Venezianische Gondeln, Planschbecken und Protestkleber gehörten am Montag in Morsbach zum großen Karnevalszug mit 1000 Teilnehmenden.
Parade mit 1000 TeilnehmernDie schönsten Bilder von Morsbachs Rosenmontagszug
Erst Feuer, dann Wasser: Das Schicksal hat es mit dem Gertrudisheim zuletzt wahrlich nicht immer gut gemeint. Nachdem im Oktober 2018 ein Brand in dem Haus wütet, steht es im Dezember vergangenen Jahres plötzlich unter Wasser. Doch Hilfe ist nah: Die Kolpingjugend hat sich auf den Weg gemacht, die Gruppe steckt in kunterbunten Planschbecken und eilt zur Rettung. Dem Heim und seinem Trägerverein gilt der aufmunternde, aber auch wehmütige Blick von 14 jungen Leuten.
„Das ist schließlich unsere Heimat“, sagt Tim Nitschmann, einer von ihnen. Gertrudisheim, Hängebrücke, Bar Nr. 9, Gasthaus an der Seelhardt: Mehr Lokalkolorit geht einfach nicht. Nicht umsonst heißt es in der Republik: Mueschbech deheem!
53 Gruppen, Vereine, Gesellschaften, Nachbarschaften und Institutionen mit 18 originellen Wagen, dazu drei Musikkapellen und insgesamt mehr als 1000 Teilnehmende machen den Rosenmontagszug zu einem rauschenden Spektakel. „Und der Zug fällt nur minimal kleiner aus als vor der Corona-Pandemie“, freut sich Zugleiter Peter Becker von der KG Morsbach, diese bringt den Umzug seit Urzeiten auf die Straße. Hofft die KG zunächst vorsichtig auf 5000 Jecke am Wegesrand, so schätzen sie, die Polizei und die Feuerwehr die jubelnde Schar am Nachmittag auf mindestens 7500.
Die erlebt erstmal aber einen Spezialeinsatz der Polizei: Aus Protest gegen „Immo-Boom am Bahngelände“ und „Geldverschwendung ohne Ende“ pappen sich die Kegelbrüder des Klubs „Knall Drop“ aufs Pflaster vor dem Rathaus. Prompt werden sie weggetragen. „Ihr seid die Gruppe, die unseren Zug so schnell wie keine andere lahmgelegt hat“, ruft Dominik Mauelshagen ihnen aus der Höhe zu.
Nach der Light-Version wieder ein bombastischer Zug
Gemeinsam mit Stefan Hähner kommentiert der Sitzungspräsident der KG das Geschehen rund um den Verkehrskreisel an der Bahnhofstraße. Und sein Prinz, Philip I., ist oberglücklich, dass er das erleben darf: „Im vergangenen Jahr hatte ich ja nur die Light-Version, das hier ist bombastisch“, schwärmt der 32-Jährige – der Prinz mit der längsten Amtszeit in der Morsbacher Karnevalshistorie übrigens.
Lange, sehr lange dabei in diesem närrischen Treiben ist derweil die Damenriege der Krawallas, diesmal schenkt sie der Gemeinde ordentlich ein: „Mehr Mumm für Morsbach“, verrät Lidija Schmallenbach, warum am rollenden Tresen edles Gesöff perlend in Gläser strömt. Die Damen trauern um die Bar Nr. 9, die dichtgemacht hat. „Karneval, das ist in Morsbach Freundschaft.“ Zu ist auch die Hängeseilbrücke über die Wisser, deshalb schwingen sich „Die Dullys“ in venezianische Gondeln und schmettern unterwegs – und sehr gekonnt! – ein „O Sole Mio“.
„Die Brücke ist zu, da muss man lösungsorientiert denken“, schildert Wolfgang Stausberg, wie die Kegelbrüder vor zwei Wochen erst auf ihre Idee gekommen sind. Seit 1988 schon ist der Rosenmontagszug für die Dullys Pflichtprogramm. Ebenso pragmatisch unterwegs sind die 40 Kinder und Jugendlichen sowie ihre zehn erwachsenen Begleiter von der Leonardo-da-Vinci-Sekundarschule: Sie kommen von der „Baustelle Bildung“ und spielen auf die seit 2019 dauernden Arbeiten am Campus an.