In Morsbach musste ein alter Kran verschwinden. Ein Liebhaber hat dieses schwere Gerät zerlegt und in Wissen an der Sieg wiederaufgebaut.
IndustriegeschichteLiebhaber hat Portalkran aus Morsbach nach Wissen umgesiedelt
Eine Ampel an einer Baustelle macht ihn plötzlich glücklich. Als deren rotes Licht Dr. Klaus Nassenstein auf der Fahrt durch Morsbachs Mitte zum Anhalten zwingt, entdeckt er auf dem Gelände des früheren Bahnhofs einen Portalkran, der schon lange keine schweren Güter mehr auf Waggons gewuchtet und auf die Schiene gesetzt hat. „Da wusste ich sofort: den Kran, den möchte ich haben.“
Gut für den heute 59 Jahre alten Ingenieur aus dem Ruhrgebiet: Eben dieses schwere Gerät möchte die Gemeinde Morsbach loswerden, denn es steht dem geplanten „Wohnpark an der Wisser“ im Weg, überdies ist der Kran rostig und marode, er steht nicht mehr auf sicheren Beinen. Er muss also weg. Und das so schnell es geht.
„Für mich also ein großes Glück“, blickt Nassenstein, Geschäftsführer eines Herstellerunternehmens für Sondermaschinen in Luckenbach (bei Hachenburg) und Präsident des „Forschungs- und Transfernetzwerkes Mittelstand AiF“, zurück. „Das Rathaus und ich waren uns rasch einig.“ Das heißt: Der Mann mit flammender Leidenschaft für historische Arbeitsstätten darf den Kran abbauen und als Geschenk mitnehmen, dafür aber muss er auch die Fundamente entfernen und dafür sorgen, dass dieses Stück Industriegeschichte weiterhin zu sehen ist.
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Unternehmer hat alle Vorgaben der Gemeinde Morsbach erfüllt
„Alles geschehen“, bestätigt Benjamin Schneider, Leiter der Morsbacher Bauverwaltung. „Wir alle freuen uns nun, dass der Kran doch erhalten bleibt.“ Sicher war das nicht: Weil die Sanierung und der weitere Unterhalt sowie schließlich auch die Sicherung, zum Beispiel gegen Kletterer, teuer geworden wären, hatte sich auch die Gemeindepolitik in den Gremien des Rates stets einstimmig für den Abbruch des sechs Meter hohen und sechs Metern breiten Kolosses ausgesprochen – dafür wurde dieser aus dem für das Bahnhofsgelände geltenden Denkmalschutz entlassen, wie es im Behördenjargon heißt. Vergeblich habe er den Kran zuvor dem Freilichtmuseum des LVR in Lindlar und dem Eisenbahnmuseum in Dieringhausen angeboten, ergänzt Schneider.
Und was für die einen eine blitzsaubere Lösung ist, das ärgert die anderen noch heute: „Ich sähe diesen Kran als Zeugnis der Morsbacher Industriegeschichte am liebsten immer noch in der Nähe des Bahnhofs“, betont Klaus Jung, Mitglied im Vorstand des Morsbacher Heimatvereins. Der hatte sich bereits seit dem Jahr 2018 für den Erhalt und die Restaurierung des Bauwerks eingesetzt. Jung: „Anlass dafür war, dass einige Gleise am heutigen Kulturbahnhof zu Museumsbahnsteigen erklärt werden sollen – was passt dazu besser als dieser Brückenkran?“
Der steht heute im Gewerbegebiet am Köttinger Weg in Morsbachs Nachbarstadt Wissen an der Sieg. Dort richtet Dr. Klaus Nassenstein gerade ein privates Museum ein, historische Fahrzeuge etwa sollen da bald ihren Platz finden. „Sind die Tore geöffnet, ist der Kran zu sehen“, sagt der neue Eigentümer. Vor genau einem Jahr ließ er diesen in Morsbach zerlegen, jetzt fußt er auf ein festes Fundament im Innenhof von Nassensteins Hallen.
Portalkran leistete einst wichtige Arbeit für die Wirtschaft in der Gemeinde Morsbach
Errichtet worden ist der Portalkran wohl 1958. Das zumindest verrate ein Schild an der Winde, berichtet Nassenstein. Aufgabe der Maschine war es einst, Bauwagen und später Container (heute Raum-Module) von Lastwagen auf Eisenbahnzüge zu verladen, damit sie auf der Schiene von Morsbach aus in alle Welt reisen konnten – der Modulbau ist noch heute ein starkes Standbein der Morsbacher Wirtschaft.
„Wer ihn gebaut hat, das lässt sich leider nicht feststellen“, bedauert Klaus Nassenstein. „Vielleicht war es die Bundesbahn.“ Am Stahl des Krans fänden sich etliche Firmenschilder. „Inzwischen ist er samt Lastenbrücke so aufbereitet, dass er wieder fünf Tonnen heben kann – ich möchte einen Opel Kapitän PL dranhängen.“ Restauriert worden sei der Portalkran übrigens nicht: „Natürlich nicht – die Patina muss bleiben!“, stellt der Besitzer klar. Und der hält bereits erneut Ausschau nach Historischem: „Ich träume von einer Zeche mit Malakow-Turm.“