Leichlingen – Da es hier doch immer weniger Obstbäume gibt und viel weniger typische Hochstammwiesen als früher, hat der Ruf Leichlingens als „Blütenstadt“ in den vergangenen Jahrzehnten gelitten. Aber der neue Obstwanderweg setzt die Tradition des Baumblüten-Tourismus fort. Die liebevoll bunt bepflanzten und blühenden Kreisverkehrs-Inseln und Beete am Straßenrand sowie das eingeleitete Stadtgrün-Programm mit klimaresistenten Baumsorten zeugen vom Undenken und machen dem schmückenden Beinamen allmählich wieder alle Ehre.
Bundesweite Fachtagung
Darum konnte sich die Blütenstadt am Dienstag sogar stolz als Vorbild-Kommune präsentieren: Leichlingen war Schauplatz eines Regionaltags des bundesweiten Vereins Naturgarten. Bei der Fachtagung mit Praxisseminar konnten die rund 60 Teilnehmer bei einer Rundfahrt die Leichlinger Wildblumen-Biotope studieren.
Drei solcher Regionaltage zum Thema „Naturnahes öffentliches Grün“ organisiert der Verein in diesem Jahr. Neben Wustermark bei Berlin und Roth in Bayern kommt Leichlingen die Ehre als Vorzeige-Kommune zu. Zielgruppe sind Mitarbeiter von Kommunen, Bauhöfen und Gartenämtern, Landschaftsplaner und Architekten.
Dass der Leichlinger Bauhof Gastgeber der ganztägigen Tagung war, geht auf dessen für das Thema sensibilisierten Leiter Andreas Pöppel und maßgeblich auf seinen Kollegen Oliver Heidelberg zurück. Der Vorarbeiter der Grünabteilung ist auch aus privater Begeisterung für Naturgärten Mitglied in dem Verein.
Auf sein Engagement gehen die blühenden Blumeninseln und jahreszeitlich wechselnd immer wieder ausgefallen schön bepflanzten Kreisel in der Stadt zurück. Auch die Ausstellungen beim Obstmarkt nutzt das Bauhof-Team seit einigen Jahren, um bei der Bevölkerung für eine naturnahe und insektenfreundliche Gartengestaltung zu werben.
Wildblumen-Beete statt trister Verkehrsinseln mit immergrünen Bodendeckern haben die Stadtgärtner an folgenden Stellen ausgesät und angelegt: Auf der Kreuzung von L 427 und L 359 in Witzhelden-Herscheid, im Wohngebiet Rothenberger Grund, am Weißdornweg, an der Immigrather Straße und im Kreisel am Sportplatz Balker Aue. Jüngst ist eine Öko-Wiese an der Obstwiese in Bennert hinzu gekommen, die in Zusammenarbeit mit dem Naturschutzbund eingesät worden ist.
Trotz des Regenwetters unternahmen die angereisten Experten am Nachmittag mit Pöppel und Heidelberg eine Exkursion zu den Standorten, um zu begutachten, wie sich welche Wildblumensaaten unter den Bedingungen des Stadtklimas im Verkehrs- und Siedlungsraum entwickeln.
Am Morgen hatte Diplom-Ingenieurin Dorothee Dernbach vom Naturgarten-Verein die Teilnehmer im Bürgerhaus Am Hammer begrüßt. Im Weyermannsaal gab es bis zum Mittag Fachvorträge und Diskussionen über Biodiversität und die nachhaltige Anlage von Blumenwiesen. Der Kölner Saatgut-Erzeuger Martin Courth stellte regionale Sorten und Mischungen vor, Christine Wosnitza und Manuela Thomas von der Biologischen Station Rhein-Berg berichteten über ihre Erfahrungen mit Bienenweiden, Wildpflanzen und Blüten in bergischen Dörfern. Denn nicht alle bunt blühenden Wildblumen sind optimal. Auf heimische Arten hingegen, für die sich die Initiative einsetzt, fliegen rund 40 verschiedene Insekten.
Lebensräume für Wildbienen und Schmetterlinge zu schaffen, war jüngst auch das Ziel einer Aktion des Kinder- und Jugendparlaments. Die Mitglieder des Jupa-Arbeitskreises Öffentlichkeitsarbeit haben mit eigenen Händen rund 250 insektenfreundliche „Samenbomben“ gerollt, Kugeln aus Erde und Lehm, in denen Wildblumen-Samenmischungen für den naturnahen Garten stecken.
An einem Infostand auf dem Marktplatz haben die Kinder die Tüten mit „Blüten für die Blütenstadt“ an Bürger mit Gärten verschenkt – auf dass die Samenbomben in Leichlingen aufgehen.