Brühl – Die Kulisse verspricht gute Geschäfte. Pünktlich zu Beginn des Weihnachtsmarktes ist die Wolkendecke aufgebrochen, die Giebel der teils historischen Häuser rund um den Markt recken sich in einen weiß-blauen Himmel und schon gegen Mittag herrscht Leben vor den rund 40 Ständen, die die Händler aufgebaut und mit Waren bestückt haben.
Die Stimmung der Verkäufer kann mit dem makellosen Erscheinungsbild jedoch nicht Schritt halten. „Über allem schwebt die Angst“, sagt Sissi Milz, während sie grüne Äpfel in roten Zuckerguss tunkt. Damit meint sie die Sorge, der 40. Brühler Weihnachtsmarkt könne aufgrund behördlicher Vorgaben nicht wie geplant bis Heiligabend fortgesetzt werden. „Das wäre natürlich eine Katastrophe“, meint die Chefin des Mandelstands an der Einmündung der Bahnhofstraße.
18 Monate Nichtstun
Seit 30 Jahren baut sie ihren Stand in Brühl auf und verkauft kandierte Äpfel und Lebkuchenherzen. „Außer im letzten Jahr“, sagt sie. Lockdown statt Leckereien hieß es für Milz und ihre Kunden. „18 Monate waren wir zum Nichtstun gezwungen.“ Mit Hubertus- und Martinsmarkt sei das Geschäft nun endlich wieder angelaufen und habe Hoffnungen auf einen erfolgreichen Weihnachtsmarkt gemacht. Sie habe Ware geordert und sich auf rund fünf Wochen am Stand eingestellt. Genau das bereite ihr nun Bauchschmerzen.
Investitionen hat auch der Betreiber des Stands der historischen Monschauer Senfmühle getätigt. Eine hohe fünfstellige Summe habe man in den Wareneinkauf gesteckt, sagt Willy Schmidt. Als man im September mit den Vorbereitungen begonnen habe, sei von Absagen, die es nun in einigen Bundesländern bereits gebe, keine Rede gewesen. „Ob der Markt bis zum Ende läuft, weiß ich nicht, ich kann ja nicht in die Glaskugel schauen.“
Grüne Bändchen schaffen Abhilfe
„Das Risiko liegt bei uns alleine“, bringt es Waltraud Dittrich auf den Punkt, die mit ihrem Mann bereits seit Anfang der 1990er-Jahre handgemachte Holzkunst aus dem Erzgebirge verkauft. Sie habe jedoch ein gutes Gefühl. „Die Kunden sind großenteils geimpft und wissen sich vorsichtig zu benehmen.“
Dazu gehört die 2G-Regel, auf deren Beachtung die Einzelhandelsvereinigung Wepag Händler und Besucher verpflichtet. Es werde stichprobenartig kontrolliert, sagt Wepag-Chef Frank Pohl. Zudem sollen die Gastronomen nach Impf- oder Genesenen-Nachweis fragen, wenn Speisen und Getränke vor Ort verzehrt werden. „Das hält natürlich auf, gerade wenn es abends voll wird und man sowieso nicht genügend Hände hat“, sagt Dieter Hollmann, der an einem Glühweinstand bedient. Abhilfe sollen grüne Bändchen schaffen. Wer sich einmal ausgewiesen hat, erhält das Armbändchen und kann an der nächsten Verzehrbude Handy oder Impfausweis stecken lassen.
Sandra Nerlich ist davon überzeugt, dass die Vorschriften die meisten Menschen nicht von einem Besuch des Weihnachtsmarkts abhalten. „Die Leute wollen raus, etwas sehen und andere Menschen treffen“, sagt die Mitarbeiterin des Reibekuchen-Verkaufs „Bei der Tant“. Ihr Chef Mo Eschholz, der seit rund 30 Jahren seine nach eigenem Rezept handgemachten Kartoffelpuffer anbietet, hofft, dass die Behörden nicht noch ein Kapitel der wechselhaften Vorgaben schreiben. „Dieses Hin und Her muss aufhören“, sagt er.
Seinen eigenen Weg im Umgang mit Unsicherheit und Sorge hat Tanveer Ejaz gefunden, der Mützen und Schals verkauft. „Man muss positiv denken“, sagt er. Dann kämen die positiven Ereignisse von ganz allein.