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Rhein-BergKassenwarte kritisieren die Haushaltsplanung der Kreisverwaltung scharf

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Ausnahmesituation für alle: Im Sitzungssaal des Kreistages verfolgen Bundeswehr- und Zivilkräfte Corona-Kontakte nach.

Rhein-Berg – Dass die Kämmerinnen und Kämmerer der kreisangehörigen Städte und Gemeinden den Etatentwurf der Kreisverwaltung kritisieren, ist ein Ritual. Doch was die kommunalen Kassenwarte unter Federführung von Overaths Finanzfachfrau Dominique Stölting in diesem Jahr zu Papier gebracht haben, ist nicht mehr politisches Brauchtum, sondern Ohrfeige und Schienbein-Tritt zugleich.

Auf zehn Seiten fordert Stölting, dass Landrat Stephan Santelmann, Kreiskämmerer Klaus Eckl und der Kreis insgesamt gefälligst am Riemen reißen sollen, sparen und die Kommunen unterstützen sollen. Zwar liegt Eckls Etat-Entwurf noch gar nicht vor – er wird erst kommende Woche im Kreistag eingebracht – doch berufen sich die Rathaus-Kämmerer auf ein Eckpunkte-Papier, das es wohl in sich hat.

Brandbrief: Kämmerin Dominique Stölting

Laut Stölting soll danach die Kreisumlage um satte 2,5 auf dann 38 Prozent steigen. Die Kommunen habe dieser Plan wie eine „Hiobsbotschaft“ getroffen, schreibt Stölting. Denn er bedeute für Städte und Gemeinden eine „Mehrbelastung in Millionenhöhe“. Das Kreisumlageaufkommen werde von 149,4 Millionen Euro in 2020 auf 162,9 Millionen in 2021 steigen.

Stölting , die selbst einen geerbten Grundsteuer-B-Satz von 850 Prozentpunkten gegenüber den Overather Bürgern zu vertreten hat, macht deutlich, wohin das führen könnte: „Die im Vorfeld zur Einbringung des Kreishaushaltes vorgestellten Zahlen zwängen die Kommunen in ihrer Gesamtheit zu einer Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes von in der Spitze 250 Punkten. Dies in einer Zeit, in der seitens des Bundesministers für Finanzen Olaf Scholz eine Steuererhöhung als das absolut falsche Signal an die Bevölkerung eingeordnet wird.“

Gewaltige Aufgaben haben auch die Kommunen: So müssen sie wie hier in Overath-Heiligenhaus Schulen neu bauen oder sanieren.

Stölting fordert nicht nur eine verstärkte Aufgabenkritik des Kreises und kritisiert eine erneute Stellenmehrung um 21 Posten, sondern sie erinnert auch daran, was die Kommunen alles an Aufgaben vor der Brust haben. Und sie fordert auch eine kommunalfreundlichere Prognose. Stölting: „Die Kämmererrunde vertritt die gemeinsame Auffassung, dass es nicht zielführend sein kann, den Corona-Schaden im Kreishaushalt bewusst gering darzustellen.“

Immerhin sei durch das Covid-19-Isolierungsgesetz die Möglichkeit geschaffen worden, Steuern und Umlagesätze zunächst stabil zu halten und die Verluste auf 50 Jahre zu strecken. Nicht nachvollziehbar sei auch, die Ausgleichsrücklage auf einem „stabilen Niveau von rund elf Millionen Euro“ zu halten. Stölting: „Dies ist in der aktuellen finanziellen Situation aus Sicht der Kämmerer nicht haltbar. Selbstverständlich kann es nicht Ziel sein, die Rücklagen ohne Not abzuschmelzen. In dieser Not befinden wir uns jedoch.“

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Schwer zu ertragen sei auch, dass der Kreis für seine blendende Liquidität im kommenden Jahr 135 000 Euro Strafzinsen an die Banken zahlen soll und dass ein drastischer Anstieg bei der Jugendamtsumlage (davon sind nur Burscheid, Kürten und Odenthal betroffen) drohe. Nicht nachvollziehbar seien auch die Fehlbeträge bei dem an für sich kostendeckend arbeitenden Rettungsdienst des Kreises. Stöltings Brandbrief endet mit einem Bonmot des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt: „In der Krise beweist sich der Charakter.“

Am Donnerstag kommender Woche werden Landrat und Kämmerer im Kreistag ihren Etatentwurf einbringen.