Mit zwei Jahren VerspätungBorussia Derschlag feiert 100 Jahre seit Vereinsgründung
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Derschlag – Die Erleichterung steht den Verantwortlichen des FC Borussia Derschlag ins Gesicht geschrieben. Das Festzelt steht und mit zweijähriger Verspätung können die Derschlager am Wochenende endlich ihr 100-Jähriges an drei Tagen mit Festkommers, „Kölschem Abend“ und Familientag feiern.
„Die Coronazeit war nicht einfach für den Verein. Vor allem im Jugendbereich haben wir das gemerkt“, erklärt Steffen Fastenrodt, der den Verein seit November 2012 als Vorsitzender anführt. Negativer Höhepunkt war die Abmeldung der A-Jugend aus der Sonderstaffel im Januar dieses Jahres. Glücklicherweise konnten einige Jugendspieler zu Senioren erklärt werden und somit dem Verein erhalten bleiben.
„So viele Spieler angesprochen, wie noch nie“
Im Seniorenbereich sind die Borussen mit drei Mannschaften sehr gut aufgestellt. Das ist nicht zuletzt ein Verdienst der Familie Geusa. Leo Geusa ist seit Ende 2017 als Sportdirektor beim FC aktiv, kümmert sich um viele organisatorische Dinge, spricht mit den eigenen Spielern und akquiriert Neuzugänge.
„Für die neue Saison habe ich so viele Spieler angesprochen, wie noch nie“, erklärt der 61-Jährige, der sich durch seine langjährige Trainerzeit bestens in der Szene auskennt. Bereits seit 2019 hat sein Sohn Mariano das Sagen bei der ersten Mannschaft. Coronabedingt kann der 34-Jähriger allerdings erst jetzt seine erste komplette Saison mit dem Team spielen.
„Wir sind wirklich sehr froh, dass wir die Geusas haben“
„Wir möchten eine neue, engagierte Truppe aufbauen und hoffen auf Normalität und Kontinuität. Das war in den letzten zwei Jahren kaum möglich“, erklärt der 34-Jährige. Die dritte im Bunde der Fußballfamilie Geusa ist seine Schwester Laura, die sich neben ihrer Tätigkeit als Staffelleiterin und Vertreterin der jungen Generation für den Kreisspielausschuss im Fußballkreis Berg auch um den Social-Media-Bereich der Derschlager kümmert: „In erster Linie bin ich aber treuer Fan und verpasse kein Spiel.“
„Wir sind wirklich sehr froh, dass wir die Geusas haben“, freut sich Peter Wagner, der bereits seit Mitte der 1990er Jahre als Geschäftsführer fungiert und so etwas wie Herz und Seele der Derschlager Fußballer ist. In all den Jahren lagen ihm immer der Zusammenhalt und das soziale Engagement des Vereins am Herzen: „Wir möchten Anlaufpunkt für Jung und Alt sein sowie ein Treffpunkt für alle Fußballinteressierten.“ Darüber hinaus haben die Borussen allein in jüngster Vergangenheit durch Einsätze als Fluthelfer in der Eifel, Corona-Hilfsaktionen und Unterstützungen für ukrainische Familien ihre Solidarität unter Beweis gestellt.
Etwas Sorgen bereitet den Verantwortlichen der Jugendbereich. „In den unteren Klassen ist der Zulauf sehr groß. Da haben wir teilweise 25 Kinder pro Jahrgang“, so Fastenrodt, aber dafür sind die Jahrgänge der A- bis C-Jugend vakant. „Da müssen wir leider Geduld haben und sind noch auf externe Spieler angewiesen“, erklärt Wagner. So trifft es sich gut, dass man Familie Geusa hat, die über die entsprechenden Netzwerke verfügt.
Sogar Fritz Walter war da
Vor ziemlich genau 102 Jahren wurde der Verein Borussia 1920 Derschlag ins Leben gerufen. Am 29. August 1920 wurde zum ersten Mal im neuen Verein gekickt. Einen festen Platz hatte man zum damaligen Zeitpunkt noch nicht. Die Fußballer pendelten zwischen Arnolds Weide, dem Platz am Stauweiher und dem Langholzplatz am Alexander-Werk.
