Lassen oder abbrechen?Denkmalschutz kann anstrengend und teuer, aber schön sein
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Leverkusen – Das Gefühl vieler Leverkusener, die Verluste alter Bausubstanz in der Stadt beklagen, mag ein anderes sein: Die Bauverwaltung stellte in ihrer halbjährlichen Pressekonferenz heraus, dass der Behörde das Thema Denkmalschutz wichtig ist und dass es mit Engagement betrieben wird.
Nicht umsonst wählte die Verwaltung als Ort für das Treffen die alte katholische Hauptschule Im Hederichsfeld aus. 2016 zogen Schüler und Lehrer nach Wiesdorf ins Schul-Exil um, damit das 1913 im Stil des Bergischen Barock gebaute Gebäude umfangreich restauriert werden kann.
2018 kam der Schock: Die Statik der alten Deckenkonstruktionen genügte heutigen Ansprüchen nicht mehr. Sieben Millionen Euro extra kostet das.
Inzwischen wurde das Dach mit feinem Moselschiefer neu gedeckt, und man ist beim Innenausbau. Eine sehr anspruchsvolle Baustelle sei das, sagt Architektin Andrea Pesch.
Restaurieren kostet
Baudezernentin Andrea Deppe rechnet aktuell mit Gesamtkosten von 18,9 Millionen Euro. Ein Großteil dieses Geldbatzens kommt vom Land. Die Schule soll Ende 2021 wieder einziehen können. Die alte Turnhalle aus Kaisers Zeiten wird zum Bürgerzentrum umgebaut. Die Schule sollte in der ursprünglichen Planung nur ein Element eines großen Verwaltungszentrums mit Landratsamt, Behörden und Wohnungen sein. Die Entwicklung lief dann anders.
Rettung durch die Kellertür
356 Denkmäler gibt es laut Denkmalpfleger Jochen Simon in der 90 Jahre alten Stadt Leverkusen. „Das scheint wenig zu sein“, sagt Simon, aber zehn dieser Objekte seien ganze Siedlungen wie die Kolonie II oder die Heidehöhe.
Neu in der Denkmalliste ist das im historisierenden Stil gebaute Haus Kölner Straße 107. Es steht leer.
Als besonders gelungene Rettung eines Baudenkmals wird die kleine evangelische Kirche an der Humboldtstraße vorgezeigt.
Eine freikirchliche Gemeinde hat das Gebäude bezogen und die pflegt das Kleinod vorbildlich. Wäre es nach dem Willen des Vorbesitzers, der evangelischen Gemeinde Opladen, gegangen, wäre das Gotteshaus als Schutthaufen geendet. Die Kirche besteht aus drei Teilen: einem Kopfbau von 1929, einem geschwungenen Saal von 1946 und einem Turm von 1955. Die Qualität spürt man sofort und intuitiv. Die Kirche überstand nicht nur den Krieg, auch der 2011 durch die evangelische Gemeinde beantragte Abbruch konnte verhindert werden.
Ungehorsam
Es heißt, das Gebäude stehe auch deshalb noch, weil es irgendwo im Amt Ungehorsam gegeben haben muss, denn ein damaliger hoher Beamter im Dezernat soll einem Investor schon einen reibungslosen Ablauf des Baus versprochen haben. Dann kam die Unterschutzstellung – eine Rettung durch die Kellertür.
Für eine andere evangelische Kirche scheint es eine gute Lösung zu geben. Die kleine, aber hübsche Kirche Auf dem Blauen Berg in Schlebusch wäre größtenteils aus dem Blickfeld verschwunden, wenn es nach dem Schlebuscher Bauinvestor Müller gegangen wäre.
Der hatte schon eine Wohnanlage beworben, die er an der Stelle des kleinen Häuschens des verstorbenen Schrotthändlers bauen wollte. Der Bau im begehrten Stadtteil Schlebusch war aber so groß ausgefallen, dass es nach der Veröffentlichung von Müllers Plänen Proteste gab.
Mittlerweile soll im Amt für Denkmalpflege ein neuer Bauantrag für einen verkleinerten Baukörper zur Prüfung liegen. Er soll den Schlebuschern die freie Sicht auf die evangelische Kirche erhalten.