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Rhein-BergGladbacher Wasser ist teuer

Lesezeit 4 Minuten

Symbolbild: Trinkwasser

Zwischen Berlin und Bechen liegen nicht nur von der Größe her Welten. Auch beim Wasserpreis ist das so. 2,17 Euro zahlen die Hauptstädter pro Kubikmeter Trinkwasser, im Eselsdorf kommen die Mitglieder des Wasserbeschaffungsverbands auf sagenhafte 1,04 Euro. Das ist Rekord im Rheinisch-Bergischen Kreis.

Wasserpreise seien in Deutschland undurchsichtig, hat das Bundeskartellamt moniert. Zu teuer, zu viele Zwischenhändler, für den Verbraucher ein Buch mit sieben Siegeln. In Bechen ist das nicht so: Alles liegt in einer Hand, der Verband hat Tiefenbrunnen und ein eigenes Leitungsnetz. Der Weg zu den Kunden ist kurz. Und der Preis ist deshalb günstig, viel günstiger auch als in Bergisch Gladbach und in Kürten.

Eine Gemeinde mit zwei Wasserpreisen

Die Preise für einen Kubikmeter Trinkwasser (ohne Steuern).

Bechen: 1,04 Euro (Versorger: Wasserbeschaffungsverband Bechen)

Kürten: 1,40 Euro (Gemeindewasserwerk)

Rösrath: 1,40 Euro (Stadtwerke)

Overath: 1,50 Euro (Stadtwerke)

Odenthal: 1,65 Euro (Gemeinde)

Bergisch Gladbach: 1,846 Euro (Belkaw)

Kürten: ein Ort, zwei Preise. Ein historisches Phänomen im Kreis, das bis in die kommunale Finanzsituation hineinspielt. Die Kürtener, Dürscheider und Biesfelder zahlen 1,40 Euro netto für ihren Kubikmeter Trinkwasser, knappe 40 Prozent mehr als die nördlichen Nachbarn. Die Kürtener haben keine Brunnen und keine Quellen – das geht ins Geld. Die Kürtener beziehen ihr Wasser über den Aggerverband, an Übergabepunkten fließt das Nass vom Gummersbacher Energieversorger rüber ans Gemeindewasserwerk. Mit einer vom Gemeindewasserwerk zu zahlenden Konzessionsabgabe an die Gemeinde könnte der Haushalt „aufgehübscht“ werden – immer mal wieder ist dies in Kürten im Gespräch (in Rösrath gibt es sie beispielsweise seit dem Jahre 2010). Aber diese Abgabe ist politisch unerwünscht, denn sie würde nur die Kürtener treffen. Und die Schere zu Bechen würde noch größer.

In Rösrath kostet der Kubikmeter Trinkwasser ebenfalls 1,40 Euro – aber inklusive einer Konzessionsabgabe zugunsten der Stadt, in Overath muss man zehn Cent mehr hinlegen (wie in Köln), in Odenthal muss der Kunde den Kubikmeter mit 1,65 Euro vergüten: alles netto (also ohne die 7 Prozent Mehrwertsteuer) und alles in der Nähe des bundesweiten Durchschnittspreises von 1, 63 Euro, den nur Odenthal leicht überschreitet. Dann ein großer Sprung und es folgt die Kreisstadt mit satten 1,85 Euro netto (1,98 Euro brutto). Der Gladbacher zahlt also 80 Cent mehr als der Bechener fürs lebensspendende Nass – warum?

Christoph Preuß, Sprecher der RheinEnergie, verweist auf große topografische und historische Unterschiede im Versorgungsgebiet des Kölner Unternehmens, das auch Alleininhaberin des Gladbacher Wasserlieferanten Belkaw ist. „Es gibt enorme Unterschiede bei der Kostenstruktur. Das fängt mit der Wassergewinnung an, mit der Weiterleitung, mit der Notwendigkeit, Hoch- und Zwischenbehälter vorzuhalten, und dem Einsatz von Pumpen.“ Auch die RheinEnergie habe günstige Versorgungsgebiete, etwa in Frechen, wo man Wasser für 1,39 Euro netto pro Kubikmeter liefern könne. „Aber Bergisch Gladbach ist von den Bodenverhältnissen, der Lage und den Höhenverhältnissen her nicht unproblematisch.“

Die Kreisstadt reite genau auf der geologischen Grenze zwischen dem tektonisch aktiven Rheingraben und dem Höhenrand des Berglandes. „Der Boden ist hier in Bewegung. Das merken wir an unseren Rohrleitung. Da haben wir sehr hohe Instandhaltungskosten.“ Um Rohrbrüche und Reparaturen im Griff zu behalten, hat die Rheinenergie intensiv in das Leitungsnetz investiert. Das treibt die Kosten hoch.

„Außerdem sind die relativen Höhenunterschiede in Gladbach höher als etwa in Overath. Das bedeutet hoher Energieaufwand für die Pumpen.“ So müsse das Betriebswasser für die Papierfabrik Zanders in der Gohrsmühle vom Wasserwerk Holweide mit zwölf Bar hochgedrückt werden. „Normal sind sechs Bar.“

Der RheinEnergie sei bewusst, dass Gladbach in Sachen Trinkwasser ein teures Pflaster sei. „Aber wir haben die Belkaw zur Jahrtausendwende mit diesem hohen Preisniveau übernommen und die Tarife seitdem nicht erhöht.“ In Folge dieser stabilen Preispolitik hat sich Gladbachs Position im deutschlandweiten Wasserpreis-Ranking verschoben. Schenkte die Kreisstadt Mitte der 90er Jahre nach Spitzenreiter Wiesbaden noch das zweitteuerste Trinkwasser unter den damals 84 Großstädten der Bundesrepublik aus, so waren 2007 (laut Magazin Spiegel) 21 Städte teurer als Gladbach, das mit einem Brutto-Tarif von 1,98 Euro gleichauf mit Bremen lag. Die bergischen Nachbarn Remscheid (2,48 Euro) und Solingen (2,67 Euro, allerdings mit Grundpreis) tummelten sich dagegen in der Spitzengruppe, wo sich auch Wiesbaden (2,51 Euro brutto) und Heidelberg (2,52 Euro) aufhielten.

Anders eine Kalkulation der Bild-Zeitung, die 2011 die Jahres-Wasserrechnung einer vierköpfigen Familie überschlug: Mit 525,39 Euro war Bergisch Gladbach nach Rostock und vor Essen, Remscheid und Mainz immer noch zweitteuerste Stadt der Republik.