Die Derschlager gehörten von Beginn an zu den führenden Clubs im Kreis. In der Saison 1929/30 konnte sogar die erste Meisterschaft in der sogenannten Gau-Klasse mit einem 2:1 gegen Waldbröl errungen werden. Der Schlachtruf „Hip, Hip, Hurra, Borussia“ stand spätestens da für erfolgreichen Vereinsfußball. Bis 1935 trugen die Kicker die Trikots mit dem goldenen B auf der Brust, ehe die Kriegswirren für rund zehn Jahre keinen Spielbetrieb zuließen. Erst am 11. November 1945 wurde der Meisterschaftsbetrieb wieder aufgenommen.
1946: Beitritt zum TuS
Am 30. März 1946 traten die Borussen dem Hauptverein TuS 1881 Derschlag bei. Initiator der damaligen Fusion war Josef Arnold. Gerd Heidmann und Friedel Kühne führten den neuen, gemeinsamen Verein an. Der erste Trainer war Hans Dasbach aus Düsseldorf und die ersten Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. In der neu gegründeten Kreisklasse wurde Derschlag 1947 auf Anhieb Meister und war damit der erste Kreismeister nach dem Krieg. Das war erst der Anfang: In der Saison 1947/48 folgte der Aufstieg in die Bezirksklasse. Mannschaften wie Köln 99 oder Fortuna Köln waren nun die Gegner, die heimischen Clubs konnten größtenteils nur noch ehrfurchtsvoll hinauf blicken.
In dieser Zeit wurden Freundschaftsspiele gegen die ganz Großen des deutschen Fußballs ausgetragen: gegen TuRu Düsseldorf, Rot-Weiß Oberhausen, Schweinfurt, 1. FC Köln oder den FC St. Pauli. Das absolute Highlight war aber die Partie gegen den 1. FC Kaiserslautern am 19. Dezember 1948. 7000 Zuschauer kamen auf den Rebbelrother Sportplatz, um die Mannen um Sepp Herberger und Fritz Walter zu bestaunen. Auf der anderen Seite machte zu diesem Zeitpunkt aber auch ein Derschlager Fußballer auf sich aufmerksam: Hansi Huland.
Abstieg in die Kreisklasse 1960
Er war der überragende Spieler dieser Zeit, prägte die Geschicke des Vereins wie kein Zweiter und spielte noch bis 1960 in der ersten Mannschaft. Bis zum seinem 73. Lebensjahr war Huland, der trotz lukrativer Angebote immer seinem Heimatclub treu blieb, sogar noch bei den Alten Herren. Mit seiner Hilfe schaffte der Club dann auch den bislang größten Erfolg, den Aufstieg in die Landesliga 1950 – die damals höchste Amateurklasse.
Der TuS hatte sich längst als das Aushängeschild des oberbergischen Fußballs etabliert. Sieben Jahre konnte die Klasse gehalten werden, ehe man in der Bezirksliga auch wieder Lokalderbys erleben konnte.
Nachdem die Kicker um Huland ihren Zenit überschritten hatten, ging es bergab. 1960 mussten die Fußballer den Abstieg in die Kreisklasse verkraften, drei Jahre später ging es sogar runter in die 2. Kreisklasse. Es folgte ein jahrelanges Auf und Ab, was den TuS zur Fahrstuhlmannschaft machte. Zwischen 1963 und 1970, also pünktlich zum 50-jährigen Jubiläum der Fußballer, schaffte man noch zweimal die Rückkehr in die 1. Kreisklasse, ehe dann 1973 das bitterste Jahr der Vereinsgeschichte folgte. Die erste Mannschaft stieg in die Kreisliga B ab, die Reserve sogar in die C-Klasse. Insgesamt acht Monate war der Verein zu dieser Zeit zudem führungslos.
