Bergisch Gladbach – Ab drei Monate vor dem Wahltag ist in NRW Wahlwerbung offiziell erlaubt. Weil am 13. September die Kommunal- und Bürgermeisterwahlen anstehen, gilt dieser 13. Juni als der große „Tag X“, ab dem Parteien und Wählergemeinschaften mit Plakaten auf sich aufmerksam machen können. Dass das auch in Bergisch Gladbach intensiv geschehen wird, kann angenommen werden. Selbst bei der Wahl zum überparteilich arbeitenden Seniorenbeirat in diesem Frühjahr hatte es an den Einfahrtsstraßen zahlreiche Plakate gegeben.
Zur Kommunalwahl wird sich das naturgemäß verstärken. Dass auch nur ein Plakat-Tag verschenkt wird, ist also eher unwahrscheinlich. Möglich ist, dass schon in den frühen Morgenstunden des 13. Juni die Wahlkämpfer losziehen, um sich die günstigsten Plakat-Positionen im Stadtbild zu sichern. Plakateure gelten als einfallsreich, wenn es darum geht, drei, vier oder fünf Plakate an einer Straßenlaterne anzubringen.
Oft Plakatreste in Grünlagen zu finden
Es wird allerdings eine Ausnahme geben: Die Freien Wähler Bergisch Gladbach (FWG) wollen sich dem Plakat-Wust widersetzen. Sie plakatieren im Kommunalwahlkampf nicht. Stattdessen spendet die FWG die eingesparten Gelder an eine gemeinnützige Organisation. „Plakate verunstalten die Stadt erheblich“, sagt der Vorsitzende Benno Nuding. Er spricht von „Plakatierungswahnsinn“, den es zu jeder Wahl gebe. Beispiel sei der Refrather Weg.
Dort ballten sich immer die Plakate am Straßenrand. Andere Parteien würden das Stadtgebiet mit jeweils weit über 1000 Plakaten bestücken, Tausende Euro koste das – Geld, das der Wirtschaft entzogen werde. Selbst die Stadt sehe das Plakatieren kritisch, sie müsse nach der Wahl oft Plakatreste aus Grünanlagen oder Wäldern entfernen. Ökologische Aspekte kämen noch hinzu, Stichwort Müllverbrennung.
Hohlkammerplakate aus Polypropylen
Ein Verzicht auf den für die Demokratie unverzichtbaren Wahlkampf sei dies aber nicht, sagt Nuding. Es gebe viele andere Kanäle, um die Menschen im Wahlkampf mit Argumenten zu erreichen. Ein Anlauf, die Plakatflut einzudämmen, kommt auch von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. In ihrem Antrag an den Rat meinten die Grünen, 200 Standorte für DIN-A1-Plakate (gängigste Größe) seien pro Partei, Wählergemeinschaft oder Einzelbewerber im Stadtgebiet doch wohl ausreichend bei Kommunalwahlen.
Für alle anderen Wahlen sollte eine Zahl von insgesamt 120 ins Auge gefasst werden. Sogenannte Hohlkammerplakate aus Polypropylen sollten auf ihre rechtliche Zulässigkeit geprüft werden. Die Ultragroß-Aufstellplakate, oft an Straßenkreuzungen zu finden, wären von der Begrenzung nicht betroffen gewesen.
Hauptausschuss entscheidet noch
Im Februar eingereicht, hat es dazu eine Dringlichkeitsentscheidungen gegeben. Ergebnis im Ältestenrat: Der Antrag wird auf die Zeit nach der Kommunalwahl vertagt. Im Hauptausschuss am 3. Juni soll der Beschluss bestätigt werden.
Der Antrag macht der Stadt offenbar rechtliche Schwierigkeiten. Bürgermeister Lutz Urbach berichtet von einem „Verteilungsproblem hinsichtlich der Chancengleichheit“. Dies müsse zunächst gelöst werden: Wie viele Plakate sind pro Partei oder Wählergemeinschaft erlaubt? Bekommen alle gleich viele oder die größeren mehr?
Plakate sind sogenannte erlaubnisfreie Sondernutzung
Und wo liegt die Mindestzahl an Plakaten, die man Kleinstparteien zugestehen muss? Rechtlich sei dies alles nur sehr schwer zu klären. Ein Verbot der Hohlkammerplakate sei zudem nicht möglich, so der zweite Teil des Beschlusses. Ein neuer Anlauf bei der Zurückdrängung der Wahlplakaten hätte demnach frühestens für die im Herbst 2021 anstehende Bundestagswahl Auswirkungen haben.
Die Stadt hat übrigens kaum Möglichkeiten, Wahlwerbung von sich aus einzudämmen. Die Plakate sind eine sogenannte erlaubnisfreie Sondernutzung des öffentlichen Raums. Höchstens bei Verkehrsgefährdung darf eingeschritten werden. Nach der Wahl läuft eine Zwei-Wochen-Frist, um die Plakate wieder einzusammeln.