Sitzung in Pulheim, festgelegt, dass die oder der Dienstälteste Sprecherin oder Sprecher der Konferenz sein soll und die/der Zweitdienstälteste Stellvertreterin/Stellvertreter. Ist es so, dass beide zeitgleich angefangen haben, dann zählt das Lebensalter. Aktuell ist der Brühler Bürgermeister Dieter Freytag (SPD) stellvertretender Sprecher – ein Kollege, den ich sehr schätze. Der Austausch ist sehr wichtig, damit es keine Stellungnahmen nach dem jeweiligen Parteibuch gibt. Der Wunsch, einen offenen Dialog zu führen und ganz klar das Bestreben, einvernehmliche Lösungen zu erzielen, ist bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern gegeben. Man ist auch bereit, wenn der eine mal etwas mehr möchte und der andere weniger, sich in der Mitte zu treffen.

Wie oft und wo tagen Sie?

In der Regel treffen wir uns viermal im Jahr, das ist das Ziel. In Zeiten von Corona sind die Sitzungen natürlich online. Das war etwas Neues, aber hat sich in der Praxis durchaus bewährt. Denn nun schalten wir uns so auch kurzfristig zusammen, wenn es wichtige Themen gibt. Allerdings sind die persönlichen Begegnungen – gerade in dieser Runde – von Bedeutung. Grundsätzlich tagen wir reihum.

Sind Sie auf irgendeine Weise beschlussfähig?

Ja. Ein gutes Beispiel sei an dieser Stelle erwähnt: Als nach der Flutkatastrophe vom Land die Nachricht kam, dass der Rhein-Erft-Kreis sechs Millionen Euro bekommen sollte, wurden wir gebeten, einen Vorschlag zu machen, wer das Geld bekommen soll. Wir haben in kürzester Zeit eine Videokonferenz einberufen, um einen Vorschlag zu beraten. Wir haben anschließend dem Rhein-Erft-Kreis einvernehmlich gesagt, es wäre eine gute Entscheidung, wenn das Geld nach Erftstadt ginge. Das war ein starkes Signal der Zusammenarbeit und natürlich auch der Solidarität, und das hat mich gefreut.

Konnten Sie nach der Flutkatastrophe konkrete Unterstützung liefern für die am stärksten Betroffenen?

Einsatzkräfte, auch aus Pulheim, waren vor Ort und haben intensiv Hilfe geleistet. Andere Städte haben personell unterstützt. Hier sei als Beispiel Brühl genannt. Die Stadt hat ihren Beigeordneten Gerd Schiffer als Koordinator für den Wiederaufbau abgeordnet. Auch im Nachgang gab es natürlich Gespräche in unserem Gremium über die Flutkatastrophe und ihre Folgen.

Haben Sie sich mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern über die besten Wege in Sachen Pandemie beraten?

Dieses Thema beschäftigt auch unsere Runde natürlich seit Beginn der Pandemie. Hier steht häufig der Erfahrungsaustausch im Vordergrund – etwa über das Thema Impfungen oder auch über die Einführung von Pool-Testungen.

Der Strukturwandel bereitet vielen Kommunen und Bürgermeistern große Sorgen. Wie solidarisch sollten die anderen mit den am stärksten betroffenen Kommunen sein?

Bedburg, Elsdorf und Bergheim sind vom Strukturwandel sehr stark betroffen. Der Kreis hat eine neue Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung auf Rhein-Erft-Kreis-Ebene“ gegründet. Auch die Bürgermeister-Konferenz ist gefragt worden, ob wir eine Person benennen wollen, die in diese Runde entsendet wird. Wir haben geschaut, wer am stärksten betroffen ist. Dann haben wir recht schnell entschieden, dass der Bürgermeister von Bergheim, Volker Mießeler, und in Vertretung Andreas Heller und Sascha Solbach, die Bürgermeister von Elsdorf und Bedburg, dort für unser Gremium mitwirken sollten.

Was können die Bürgermeister praktisch tun?