Vereinsfreundschaft mit Sarto Tilburg seit 1953
1978 bekam der Club mit dem Stadion am Epelberg eine neue sportlichen Heimat, und die Erfolge stellten sich nun auch wieder ein. Auf Anhieb gelang der Wiederaufstieg in die höchste lokale Klasse, die Reserve stieg ebenfalls wieder in die B-Klasse auf und schaffte 1994 sogar den Sprung in die Kreisliga A.
Zu diesem Zeitpunkt spielte die A-Mannschaft bereits ein Jahr in der Bezirksliga, denn ein Jahr zuvor konnte der dritte Kreismeistertitel und der damit verbundene Aufstieg unter Dach und Fach gebracht werden. Insgesamt vier Jahre konnte man die Klasse halten. Und was blieb noch aus dieser Zeit: 1988 wurde zum Beispiel der erste „Budenzauber“ ausgetragen, bis zum heutigen Tag das führende Hallenturnier im Kreis.
Oder etwa die treue Vereinsfreundschaft mit Sarto Tilburg, die von Willy Beekes 1953 ins Leben gerufen wurde und bis heute Bestand hat.
Tiefpunkt war erst die Saison 2008/2009
1997 stiegen die Derschlager aus der Bezirksliga ab und fieberten seitdem dem Wiederaufstieg entgegen. Dieser wurde sieben Jahre später in die Tat umgesetzt. Und das Jahr 2004 sollte gleichzeitig ein richtungsweisendes für den Club sein. Am 5. Mai 2004 beschlossen die anwesenden 74 Mitglieder der Jahreshauptversammlung die Gründung des heutigen FC Borussia Derschlag und damit die Abspaltung vom TuS Derschlag. Keine drei Wochen später am 23. Mai feierte die Mannschaft um Spielertrainer Stefan Witt in Bergisch Gladbach die Kreismeisterschaft im neuen fusionierten Fußballkreis Berg. Damit war die Rückkehr in die Bezirksliga perfekt.
Eine Saison später mussten die Borussen allerdings den neuerlichen Abstieg aus der Bezirksliga hinnehmen. Ein Sieg fehlte am Ende zum Klassenerhalt, und die Folgesaison sollte ähnlich turbulent werden. Trotz zweier Trainerwechsel von Stefan Witt zu Sawas Schinas und später zu Reservetrainer Andreas Fuchs konnte der denkbar knappe Abstieg in die Kreisliga B nicht vermieden werden. Der Tiefpunkt war aber erst nach der Saison 2008/2009 mit dem Abstieg in die C-Klasse erreicht. Und allen Beteiligten war klar: Nun musste ein sportlicher Umbruch her.
2011 kam Kunstrasen
Zur Spielzeit 2009/2010 wurde Viktor Köhn als Trainer installiert. Der ehemalige Derschlager Spieler und Ex-Torjäger von Marienheide und Baris Spor Hackenberg erinnert sich noch gut an den Anruf: „Bei jedem anderen Kreisliga-C-Club hätte ich sofort wieder aufgelegt.“ Die Verbundenheit zu seinem Heimatverein und die gute Jugendarbeit überzeugten ihn schließlich, und gleich nach seiner ersten Saison kehrten die Borussen in die Kreisliga B zurück. Eine Saison später (2010/2011) war der Durchmarsch in die A-Klasse perfekt. Parallel dazu wurde weiter fleißig an der Infrastruktur gearbeitet. Nach dem Bau des Vereinsheims (2008) wurde 2011 der neue Kunstrasenplatz errichtet. Und ein Jahr später 2012 feierte der Budenzauber sein 25-jähriges Jubiläum.
Nach vier Jahren in der höchsten bergischen Spielklasse hörte das Trainergespann Viktor Köhn, Seyfi Yilmaz und Andreas Roemmer nach der Saison 2014/2015 auf und übergab den Staffelstab an Christopher Lieblang. Nach der Saison 2016/2017 stieg der FC erneut in die Kreisliga B ab, wo der Club bis zum heutigen Tag kickt. Trainer ist seit der Saison 2019/2020 der junge Mariano Geusa, und sein Vater Leo fungiert als Sportlicher Leiter der Senioren.