Helzen – Reiner Barth steht im Grünen. Er streckt den Rücken, den rechten Arm, den Zeigefinger und deutet nach oben, mitten hinein in einen Baum: In Höhe des Ortsschildes von Waldbröl-Helzen verschwinden unterarmdicke Kabel zwischen den Blättern und Zweigen. „Internet“, sagt Barth knapp. Tatsächlich hat die Deutsche Telekom das schnelle Breitband nach Helzen gebracht und die Glasfaserleitungen dafür überirdisch geführt. „Kommt ein Sturm, kippt dann ein Baum, ist die Leitung tot – und das für Wochen“, sagt Barth. „Das kennen wir schon zur Genüge vom Telefon.“
Doch nicht nur das bringt Barth und seine Nachbarn auf die Palme: Am Rande ihres Weilers und da zwischen den Nachbarorten Vierbuchen auf Waldbröler Gebiet und Hau, gegenüber in der Gemeinde Windeck gelegen, gibt es gleich zweimal Breitband: Auf einer Strecke von gut 600 Metern verlaufen dort zwei Glasfaserstränge parallel – oben die Leitung der Telekom, unter diesen Masten (und damit nicht zu sehen) die des Kölner Anbieters Net-Cologne. „Warum arbeiten die Unternehmen nicht zusammen und bringen beide Leitungen zum Wohl aller Kunden gemeinsam unter die Erde?“ Das fragt sich nicht nur Barth.
Verbindung hat Tradition
Klingt einfach. Ist es aber nicht. Denn: zwei Kommunen, zwei Kreise, zwei Förderverfahren, zwei Förderbescheide und damit zwei Breitbandanbieter. Einige der 49 Bewohner Helzens leben nur wenige Meter entfernt von der Grenze zum Rhein-Sieg-Kreis, diese windet sich munter zwischen den Häusern hüben und drüben. Vor bald drei Jahren hat sich Reiner Barth hingesetzt und Pläne auf Papier gebracht, wie neue Internetleitungen verlaufen könnten, wenn die Unternehmen kooperierten. „Aber dafür hat sich offenbar niemand interessiert.“
Die Ortschaft Helzen gehört zu den Gebieten Waldbröls, in denen die Telekom das Glasfasernetz jüngst ausgebaut hat. Im März 2019 hatten die Stadtspitze um den damaligen Bürgermeister Peter Koester und Regionalmanager Stefan Mysliwitz für den Bonner Telekommunikationsanbieter die Verträge dafür unterzeichnet. Die Förderung von Bund und Land beträgt rund 3,3 Millionen Euro.
Spätestens im März 2021, so hieß es im Oktober 2020 von der Telekom bei einem Ortstermin, sollte das Netz in Orten wie eben Helzen fertig sein – und damit sollten 775 Haushalte einen Anschluss an das schnelle Datennetz haben. Die Länge der über- und unterirdischen Leitungen beziffert Regionalmanager Mysliwitz auf rund 120 Kilometer insgesamt.
Wo die Pläne von Reiner Barth für alternative Trassen abgeblieben sind, lässt sich nach Angaben von Jan Kiefer, neuer Leiter der Waldbröler Bauverwaltung im Rathaus, heute nicht mehr feststellen. „Das war vor meiner Zeit.“ Allerdings könne die Stadt ohnehin nur Empfehlungen aussprechen. Wie die Verlegung am Ende erfolge, das entscheide die Telekom im Rahmen der vertraglichen Freiheiten. (höh)
Anknüpfungspunkte sieht er in Hau und im Nachbarort Mittel, der gehört ebenso zu Windeck. Gemeinsam haben die Helzener und ihre Windecker Nachbarn übrigens die Vorwahl – nämlich 02292 für Windeck. „Eine Verbindung dorthin hat also Tradition“, schildert Barth.
Dass ihr Unternehmen und der Konkurrent Telekom nebeneinander bauten und beide oft nicht vom anderen wüssten, das sei durchaus normal, betont derweil die Net-Cologne-Sprecherin Verena Gummich auf Nachfrage dieser Zeitung. „Aber die Telekom kann sich gerne bei uns einmieten, wie sie es in anderen Orten auch tut“, sagt Gummich mit Blick auf seit Februar bestehende Kooperationen, etwa in der Städteregion Aachen.
Sie räumt aber auch ein, dass die Verbindung von Netzen verschiedener Betreiber nur an bestimmten Stellen möglich ist, damit der Datentransfer nicht ins Stocken gerät: „So müssten neue Trassen mit Blick auf diese möglichen Schnittstellen geplant werden, was zu deutlich erhöhten Kosten führt und technisch nicht einfach zu bewerkstelligen ist.“
In den heutigen Fördergebieten sei in der Regel ein einziges Kupfernetz vorhanden, das dann aber nur in Teilen für den Ausbau des Glasfasernetzes genutzt werden könne, ergänzt Verena Gummich.
Für die Telekom verweist Regionalmanager Stefan Mysliwitz derweil auf die Grenzen, die ein Förderbescheid den Unternehmen beim Ausbau eines solchen Netzes setzt – auch bei den Kosten. „Die Leitungen überirdisch zu führen ist gegenüber dem klassischen Tiefbau einfach günstiger“, führt Mysliwitz aus. Im August hatte er zuletzt auf Kritik aus der Politik und insbesondere von der SPD-Fraktion an diesem Ausbau reagiert und darauf verwiesen, dass Oberberg nun mal sehr bergig und waldig sei, da könne man nicht überall losgraben. „Prozentual sind durch Schäden bei Tiefbauarbeiten mehr Glasfaserleitungen zerstört worden im Vergleich zur überirdischen Verlegung der Leitungen“, fügt der Telekom-Mann hinzu.
Und auch er bestätigt, dass ein solches Nebeneinanderherbauen wie in Helzen Alltag ist: „Ist logisch nicht zu erklären und gegenüber der Bevölkerung schwer zu vermitteln. So sind aber die Vorgaben.“