Für Alfred Gislason war es nicht nur eine Rückkehr nach Gummersbach, sondern auch das erste Spiel als Bundestrainer vor Zuschauern. 2480 waren erlaubt, die Plätze in der Schwalbe-Arena schnell ausverkauft und die Stimmung war gut. „Ich hätte daher gerne einen Sieg gefeiert“, sagte Gislason. Es sei aber ein gerechtes Unentschieden gewesen. Mit 31:31 (17:16) endete das Testspiel zwischen der deutschen Handball-Nationalmannschaft und Ungarn. „Ein Grund war, dass wir nach der Pause alleine acht freie Bälle verworfen haben“, erklärte der Bundestrainer. Und auch mit der Abwehr war er nicht ganz zufrieden.
Fabian Wiede hatte die Chance zum Siegtreffer
Die deutsche Mannschaft, bei der wie auch bei den Gästen einige Spieler fehlten, legte in der Schwalbe-Arena zwar immer vor, Ungarn ließ sich aber nicht abschütteln. Dabei hätte Sekunden vor Schluss doch noch der Siegtreffer fallen können. Doch der letzte Wurf des übers Spiel gesehen sicheren Fabian Wiede ging mit der Schlusssirene knapp am Pfosten vorbei.
Kurz zuvor war es der Berliner gewesen, der mit einem Kempa-Trick nach Anspiel von Lukas Mertens zum 31: 31 (58.) ausgeglichen hatte, aber auch 40 Sekunden vor Schluss mit einem Wurf am Pfosten scheiterte. Nach einem Stürmerfoul eines Ungarn hatte Deutschland dann noch einmal den Ball. Von Gislason gab es trotzdem ein Lob für Wiede, dem mit neun Toren besten Werfer, sowie für Julius Kühn und Juri Knorr.
Im „feinen Schmuckkästchen Schwalbe-Arena“, so Moderator Bernd Kaiser, hatte sich vom Anpfiff an ein enges Spiel entwickelt. Zwar setzte sich die deutsche Mannschaft mit 5:2 (7.) ab. Doch die Ungarn, die in Rechtsaußen Pedro Rodriguez Alvarez (sieben Tore) ihren besten Werfer hatten, glichen beim 8:8 (14.) wieder aus, auch weil die Gastgeber nach Zeitstrafen bis dahin zweimal in Unterzahl spielen mussten. Eine davon kassierte Julian Köster, der bei seinem Heimspiel in der 11. Minute eingewechselt wurde, direkt das Tor zum 8:6 (12.) erzielte und kurz danach vom Platz musste.
Gummersbacher Publikum feiert Julian Köster
All das wurde vom Publikum mit Spannung verfolgt. Wem in der Arena die meisten Sympathien galten, war schon zu hören, als Köster in der Halle einlief. Dabei hatten auch die ehemaligen VfLer Julius Kühn und Simon Ernst die Familien vor Ort – ebenso wie Torhüter Andreas Wolff.
Nach dem Abpfiff war Julian Köster nur „bedingt zufrieden“ mit seinem Auftritt, wie er erklärte. Unzufrieden war er mit ein paar klaren Eins-gegen-Eins-Situationen, die er nicht erfolgreich abschloss. Es sei schon besonders gewesen, mit der Nationalmannschaft in Gummersbach anzutreten, so Köster. Einer der ersten Wege führte ihn nach dem Abpfiff zu VfL-Trainer Gudjon Valur Sigurdsson. „Wir haben kurz übers Spiel gesprochen“, sagte der VfL-Handballer. Alfred Gislason bescheinigte ihm anschließend, dass der ein „normales Spiel“ gemacht habe.
Beim 11:10 (19.) ging Ungarn erstmals in Führung, beim 14:12 (23.) hatte Deutschland wieder vorgelegt. Das 15:12 (14.) kam von Köster. Doch trotz einer Auszeit konnte das deutsche Team den Vorsprung bis zur Pause nicht halten.
