Das Geschichtsforum Schleiden hat ein Buch mit acht Skizzen von Renier Roidkin vorgestellt. Die alten Zeichnungen waren in Belgien aufgetaucht.
300 Jahre verschollenGeschichtsforum Schleiden präsentiert neues Buch mit alten Skizzen
Es sind einzigartige Ansichten, die der Maler Renier Roidkin vor rund 300 Jahren festgehalten hat und die das Geschichtsforum Schleiden jetzt als Buch herausgegeben hat. „1725 – 300 Jahre Renier Roidkin – Skizzen von Schleiden, Dreiborn, Olef und Mauel “ heißt das Werk, das am Montag im Schleidener Rathaus vorgestellt wurde. Darin sind acht Zeichnungen von den Orten zu sehen, die alle um 1725 entstanden sind.
„Das war ein Coup, als wir im vergangenen Jahr die Bilder kaufen konnten“, erinnerte sich Dr. Norbert Toporowsky, Vorsitzender des Geschichtsforums. Die acht DIN A3 großen Skizzen hatten sich 300 Jahre lang in Privatbesitz befunden und waren deshalb der Öffentlichkeit unbekannt. Bei dem Kauf sei auch jede Menge Glück im Spiel gewesen. Die Vorgeschichte gestaltete sich ähnlich spannend wie 1938, als Dr. Walther Zimmermann und Dr. Heinrich Neu für den Provinzialkonservator Rheinland mehr als 600 Zeichnungen von Roidkin erwerben konnten.
In Zusammenhang mit Recherchen über die Burg Mauel hatten Bernd Kehren und Bernd Pütz im Oktober 2022 beim Kreisarchiv in Euskirchen nachgefragt, ob es dort Material über die Anlage gibt. Personen, die sich mit einem Sachthema befassen, werden beim Kreisarchiv registriert.
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Antiquar aus Bonn meldete sich beim Kreisarchiv in Euskirchen
Wenige Wochen später, so berichtete Kehren, wandte sich Holger Christoph vom Bonner Antiquariat Christoph & Co an Birgit Roitzheim vom Kreisarchiv, weil er mehr über eine Burg Mawel erfahren wollte, die er nicht verorten konnte. Roitzheim stellte dann den Kontakt zu Pütz her. Daraufhin schickte Christoph Handyfotos von zwei Zeichnungen von dem Château de Dreyborne und dem Château de Mawel. Roidkin hatte bei der damals üblichen Schreibweise Mauwel das u weggelassen.
Weil der Antiquar die Zeichnungen im Auftrag einer belgischen Erbengemeinschaft verkaufen sollte, drängte die Zeit. In der Internetauktion hatte sich zum Glück noch niemand gemeldet. Ernst Jansen vom Geschichtsforum erklärte sich schließlich bereit, die beiden Skizzen zu kaufen. Aber damit war die Angelegenheit noch nicht beendet. Christoph hatte nämlich die Vermutung, dass die Erbengemeinschaft noch weitere Arbeiten von Roidkin besaß.
Erbengemeinschaft besaß noch weitere Bilder
Dem war auch so. Einige Zeit später teilte der Antiquar in einem Telefonat mit, dass er noch weitere Skizzen mit Ansichten von der Stadt und dem Schloss Schleiden, der Burg Mauel und dem Dorf Olef entdeckt habe. Alois Sommer zögerte nicht lange und kaufte auch diese Bilder. Sie sind alle in dem neuen Buch, an dem neben Kehren, Jansen und Toporoswky auch Alfred Käsbach sowie Dr. Ulricke Heckner, Stefanie Bertz und Marc Peez vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) mitgewirkt haben, zu sehen.
„Es ist bemerkenswert, dass solche Zeichnungen nach rund 300 Jahren wieder auftauchen“, erklärte der stellvertretende Bürgermeister Gerd Breuer. Roidkin habe viele Bilder gemalt und dabei Landschaften und Gebäude detailgetreu festgehalten: „Er ist so etwas wie das Google des 18. Jahrhunderts.“ Das Buch sei für alle interessant, die sich mit Geschichte beschäftigen.
