Rhein-Berg – „Enttäuschend“ nennt Christian Lindner am Samstag das Ergebnis der Landtagswahl beim Kreisparteitag der FDP in Odenthal. Per Videoschaltung ist der Bundesvorsitzende der Liberalen zu der Kreisversammlung zugeschaltet, die auch in Rhein-Berg einen Neuanfang setzen soll: inhaltlich wie personell.
Doch zunächst hat der frühere, langjährige Kreisvorsitzende aus Wermelskirchen das Wort, der aus Hannover zugeschaltet ist, wo er kurz darauf beim dortigen 75. Geburtstag des FPD-Landesverbands spricht. „Als Freier Demokrat braucht man starke Nerven“, sagt Lindner mit Blick auf die jüngsten Wahlergebnisse und die Jubilare in seinem Heimatkreisverband, die für langjährige Treue zur FDP ausgezeichnet werden.
Ehrungen
50 Jahre liberal: Für 50-jährige FDP-Mitgliedschaft wurden beim Kreisparteitag Helga Hufschmidt und Jürgen Riegermann aus Bergisch Gladbach sowie Dr. Hans Hiller aus Burscheid ausgezeichnet.
40 Jahre in der FDP sind Dagmar Eppert aus Wermelskirchen Irmgard Vollmer aus Bergisch Gladbach und Dr. Manfred Jautelat aus Burscheid, die ebenfalls beim Kreisparteitag geehrt wurden.
25 Jahre in der FDP sind Peter Schwamborn und Dr. Reimer Fischer, die ebenfalls geehrt worden. Letzterer war beim Kreisparteitag nicht anwesend. (wg)
Dabei spart der Bundesfinanzminister nicht mit interner Kritik an „seiner“ Ampelkoalition im Bund, die „jeden Tag herausfordernd“ sei. Etwa wenn Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil höhere Hartz-IV-Sätze fordere. „Umverteilung haben sie nicht verlernt“, so Lindner mit Seitenhieb auf die SPD. „Aber wir werden unserer staatspolitischen Verantwortung gerecht“, betont der Bundesparteichef der Liberalen.
Nun schwört Lindner seine Parteibasis darauf ein, dass „uns die Rückkehr zur Schuldenbremse noch in diesem Jahr vor enorme Herausforderungen stellen wird“ und lädt nach dem Dank an den scheidenden Kreisvorsitzenden Lothar Esser und sein Team alle schon mal ein zum Sommerfest des FDP-Kreisverbands am 18. August.
Bilanz von„sehr enttäuschend“ bis „desaströs katastrophal“
Fragen hat in der anschließenden Runde mit dem FDP-Bundeschef keiner im Saal. Im Odenthaler Forum sind alle Augen auf Lothar Esser gerichtet, der nach zwei Amtsjahren an der Spitze des Kreisverband nicht erneut kandidieren möchte. Er habe immer gesagt, er werde die Aufgabe wahrnehmen, bis es Kandidaten gebe, die sich dann auch bekannt machen müssten, begründet er seinen Schritt.
Die Bilanz der vergangenen zwei Jahre ist indes nicht nur durch Tiefschläge der Pandemie geprägt. Das Ergebnis der Kommunalwahl 2020 sei für die FDP in Rhein-Berg „sehr enttäuschend“ gewesen, das der Bundestagswahl 2021 auf Kreisebene „auch eher enttäuschend“, das der Landtagswahl in diesem Jahr dann „desaströs katastrophal“, so Esser.
Erklärung für schlechtes Abschneiden auf Landesebene ausgemacht
Seine Erklärung: Die Fokussierung auf einen Zweikampf zwischen CDU und SPD, der am Ende nicht stattgefunden habe, und ein FDP-Spitzenkandidat im Land, der „nicht die Strahlkraft hatte, die 2017 Christian Lindner hatte“, so der scheidende FDP-Kreisvorsitzende. Nun heiße es Kurs auf die nächste Landtagswahl 2027 zu nehmen, so Esser, dem nicht nur Sitzungsleiter Michael Becker dankt: Vielen Dank, es waren ja auch sehr schwere Zeiten.“
Als Essers Nachfolge wählen die Liberalen die 47-jährige Dorothee Wasmuth aus Bergisch Gladbach, die als einzige um den Kreisparteivorsitz kandidiert hat. Die 47-jährige Mutter von drei Kindern wurde schon kurz nach ihrem Parteieintritt bekannt, als sie 2017 für das Landratsamt kandidierte.
