Leverkusen – Der Fall löste über die Stadtgrenzen hinaus Entsetzen aus: Im Juli vergangenen Jahres war eine 22-Jährige aus Schlebusch getötet worden, von einem Mann, der das Beziehungsaus nicht hinnehmen wollte. Der Frauennotruf machte damals deutlich, dass die Zahl der Stalkingfälle zugenommen hatte.
Von einer „besonders perfiden Form von Gewalt gegen Frauen“ spricht der Frauennotruf in seinem Jahresbericht 2020. Solche Stalkingfälle seien „kein Einzelfall“, würden aber leider allzu oft in der Öffentlichkeit als solcher dargestellt, als „Beziehungsdrama“ und „spontanes Verbrechen aus Leidenschaft“, kritisiert der Frauennotruf. Fünf Frauen wurden im vergangenen Jahr zu dem Thema beraten, doch das ist nur die Spitze des Eisbergs: Allein in Leverkusen würden pro Jahr ungefähr 60 Anzeigen wegen Stalkings erstattet, so der Verband – „die Zahlen der Verurteilungen hingegen liegen bundesweit nur bei ein Prozent.“
115 Frauen beraten
Deutlich wird im Jahresbericht: Der Beratungsbedarf ist enorm gestiegen, von 25 Prozent mehr Beratungskontakten sprechen die Verantwortlichen: 810 Beratungen von insgesamt 115 Frauen sind es aufs Jahr verteilt. Sie alle haben sexualisierte Gewalt erlebt.
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Die meisten Frauen sind zwischen 26 und 40 Jahre alt, mehr als die Hälfte hat die deutsche Staatsangehörigkeit ohne Zuwanderungsgeschichte, wie der Frauennotruf in seiner Statistik aufzählt. Die meisten Frauen, die sich an den Notruf wenden, leben in Familien.
Studie zu Psychiatrien
Neben der Gewalttat in Schlebusch hat sich die Organisation 2020 auch mit dem Thema „Sexualisierte Gewalt in der Psychiatrie“ beschäftigt. „Immer wieder begegnen uns Berichte von betroffenen Frauen, die Grenzüberschreitungen auf geschützten Psychiatriestationen erleben“, heißt es in dem Bericht. Geschlossene Systeme würden oft ein höheres Risiko dafür bergen, dass Übergriffe unentdeckt bleiben – und Frauen mit psychischen Erkrankungen würden häufig als weniger glaubwürdig gelten, zitiert der Frauennotruf eine Studie. Gemeinsam mit dem Frauen-Zimmer Burscheid
haben die Mitarbeiterinnen eine Arbeitsgruppe gegründet, um sich intensiver mit dem Thema zu beschäftigen und Ansätze für eine Prävention zu finden.
Finanziert wird die Beratungsstelle durch Fördermittel vom Land NRW, der Stadt Leverkusen und über private Spende.