Brühl-Kierberg – Es ist zurzeit mächtig was los im Dachgeschoss der St.-Servatius-Kirche in Kierberg. Vor ein paar Wochen zog ein Schleiereulen-Paar dort ein und gründete eine Familie.
„Wir haben fünf Junge gesehen.“ Die Freude bei Matthias Petran und Wilhelm von Dewitz ist riesig. Beide sind ehrenamtlich beim Naturschutzbund (Nabu) aktiv. „Es ist einfach wunderschön zu sehen und zu erleben, dass dieser Nistplatz jetzt bewohnt ist“, sagt Petran. Von Dewitz nickt. Er hatte den Nistkasten seinerzeit dort hineingestellt.
Weil dieser zunächst nicht angenommen wurde, habe er ihn noch einmal vergrößert. Doch wieder tat sich nichts. „Trotzdem hat sich dort erst einmal keine Schleiereule niedergelassen“, sagt von Dewitz. Umso größer die Überraschung, als sie bei ihrem Kontrollgang im Mai acht Eier im Nest entdeckten.
Naturschützer könnte ganze Bücher mit Geschichten über Schleiereulen füllen
Inzwischen ist der Schleiereulen-Nachwuchs flügge. Irgendwann in den nächsten Tagen oder Wochen würden sie von ihren Eltern wohl aus dem Nest gescheucht. „Sie müssen sich dann ihren eigenen Brutplatz suchen“, erklärt von Dewitz. Der 88-Jährige könnte ganze Bücher mit Geschichten über Schleiereulen füllen. Er kennt alle 103 Nistkästen der Schleiereulen im Rhein-Erft-Kreis und auch die acht natürlichen Brutstätten, die sie in Scheunen und Strohlagern haben.
2017 machte sich von Dewitz daran, alle Schleiereulen zu zählen. „Ich kam auf 69 Paare.“ Er geht davon aus, dass dies nur etwa 75 Prozent der tatsächlich im Rhein-Erft-Kreis lebenden Schleiereulen ist. Neu ist auf jeden Fall die Besiedlung im Kierberger Kirchendach.
St. Servatius trägt das Prädikat „Greifvogelfreundliches Gotteshaus“
Dabei hatte die Kirchengemeinde St. Servatius das Dach bereits vor Jahren für Greifvögel zugänglich gemacht, wofür sie auch schon das Prädikat „Greifvogelfreundliches Gotteshaus“ erhielt. Pfarrer Günther Liewerscheidt hatte schon 1995 einen Nistkasten für Turmfalken hoch oben im Kirchturm anbringen lassen. Wofür die Raubvögel bis heute dankbar sind, denn sie nahmen das Zuhause sofort an. „Nur in den Jahren 2003 bis 2005 ist ein Rostganspaar als Brutplatzkonkurrent aufgetaucht“, erinnert sich Petran.
Die neuen Gäste haben es sich in etwa 40 Metern Höhe im Dach des Kirchenschiffes gemütlich gemacht. Durch ihre Luke fliegen die Schleiereulen nachts hinaus in die Wälder. „Spitz- und Wühlmäuse zählen zu ihren Lieblingsspeisen“, weiß Petran. Begeistert sind die beiden Naturschützer vor allem darüber, dass die Raubvögel in der immer dichter bebauten Welt eine Nische gefunden haben. „Sie zählen ja zu den gefährdeten Arten, die durch die zunehmende Bebauung immer mehr Lebensraum verlieren“, sagt Petran. „Umso schöner ist es, dass die Tiere die Nisthilfe jetzt angenommen haben.“
Mindestens fünf Jungvögel beim letzten Kontrollgang
Erst kürzlich waren die beiden Naturschützer wieder auf dem Dach. Bei einem zweiten Inspektionsgang waren die Jungtiere bereits geschlüpft und schon recht groß.
Mindestens fünf Jungvögel haben sie gesehen. „Und die sind alle bereits flugfähig“, erklärt Petran. Die Turmfalken, die im Kirchturm leben, hätten hingegen ihre Jungen bereits aufgezogen und den Nistplatz wieder verlassen.
Die gleichzeitige Brut von Turmfalken und Schleiereule in einer Kirche sei bisher nur sehr selten beobachtet worden. Doch bei der Jagd nach Beute kämen sie sich zum Glück nicht ins Gehege. Petran: „Der Turmfalke ist ein Taggreifvogel, die Schleiereule hingegen ein Nachtgreifvogel.“