2020 wurde sie stellvertretende Kreisvorsitzende, seit 2021 ist sie FDP-Parteivorsitzende in Bergisch Gladbach. „Wir wollen den Kreisverband sichtbar machen auf Bezirksebene und 2027 jemanden aussichtsreich für die Landtagswahl positionieren“, kündigt sie an und verspricht, den Kreisverband auch programmatisch neu aufzustellen.
Dazu steht sie bereits an der Spitze eines programmatischen Arbeitskreises, der beim Kreisparteitag unter anderem einen Antrag zur Herabsetzung des passiven Wahlalters bei Kommunalwahlen durchbringt. Der Antrag soll an die Fachkommission auf FDP-Landesebene weitergeleitet werden und darauf hinwirken, dass auch 16-jährige bereits als sachkundige Bürger für Stadt- und Gemeinderäte aktiv werden können.
Stellvertreter aus Rösrath, Kürten und Odenthal
Wasmuth selbst wird am Ende von 53 Stimmberechtigten bei drei Nein-Stimmen und vier Enthaltungen mit großer Mehrheit gewählt. Zu Wasmuths Stellvertretern wählt der Kreisparteitag den 33-jährigen Albert Seemann aus Rösrath, den 48 Jahre alten Benedikt Röttger aus Kürten und den 53-jährigen Thorsten Stöckert aus Odenthal.
Seemann ist von Beruf Erzieher, seit 2019 FDP-Mitglied und seit Anfang 2020 im Rösrather Ortsvorstand aktiv. Die jüngsten Wahlergebnisse in Rösrath bewertet er als „stabil“. „Als Team werden wir den Karren aus dem Dreck holen“, so Seemann, der mit 46 Ja-Stimmen bei fünf Gegenstimmen gewählt wird.
Engel präsentiert sich und sein Team als kritische Opposition im Kreistag
Berufssoldat Benedikt Röttger ist FDP-Ortsvorsitzender in Kürten und studierter Informatiker. Er erhält 48 Ja-Stimmen und eine Enthaltung. Thorsten Stöckert trat bereits als Student 1994 in die FDP ein und ist heute als Kapitalmarktexperte tätig. Er erhält 44 Ja-, eine Nein-Stimme und vier Enthaltungen.
Als „kritische Opposition“ im Kreistag präsentiert sein Team FDP-Kreistagsfraktionschef Dr. Alexander Engel, der insbesondere das Krisenmanagement der Kreisverwaltung in der Pandemie und die schwarz-grüne Verkehrspolitik scharf angeht.
Scheidender Vorsitzender mit schelchtestem Beisitzer-Wahlergebnis
Als Schatzmeisterin des Kreisvorstands wird derweil Nora Wehrend wiedergewählt, als Schriftführer Markus Leibrecht. Bei den Beisitzendenwahlen erhält die wenigsten Stimmen ausgerechnet der scheidende Kreisvorsitzende Lothar Esser aus Leichlingen (38 Ja-Stimmen), der ebenso wie Annika Vogel (45 Ja-Stimmen) aus Wermelskirchen, Lennert Hein (45 Ja-Stimmen) aus Burscheid und Hermann Küsgen (43 Ja-Stimmen) aus Overath zur Vertretung der übrigen FDP-Ortsverbände im Kreisvorstand gewählt wurde.
„Ein spannendes Team – jung und alt“, befand der Overather Hermann Küsgen angesichts der großen Bandbreite von Vertretern, deren jüngste Annika Vogel mit gerade mal 17 Jahren ist.