Brühl/Walberberg – In der Regel starten Kirsten und Jürgen Staimer von Höhenlagen der Ahr, der Wied oder sogar der Alpen. Bei guter Wetterlage und ausreichenden Winden packen die Eheleute aus Walberberg ihre Gleitschirme aber auch schon mal im Flachland aus, zum Beispiel auf der Wiese in Brühl-Süd. „Richtig Abheben und durch die Lüfte gleiten kann man dort zwar nicht, aber üben“, sagt Kirsten Staimer. Möglich sei es dabei ohne Weiteres allerdings auch, dass der Wind einen ein bisschen vom Boden hochhebt.
Immerhin misst ihr Gleitschirm zwischen 20 und 22 Quadratmeter. Wenn da der Wind hinein pfeift, dann bekommt man die ungebändigten Kräfte der Natur unmittelbar zu spüren. Bei den Bodenübungen, dem sogenannten Groundlandling, gelte es, den geöffneten Gleitschirm möglichst aufrecht in der Luft zu halten. „Diese Start-Übungen sollte man auf jeden Fall beherrschen, bevor man in die Luft geht“, sagt die Gleitschirmpilotin lachend.
Die 54-Jährige kam 2012 zum Fliegen. Dabei sei es zunächst ihr Mann gewesen, der schon lange von der Fliegerei geschwärmt habe. „Er wollte auch längst seinen Pilotenschein gemacht haben“, sagt sie. Doch immer hätten wichtigere Sachen angestanden. „Der Pilotenschein ist ja auch nicht ganz billig“, gibt Kirsten Staimer zu bedenken. Erstmals richtig in die Luft ging es erst, als Jürgen Staimer 50 Jahre alt wurde. „Damals haben wir uns beide einen Tandem-Gleitschirmflug an der Mosel gegönnt“, erinnert sich die 54-Jährige.
Gleichzeitig hätten sie dann Feuer gefangen und unabhängig voneinander noch in der Luft ihre Piloten gefragt, wo man Gleitschirmfliegen lernen könne. In den Sommerferien widmeten sie sich in den folgenden Jahren intensiv der Fliegerei, und zwei Jahre nach ihrem Tandemflug hielten sie dann tatsächlich ihren Flugschein in der Hand.
Man fängt klein an
„Gleitschirmfliegen ist einfach fantastisch“, sagen sie einvernehmlich. Gern denken sie an ihre ersten Flugübungen zurück, als sie von Hügeln, die allenfalls 50 Meter hoch waren, gestartet sind. Der Flug habe nur einige Augenblicke gedauert. So wie bei vielen anderen Sportarten fange man auch beim Gleitschirmfliegen klein an und arbeite sich dann langsam nach oben. Heute könnten sie bei optimaler Thermik gut eine Stunde durch die Lüfte fliegen.
Probleme mit der Höhe und Angst vor dem eigentlichen Flug haben sie nicht. „Aber ich habe Respekt vor dem Fluggerät und vor jedem Flug“, sagt die 54-Jährige. Während der Ausbildung hätten sie sich theoretisches und praktisches Wissen rund um die Fliegerei angeeignet.
Untrennbar mit der Fliegerei verbunden sei auch Wetterkunde. „Vor jedem Start muss man das Wetter genau checken“, sagt Kirsten Staimer. Zur Startvorbereitung gehöre aber auch, alle Gurte, Seile und Karabinerhaken, mit denen der Pilot mit dem Gleitschirm verbunden sei, zu kontrollieren. Erst wenn alle Gurte und Leinen gecheckt seien und der Gleitschirm weit geöffnet einige Meter hinter dem Piloten auf der Startbahn liege, gelte es, loszulaufen bis über den Abgrund hinaus, wo man dann den sprichwörtlichen Boden unter den Füßen verliere. „Dann fliegt man“, schwärmt Staimer. Auch noch nach all den Jahren schlage ihr in diesen Augenblicken das Herz bis zum Hals. Wenn sie den Wind in ihrem Gleitschirm spürt und sie fliegt, durchfährt ein intensives Glücksgefühl ihren Körper und Geist. „Ich fühle mich leicht und unglaublich frei“, sagt sie. Probleme und Sorgen seien dann weit weg. „In diesen Momenten lebe ich nur im Hier und im Jetzt.“
Die Ruhe bewahrt die Walberberger Pilotin auch, wenn ihr Gleitschirm etwa durch eine Böe oder Turbulenzen zusammenklappt. „Für solche Fälle habe ich ja einen kleinen Rettungsfallschirm im Rucksack.“