Nettersheim – Die Mundart in der Eifel hat einen schweren Stand. Immer weniger Menschen verstehen, noch weniger sprechen Platt – ganz zu schweigen von den Spielarten in den Dörfern, deren Dialekte sich teilweise deutlich unterscheiden.
Dieses Kulturgut wiederzubeleben, hat sich das Projekt „Mer kalle Platt“ auf die Fahne geschrieben, das mit einem Kindermitsingkonzert in der Klosterkapelle seinen ersten Saisonabschluss fand.
Platt wie eine Fremdsprache nahebringen
Damit gingen die Organisatoren direkt an die nächste Generation, die kaum noch mit dem Eifeldialekt in Berührung kommt. „Kleine Kinder hören das zu Hause nicht mehr“, sagte Uschi Mießeler von der Gemeinde Nettersheim. Sie selbst habe im Elternhaus noch Platt gesprochen, aber nur, bis die weiterführende Schule auf sie gewartet habe. Eigentlich könne Eifeler Platt in den Grundschulen wie eine Fremdsprache den Kindern nahegebracht werden.
Eine Idee, die mit dem Kindermitsingkonzert direkt umgesetzt wurde. Organisiert wurde es von Lea Blindert und Annika Müller von der Gemeinde sowie der Grafikerin Karin Lenz. Sie übermittelten den angemeldeten Kindern einen Fragebogen, auf denen Begriffe aus dem Dialekt ins Hochdeutsche übersetzt werden mussten. Auch konnte das Musikprogramm von den Kindern bereits im Vorfeld angespielt werden.
Nächstes Jahr geht’s weiter
Reihe „Mer kalle Platt“
Ins Leben gerufen wurde die Veranstaltungsreihe „Mer kalle Platt“ von der Nordeifel Tourismus GmbH. Fünf Veranstaltungen wurden in diesem Jahr durchgeführt: ein Konzert, eine Wanderung, ein Kurzfilm beim Sommerkino in Blankenheim, ein Mundartabend in Zülpich und nun als Abschluss das Kindermitsingkonzert. „Im nächsten Jahr wollen wir mehr Veranstaltungen anbieten“, sagte Geschäftsführer Patrick Schmidder.
Im Wechsel mit „Nordeifel Mordeifel“
In jeder Kommune soll im Sommer 2023 eine Veranstaltung stattfinden. Außerdem sei geplant, die Reihe alle zwei Jahre zu realisieren und sie im Wechsel mit dem Krimifestival „Nordeifel Mordeifel“ durchzuführen, so dass jährlich eine besondere Veranstaltungsserie angeboten werden könne, so Schmidder. Finanziert wird das Programm über ein Sponsoring der VR Bank Nordeifel, weitere Förderungen sollen akquiriert werden.
Eine Anregung, die besonders die zwei Grundschulklassen dankbar aufgriffen, die sich angemeldet hatten. Mit einem Video aus dem Internet probten sie den Wibbelstetz-Song „Nemm mich met“ so gut, dass sie ihn auch in der Kapelle lauthals zur Musik von Günter Hochgürtel und Kai Gehlen singen konnten. „Das Lied passte bei uns gut in das Konzept, weil wir zurzeit eine Zirkus-AG haben“, sagte Bärbel Brunnthaler von der OGS Marmagen.
Grundschüler übersetzten den Refrain in Mundart
Sowohl von dieser Schule als auch der Grundschule in Kall war je eine Klasse gekommen, so dass am Ende 48 Kinder in dem Stuhlkreis waren. Sie sangen mit Hochgürtel auch das Lied „194 Länder“ von Mark Forster. Anschließend wurde ihnen die Aufgabe gestellt, den Refrain in Eifeler Platt zu übersetzen.
Für manche der Kinder war das keine unlösbare Aufgabe. „Bei mir haben die Kinder keine Wahl, ob sie Platt sprechen wollen oder nicht“, sagte Maike Wilkens von der OGS Kall lächelnd. Sie singe das ganze Jahr über mit den Kindern kölsche Lieder, erzählte die in Marmagen geborene Lehrerin. Und: „Ich spreche nur, wenn ich muss, vernünftiges Hochdeutsch.“ In ihrer Klasse werde bei 21 Kindern nur noch bei einem im Elternhaus Platt gesprochen. Doch das sei schade, betonte auch Mießeler. „Das ist unsere Heimat, das ist unsere Mentalität.“
So ganz schien sich die Geschichte mit dem Eifel-Dialekt noch nicht allen Kindern erschlossen haben. So antwortete ein Junge, als Hochgürtel in die Runde fragte, wessen Eltern oder Großeltern denn noch Platt sprechen: „Mein Opa spricht Belgisch.“