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Wetter und KatastropheDie Eifel wartet in diesem Sommer vergeblich auf Touristen

Lesezeit 4 Minuten

Die Folgen der Hochwasserkatastrophe bekommen auch Ziele wie der Rursee zu spüren, der jedoch problemlos besucht werden kann.

Kreis Euskirchen – Es ist diesig, kühl und regnerisch. Nicht das klassische Ausflugswetter im Hochsommer. Doch es sind Ferien, Reisezeit – eigentlich die Hauptsaison für die Rurseeschifffahrt. Doch die „Seensucht“, der Katamaran der kleinen Flotte, die auf dem Unter- und Obersee der Rurtalsperre unterwegs ist, ist gerade mit drei Fahrgästen abgefahren. Und das bei einer Kapazität von 250 Leuten.

Rurseeschifffahrt-Prokurist Martin Conzelmann.

Wenn die App Regen anküdigt bleiben die meisten zu Hause

„So sieht es seit zwei Wochen aus“, sagt Prokurist Martin Conzelmann. Den kleinen Vorverkaufsschalter werde er an dem Tag nicht mehr öffnen, beschließt er. Fahrkarten können die Gäste, die sich im Laufe des Tages einfinden, auch auf dem Schiff lösen. Conzelmann hadert mit dem Schicksal. „Erst hatten wir Corona, konnten wochenlang nicht fahren, dann das Wetter, und jetzt auch noch die Flutkatastrophe“, zählt er die Gründe auf, die Fahrgäste kosten.

Sicher, das Wetter. „Die Leute gucken nicht mehr aus dem Fenster, sondern auf die Handy-App“, beklagt er. Wenn dort Regen angekündigt sei, blieben die Menschen lieber zu Hause bleiben – egal, ob die Vorhersage stimme oder nicht. „Dabei ist das doch kein schlechtes Wanderwetter“, sagt er. Und erst recht kein schlechtes für eine Schifffahrt. Seit der Hochwasserkatastrophe seien noch mehr Gäste ausgeblieben. „Von Öl und Fäkalien auf dem Rursee wurde da berichtet“, so Conzelmann.

Ja, der See sei am ersten Tag nach dem großen Regen voller Treibgut gewesen, aber das Wasser habe nur einen Meter höher gestanden. Langsam habe man sich mit den Schiffen an den Normalbetrieb herantasten müssen. Doch das sei vorbei, das Wasser werde wieder klar.

Kaum Gäste kann die Crew auf den Rursee-Schiffen begrüßen.

Conzelmann berichtet davon, dass nicht differenziert werde: Viele gingen offenbar davon aus, dass auch am Rursee alles zerstört sei – was aber nicht der Fall ist. Anrufer seien unsicher, ob sie überhaupt bis an den Rursee kommen könnten, weil ja die Autobahnen „alle“ gesperrt seien. „Doch wir müssen unsere Leute weiter bezahlen“, sagt er.

„Wir sind eine Region, die vom Tourismus lebt“

Es gelte neben der Rücksicht auf die betroffenen Gebiete auch, die Belange derer zu schützen, die nicht betroffen seien, sagt auch Iris Poth, Geschäftsführerin der Nordeifel Tourismus (NET): „Wir sind eine Region, die vom Tourismus lebt.“ Die Eifel habe ein Revival erlebt, viele Leute hätten sie während der Coronazeit wiederentdeckt.

Nun gebe es Menschen, die behaupten, in den Kreis Euskirchen könne man nun, nach der Katastrophe, nicht mehr fahren. Deshalb setze die NET auf eine informative Öffentlichkeitsarbeit, die deutlich mache, was unternommen werden kann und was nicht. „Die Krimitage zum Beispiel werden stattfinden“, kündigt Poth an. Langsam gebe es Überblick über den Zustand der Wanderwege, auch die Radwege werden abgefahren. „Alles, was frei ist, kommunizieren wir, so dass die Gäste sich tagesaktuell informieren können“, sagt Poth.

Auch neue Reisebedingungen spielten eine Rolle

Differenziert müssten die Stornierungen im Kreis Euskirchen betrachtet werden, so Patrick Schmidder, stellvertretender Geschäftsführer der NET. Es gebe Betriebe, die 100 Prozent Stornierungen verzeichnen, aber stattdessen obdachlos gewordene Betroffene der Katastrophe aufgenommen haben. Und es gebe es Gastgeber, die bis zum Herbst voll ausgelastet sind.

Bis zu 60 Prozent Stornierungen seien an einzelnen Tagen bei den Betrieben in seinem Beritt eingegangen, sagte René Wißgott, Geschäftsführer der Rureifel Tourismus. Mittlerweile werde verstärkt vor der Anreise telefonisch bei den Gastgebern gefragt, wie denn die Lage sei. „Dann kann man die beruhigen“, sagt er. Er hoffe, dass es sich einpendele – wenn auch vielleicht nicht auf das Niveau des Vorjahres. Aber da spiele wohl auch das Wetter eine Rolle.

Auch für Klaus Schäfer, Geschäftsführer der Eifel Tourismus GmbH (ET), ist das kühle und regnerische Wetter ein Grund für die mangelnde Eifelbegeisterung der Reiselustigen. „Es sind spürbar weniger Gäste“, stellt er fest. Zwei weitere Gründe nennt er: Neue Reisebestimmungen, die seit dem 1. August in Belgien und den Niederlanden gelten – und die Hochwasserkatastrophe.

Nationalparktor zerstört

Stark betroffen ist auch die Nordeifel Tourismus GmbH (NET) selbst, etwa in der Geschäftsstelle im Kaller Bahnhof. „Wir haben keine Prospekte mehr, weil der ganze Keller unter Wasser stand“, berichtet Geschäftsführerin Iris Poth. Zudem seien zwei Garagen betroffen, die die Touristiker angemietet hatten.

Völlig zerstört sei zudem das Nationalparktor im Gemünder Kurhaus. „Dort haben wir fünf Mitarbeiter, da müssen wir sehen, wie es weiter geht“, sagte sie. (sev)

„Die Gäste wollen nicht Gefahr laufen, als Katastrophentouristen zu gelten, aber die Sorge ist unbegründet“, sagt er. Zur Zeit produziert die Eifel Tourismus 16 Videoclips, in denen sich Ausflugsorte in den Sozialen Medien präsentieren. Große Anzeigen seien nicht beabsichtigt. „Wir wollen auf triviale Werbung verzichten, das schulden wir dem Respekt den Betroffenen und den Flutopfern gegenüber“, sagt er. Man müsse Geduld haben und abwarten.

Die Infrastruktur stimme großenteils. Einige Wanderwege sind beschädigt oder zerstört – eine vollständige Erhebung dazu liegt noch nicht vor. Doch der Eifelsteig etwa ist laut Schmidder durchgängig begehbar. Infos gibt’s im „Ausflugsticker“ der NET:

www.nordeifel-tourismus.de