Die Vergabe der Mittel läuft im Wesentlichen nicht über den Rhein-Erft-Kreis. Zuständig sind Bund und Land und hier im Besonderen die Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZRR). Auch da findet ein entsprechender Austausch der kommunalen Vertreterinnen und Vertreter untereinander statt. Da, wo wir als Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gefragt sind, schauen wir natürlich, dass die drei Kommunen Solidarität erfahren. In einer kommunalen Familie werden durchaus Schwerpunkte gesetzt.

Wie ist das Verhältnis der Bürgermeisterkonferenz zur Kreisverwaltung und zu Landrat Frank Rock?

Es ist ein gutes Verhältnis. Natürlich haben wir – bildlich gesprochen – unterschiedliche Hüte auf. Ein Kreis ist eine Institution, die etwas erhebt, das Kreisumlage heißt und alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister interessiert. Denn das ist Geld, die alle Kommunen zu bezahlen haben. Daher ist eine gemeinsame Stellungnahme unserer Konferenz zum Kreishaushalt etwas sehr Wichtiges.

Sie würden also als Sprecher der Bürgermeisterkonferenz immer noch dafür plädieren, dass die Kreisumlage weiter gesenkt wird?

Dazu werden Sie von mir nichts anderes hören, weil sich die Kreisumlage bei uns allen auf die Haushalte auswirkt. Konkret gilt: Für jeden Euro, der nicht an den Kreis gezahlt werden muss, lässt sich eine andere Verwendung in den Kommunen finden. Ein Wunsch, den wir in den Gesprächen mit dem Kreis immer wieder vorbringen, ist die Beachtung des Subsidiaritätsprinzips: Was können die Kommunen besser, und wo sollten die Aufgaben gebündelt beim Rhein-Erft-Kreis liegen? Ich meine, dass nicht alles, was sich im Haushalt des Kreises – speziell beim Stellenplan und bei freiwilligen Leistungen – findet, auch tatsächlich zwingend von dort erledigt werden muss.

Was kann der Kreis besser als die einzelnen Städte?

Wir haben in den Monaten der Pandemie gesehen, dass der Kreis einige Aufgaben effektiver erledigen kann. Überall da, wo Bedarfe in allen Kommunen zu decken oder Bündelungen vorzunehmen waren, kann der Kreis das besser. Sei es die Organisation der Impfzentren, die Materialbeschaffung, aber auch die Lagerung von Ausrüstung, ebenso wie gemeinsame Bestellungen. Jede Kommune wird trotzdem ihre eigenen Entscheidungen treffen, das ist selbstverständlich. Bevor der Kreis aber eine Aufgabe an sich zieht, ist es mir ganz wichtig, dass er sich mit den Kommunen austauscht. Es gibt seit einiger Zeit regelmäßige Schaltkonferenzen mit dem Landrat. Darin führen wir ein offenes Wort. Es werden durchaus auch kritische Punkte angesprochen, und wenn mal etwas nicht so gut gelaufen ist, wird es auch erwähnt.

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Es ist Weihnachtszeit, also Zeit für Wünsche: Sie haben drei Wünsche frei an die Adresse der Konferenz!

Ich wünsche mir, dass auch weiterhin ein gutes Miteinander und ein offener Dialog gepflegt werden und dass in Zukunft wieder Präsenzsitzungen stattfinden. Es gehört auch dazu, dass mal ein privates Wort gesprochen wird, das ist sehr wichtig.

Und wenn Sie drei Wünsche an die Adresse von Landrat Frank Rock frei hätten?

Ich wünsche mir, dass er weiterhin ein offenes Ohr hat für die Konferenz der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und dass er sich auch den schwierigen Themen widmet, die von uns vorgebracht werden. So ist das bisher der Fall. Ein weiteres Anliegen ist mir, dass das Subsidiaritätsprinzip stärker beherzigt wird. Das gilt für den Landrat und den Kreistag in gleichem Maße. Wichtig ist mir auch, dass Frank Rock bei allen Entscheidungen auf Kreisebene die Finanzen der Kommunen im Blick behält. Gegen eine Senkung der Kreisumlage ist nichts einzuwenden. Festzuhalten ist: Ich sehe da wirklich positive Entwicklungen.