Ein Kegelclub hat ein Arma-Christi-Wegekreuz in Dürscheid von Ranken und Grünzeug befreit.
EinsatzKegelclub schneidet Wegekreuz in Dürscheid wieder frei
Vom Kreuz war nicht mehr viel zusehen. Grünzeug wucherte überall und setzte dem christlichen Zeitzeugen erheblich zu. Jetzt ist das Strauchwerk verschwunden und das imposante Wegekreuz in der Nähe des Sportplatzes von Kürten-Dürscheid ist wieder bestens sichtbar.
Zu verdanken ist dies einigen älteren Herren aus Dürscheid, die vor 55 Jahren den Kegelclub „Schmieß du en öm“ gründeten. Man habe sich entschlossen, für die Wanderer und all die anderen Bürger tätig zu werden, berichtet Sprecher Michael Retz, „mit einer Aufgabe, die der Kegelclub noch aktiv leisten konnte.“
Nach dem Tod der Grundstückseigentümerin sei das Kreuz mit Brombeerranken mehr und mehr zugewachsen. Überhaupt nicht mehr zu erkennen sei gewesen, dass dieses Kreuz früher frei inmitten der Felder und Wiesen am alten „Blissenbacher Kirchweg“ durch den Wald „An den Erlen“ gelegen habe, im Dürscheider Dialekt „durch die Ijel“. „Nur die Spitze mit dem Querholz war noch sichtbar“, berichtet Michael Retz. Jedes Wegekreuz hat seine eigene Geschichte. So auch dieses. Das Original entstand um das Jahr 1800.
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Der Erbauer ist nicht bekannt
Ein unbekannter Meister schuf es, sehr wahrscheinlich mit weiteren Wegekreuzen dieser Art. Es sind sogenannte Arma-Christi-Kreuze, aus Holz gefertigt, mit geschwungenen Balken als Erkennungszeichen. Historiker Markus Juraschek-Eckstein berichtete schon im Jahr 2015 auf einer Tagung der Bensberger Thomas-Morus-Akademie, dass es eine Kürtener Wegekreuz-Gruppe gebe, ein Alleinstellungsmerkmal für die Gemeinde.
Der Experte zählte neben dem Kreuz in Dürscheid eines in der Biesfelder Pfarrkirche hinzu, ehemals im Kürtener Breibachtal stehend, und eines an der Mühlenstraße in Bechen, unterhalb des Hofes Wehrkotten. Ein Wegekreuz aus Durhaus gilt seit dem Jahr 1982 als verschollen, auch eine Recherche des Kürtener Geschichtsvereins vor wenigen Jahren brachte keine Spur vom Kreuz.
Am Original ausgerichtet
Auch das Wegekreuz aus Breite in Bergisch Gladbach gilt als Teil der Kürtener Gruppe, in Breite steht eine Replik, das sanierte Kreuz hat seit einiger Zeit seinen Platz in Bergisch Gladbach-Sand auf dem Dorfplatz. Zum Wegekreuz in Dürscheid weiß Michael Retz, dass ehemals auch Prozessionen vorbeigelaufen seien; hier kann angenommen werden, dass die christlichen Pilger ebenfalls den Weg zum Spitzer Jakobus-Kapellchen über den Höhenweg genommen haben. Zum jetzt freigeschnittenen Kreuz kann gesagt werden, dass es eine Replik ist; in den 1980er-Jahren ist das historische Wegekreuz verbrannt worden.
Es wurde eine Replik aufgestellt, eng an den Motiven des Originals ausgerichtet. Geschwungene Kreuzbalken gelten unter Historikern als Erkennungszeichen der Kürtener Wegekreuzgruppe. Gliedmaßen mit den Wundmalen Christi wurden eigens angefertigt und auf das Holz aufgesetzt. Auch das Schweißtuch der heiligen Veronika als Antlitz Christi gilt als wiederkehrendes Motiv.
Die 30 Silberlinge des Judas stellte der Holzschnitzer mit einer Reihe von aufgereihten Münzen dar. Dies ist aus Sicht des Forschers ein Zeugnis für das hohe Alter des Kreuzes. In ähnlicher Form finde sich dies nur auf zwei Grabsteinen von 1754 auf dem Friedhof im Ort Neunkirchen/Rhein-Sieg-Kreis. Lanze (Marterwerkzeug), Kelch (für das Blut Christi), Leiter (Zeichen der Kreuzabnahme), Hahn (Verleugnung des Herren) und Abendmahlskelch (Feier der Eucharistie) sind weitere prägende Piktogramme; sie sind auch auf dem Wegekreuz in Dürscheid zu finden.
Auch in Brühl und Neunkirchen-Seelscheid
Wer den Blick über Kürten und Bergisch Gladbach hinaus lenkt, findet weitere Arma-Christi-Kreuze. So ist jüngst ein Exemplar in Brühl-Badorf saniert worden, sein Entstehen wird auf die Barockzeit datiert. In Neunkirchen-Seelscheid steht ein weiteres Arma-Christi-Kreuz, dieses entstand allerdings erst 1827.
Auch in Lohmar-Algert gibt es ein Arma-Christi-Kreuz. Linksrheinisch sind Arma-Christi-Kreuze in Bornheim-Walberberg und in der Walberberger Pfarrkirche St. Michel zu finden, in Alfter-Witterschlick und als Kopien in Bornheim-Dersdorf. Ob auch diese Kreuze zur Kürtener Reihe zählen, ist bislang nicht bekannt, ein Zusammenhang könnte aber bestehen. Für die Kürtener Arma-Christi-Kreuze wird vermutet, dass sie alle um das Jahr 1800 entstanden sind. Möglicherweise sind alle vom selben Holzschnitzer gefertigt worden oder von Handwerkern aus einer Schule.
Zu dieser Zeit sollen Holzschnitzer bevorzugt aus Mayen in der Eifel und aus Neuwied ins Bergische eingewandert sein, sesshaft wurden einige von ihnen im oberbergischen Lindlar.