- Karneval steht vor der Tür. Doch nicht jeder ist glücklich darüber. Vor allem der Lärm macht manchen zu schaffen.
- So geht es auch einem Ehepaar aus Overath. Sie fühlen sich vom Lärm terrorisiert und von der Politik ignoriert.
- Das sagen die Stadtverwaltung und Bürgermeister Jörg Weigt zu der Beschwerde.
Overath – Schon jetzt, eine Woche vor Beginn der Straßenkarnevals in seiner Heimatstadt, ist der Overather Bernd Braun fix und fertig, wenn er daran denkt, was ab dem 20. Februar an Lärm auf ihn und seine Frau zukommt. Denn die Eheleute Braun, die ihren echten Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, wohnen direkt gegenüber vom Overather Bahnhof, und dort ist traditionell ab Weiberfastnacht Feiern im Festzelt angesagt.
„In früheren Jahren haben wir das Weite gesucht und sind in ein Hotel gezogen“, berichtet Braun, „aber vor drei Jahren hatte meine Frau einen schweren Unfall und braucht seither Pflege.“
3000 Euro für eine Übernachtung im Hotel
Statt Landgasthof ein Luxushotel: Das geht ins Geld und das ist bei einem Rentner-Ehepaar im Alter von 82 beziehungsweise 75 Jahren endlich. Vergangenes Jahr habe die Karnevalsflucht in ein Grandhotel an der Ems stolze 3000 Euro gekostet.
„Das Schlimmste sind die Bässe“, beschreibt Braun, der trotz fortgeschrittenen Alters gut hört, sein Karnevals-Leiden. Die tiefen Töne dröhnten bis ein Uhr nachts oder sogar bis halb zwei Uhr. „Man kann weder schlafen noch fernsehen.“ Was ihn erbost, ist die, wie er es empfindet, Ignoranz der Umwelt. Politiker und Entscheidungsträger in der Verwaltung trauten sich an das Thema nicht heran.
Bei der Overather Stadtverwaltung schon bekannt
2009 sei er vom Heiligenhauser Berg ins Aggertal gezogen, um mit Rücksicht auf das fortschreitende Alter zentraler zu wohnen und kürzere Wege zu haben.
Mit dem Lärm sei es von Jahr zu Jahr schlimmer geworden, und vom Lärm einmal abgesehen müsse der Hausmeister die eigentlich sehr gepflegte Wohnanlage mit Baustellenzäunen vor Wildpinklern und sich übergebenden Narren schützen. Dabei habe er im Prinzip nichts gegen den Karneval und habe auch schon vorgeschlagen, die Feier der vier tollen Tage ins Schulzentrum zu verlegen. Dass eine solche Stadtrandlage das schnelle Ende der karnevalistischen Brauchtumspflege bedeuten würde, mag er nicht glauben.
Bei der Stadtverwaltung ist Bernd Braun bestens bekannt. Bernd Sassenhof (FDP), der für Recht und Ordnung zuständige Erste Beigeordnete: „Er beschwert sich bereits seit vielen Jahren immer wieder über die Festzeltveranstaltungen am Bahnhofplatz Overath.“ Lärmbeschwerden anlässlich von Brauchtumsveranstaltungen würden „grundsätzlich sorgfältig von der Ordnungsbehörde geprüft“. Mit den Beteiligten würden „Lösungsansätze diskutiert, damit ein gegenseitiges Verständnis und Miteinander gelingt“.
Bernd Sassenhof: Lärmrichtwerte sind festgelegt
Sassenhof: „Die Stadtverwaltung steht vor jeder Festzelt-Veranstaltung mit dem Veranstalter in einem engen Dialog zur Veranstaltungssicherheit und der Vermeidung von Immissionen.“ Der Veranstalter habe an den Karnevalstagen immer wieder Maßnahmen getroffen, um Beeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten. So seien die Lautsprecher anders positioniert worden und die Bässe würden ab 22 Uhr deutlich reduziert. Die Lärmrichtwerte seien auf 70 db (A) bis 20 Uhr, 65 db (A) bis 22 Uhr und an Sonntagen auf 55 db (A) zwischen 22 und 1 Uhr festgelegt worden.
„Muss das sein?“
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Um 1 Uhr müsse die Musik abgeschaltet werden, der städtische Ordnungsdienst kontrolliere die Einhaltung der Auflagen. Zudem fänden die Festzeltveranstaltungen seit vergangenem Jahr „nur noch an drei anstatt an vier Abenden (also nicht am Karnevalsfreitag) statt“. Andere Anwohner hätten bescheinigt, dass es in den letzten Jahren mit dem Lärm besser geworden sei.
Jörg Weigt appelliert an die Toleranz der Overather
Bürgermeister Jörg Weigt (SPD) bricht eine Lanze für die Narren und appelliert an die Toleranz der Overather. Der Verwaltungschef: „Der Karneval ist ein wichtiger Bestandteil des heimatlichen Brauchtums, daher gelten während der fünften Jahreszeit nicht nur für die Narren besondere Gesetze – auch alle anderen Bürger müssen mehr Toleranz zeigen.“ Er bitte die „»nichtjecken« Bürgerinnen und Bürger um Verständnis für mögliche Belästigungen während der tollen Tage.“
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Vor knapp zwei Jahren, im April 2018, hatte der städtische Sozialausschuss über das Thema debattiert. Dabei waren die Frontlinien eher anhand von Altersgrenzen festzumachen als an den Parteifarben. Jedenfalls stellten die Karnevalisten eine deutliche schwarz-rot-grün-gelbe Mehrheit im Ausschuss.