„Den LVR verbindet eine lange Geschichte mit Roidkin“, sagte Heckner und verwies auf den Ankauf aus dem Jahr 1938. „Danach gab es aber keine weiteren Publikationen über den Maler. Auch deshalb waren wir von dem Coup des Geschichtsforums begeistert und haben uns deshalb auch gerne beteiligt“, so die Historikerin.
Burgen und Schlösser, Kirchen und Orte in Skizzen festgehalten
Renier Roidkin war am 2. Dezember 1684 im belgischen Spa geboren worden. Auf seinen Reisen durch Belgien, die Eifel und die Rheinlande bis hin nach Niedersachsen, Hessen und den Harz malte er Burgen und Schlösser, Kirchen und Ortsansichten. Als Auftragsmaler für solvente Kunden – und das waren fast ausschließlich Adelige – brachte er die von ihnen verlangten Motive auf die Skizzenblätter. „Die Auftraggeber wie Kurfürst Clemens August waren begeistert von Roidkins Werken“, betonte Heckner. Gestorben ist der Maler am 13. März 1741 in Dreiborn.
„Seine Bilder werden bei uns mit am stärksten nachgefragt“, sagte Heckner. Sie seien für Heimatforscher oder Geschichtsvereine von großer Bedeutung. Mit der Untersuchung der Zeichnungen setze das Geschichtsforum neue Maßstäbe. „Herausgekommen sind einzigartige Erkenntnisse der regionalen Geschichte“, lobte Heckner. Nun wisse man beispielsweise, wo die Burg Mauel gestanden habe. Zu den Orten könnten künftig auch Führungen angeboten werden.
Nachdem die Zeichnungen im Frühjahr 2023 gekauft worden waren, stand für die Mitglieder des Geschichtsforums fest, dass die Skizzen erläutert und kommentiert, in das jeweilige örtliche historische Umfeld eingeordnet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollten. Wissenschaftlich begleitet wird die Dokumentation durch Beiträge von Experten des LVR-Amts für Denkmalpflege im Rheinland.
Schatten zeigen, dass das Bild an einem Nachmittag gemalt wurde
„Roidkin hat Schleiden aus allen vier Himmelsrichtungen gezeichnet“, erklärte Jansen. Dabei seien auch interessante Details wie eine kleine Lustinsel zu erkennen, die dort existiert habe, wo heute die Straße „In den Weiern“ zu finden sei. „Anhand der Schattenwirkung kann man sehen, dass er die Skizze an einem Nachmittag angefertigt haben muss.“
Auf der Skizze von Dreiborn sind neben der Burg und der alten Kirche auch die Hinrichtungsstätte zu sehen. „Verurteilte wurden gekreuzigt, aufgehängt oder gerädert“, berichtete Jansen. Die Burg Mauel sehe schon ein bisschen verfallen aus.
Die Zeichnung von Olef sei bislang die einzige, die bekannt sei. „Der 1697 abgebrannte Ortskern ist knapp 30 Jahre später schon wiederaufgebaut. Dargestellt sind neben den Häusern und der Kirche unter anderen auch die Eisenindustrie mit einer Schmiede und einer Schmelze.“ Die Eisenindustrie sei auch der Grund gewesen, warum Roidkin so manches Motiv habe festhalten können. „Nur weil viel Holz gebraucht und dafür Bäume gefällt werden mussten, hatte der Maler einen freien Blick auf die Orte.“
„1725 – 300 Jahre Renier Roidkin“, von Ernst Jansen und Bernd Kehren, mit 100 Seiten und zahlreichen Abbildungen kostet 18 Euro. Das Buch ist erhältlich in der Buchhandlung Pavlik in Kall, bei Schreibwaren Hanf in Hellenthal, im Nationalpark-Infopunkt in Gemünd sowie in Schleiden in der Postfiliale und der Apotheke im Ärztehaus. Bestellt werden kann das Buch auf der Internetseite des Geschichtsforums.