Gislasons Team lag immer wieder vorne
Nach dem Wiederanpfiff wechselte Gislason erneut durch und brachte Tim Klimpke für Wolff im Tor. Deutschland legte drei Tore vor – und konnte den Vorsprung wieder nicht halten. Als Luca Witzke nach einem Foul, für das Gabor Ancsin (37.) die Rote Karte sah, auf die Bank musste, kam mit dem nachnominierten Juri Knorr der letzte Spieler, der noch keine Einsatzzeit hatte. Knorr sorgte für mehr Tempo im Angriff, trug sich gleich in die Torschützenliste ein und glänzte als Anspieler.
In der Folge wechselte Gislason in der Abwehr, stellte auf 3:2:1 mit dem vorgezogenen Köster um. Die deutsche Mannschaft vergab nun zu viele Möglichkeiten und beim 31:30 (56. ) hatte Ungarn wieder vorgelegt. Anschließend reichte es trotz der nun lautstarken Anfeuerung der Fans nur noch zum Ausgleich.
„An Paul Drux gedacht": Simon Ernst erzählt von Busfahrt an Marienheide vorbei
So habe man zwar relativ wenig Fehler gemacht, sehr viel gearbeitet, aber eben auch nicht gewonnen, sagte nach dem Spiel Julius Kühn. Zum zweiten Mal trat er mit der deutschen Mannschaft zu einem Länderspiel in Gummersbach an. „Es verbindet mich sehr viel mit der Stadt und dem VfL“, erklärte er, der heute bei der MT Melsungen spielt. „Als wir mit dem Bus zur Halle gefahren sind, kamen viele Erinnerungen hoch“, erklärt er. Und er erzählte auch noch, dass er in zwei Monaten Vater eines Sohnes werde.
Bei so viel Oberberg-Erfahrung im deutschen Team fehlte eigentlich nur noch Paul Drux. „Daran haben wir auch gedacht, als wir mit dem Bus an Marienheide vorbei gefahren sind“, sagte lachend Simon Ernst. Die Ungarn seien schon eine starke Nation, meinte er mit Blick auf die abgelaufenen 60 Minuten. „Und wir haben verdammt lange in Unterzahl gespielt“, fügte er hinzu.
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Dass er mit Julian Köster, mit dem er bei den ersten Lehrgängen das Zimmer geteilt hat, so viel gemeinsam hat, freut den Nationalmannschaftskollegen. Beide haben bei Dormagen ihre Laufbahn begonnen und sind in Gummersbach zu Nationalspielern geworden. „Ich habe ihm gesagt, dass ich ihm das wünsche was ich erlebt habe, nur nicht meine Verletzungen“, berichtete Simon Ernst. Dass sie beide in der Nationalmannschaft um dieselbe Position kämpfen, sieht er nicht als Kampf, sondern als besondere Motivation. Zudem hofft Ernst, in der kommenden Saison mit Leipzig in der Bundesliga gegen Julian Köster und den VfL zu spielen. Den Aufstieg hätten beide verdient.
Doch vorher geht es am Sonntag in Kassel noch einmal in einem Testspiel gegen die Ungarn, ehe Mitte April die Play-off-Spiele um das Ticket für die WM 2023 anstehen.
Deutschland: Wolff, Klimpke; Golla (4), Wiede (9), Knorr (4), Zerbe (1), Köster (2), Schiller (2/1), Kühn (5), Mertens (1), Ernst, Kohlbacher, Kastening (1), Schmidt, Zechel, Witzke (2).
Ungarn: Mikler, Szekely, Borbeley (n.e.); Sipos, Topic (1), Vajda , Leimeter (2), Juhasz (4), Kovacsics (4), Balogh (2/1). Ligetvari (2), Nagy, Fazekas (1), Rodriguez (7), Szöllösi (2), Bujdoso, Szita (3), Ancsin. Hanusz (3).