Geringe Automation ist die große Stärke des Industriezulieferers aus der Gemeinde Nettersheim: Produziert wird flexibel auf Wunsch des Kunden.
50 Jahre in ZingsheimHein, Lehmann ist ein „Hidden Champion“ im Gewerbegebiet
Das hervorstechende Kennzeichen eines „Hidden Champion“ ist neben weltweitem Erfolg, dass kaum jemand weiß, welches Potenzial sich bei ihm verbirgt. Wie bei der Firma Hein, Lehmann im Gewerbegebiet Zingsheim, die auf dem Gebiet der Verfahrenstechnik unterwegs ist. Doch außerhalb von Zingsheim dürfte sie für kaum jemanden ein Begriff sein. An diesem Wochenende feiert die Zingsheimer Produktionsstätte der Unternehmensgruppe ihr 50-jähriges Bestehen.
Dass damit noch lange nicht das Ende der Geschichte erreicht ist, daran lassen der Betriebsleiter des Standortes Zingsheim, Jens Hecker, und Hallenleiter Sven Heinzen keinen Zweifel. Denn Hein, Lehmann ist führend auf dem Gebiet der Sieb-, Trenn- und Fördertechnik. Und das ist ein Verfahren, das praktisch überall gebraucht wird, wo Stoffe voneinander getrennt werden sollen. Sowohl aus Blech als auch aus Kunststoffbahnen, die in einem anderen Betrieb der HL-Group produziert werden, werden die Inlays für Siebe hergestellt, die in großer Vielfalt eingesetzt werden können.
Das Team in Zingsheim kann, was keine Maschine kann
Entsprechend breit aufgestellt ist der Kundenstamm des Unternehmens. „Unsere Produkte werden in der Steine- und Erden-Industrie, aber auch in der Lebensmittel-, Chemie-, Getränke- oder Pharma- wie auch in der Auto- und Kunststoffindustrie eingesetzt“, so Hecker.
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Mit insgesamt 54 Mitarbeitern, davon acht in der Verwaltung und 46 in der Produktion, erwirtschaftet der Unternehmensstandort in Zingsheim einen Umsatz von zehn Millionen Euro. Mit steigender Tendenz, wie Hecker selbstbewusst betont. Denn mit der Qualität der Produkte hat die Firma eine besondere Position auf dem Weltmarkt.
„Kunden, die zu wechseln versuchen, kommen wieder, nachdem sie viele andere Angebote probiert haben“, sagt Hecker. Der einzige Mitbewerber, der einige ähnliche Produkte anbiete, sei selbst auch Kunde bei Hein, Lehmann, fügt Heinzen hinzu. „Wenn ein Konkurrent bei uns einkauft, zeigt das schon einiges“, sagt er lächelnd.
Dabei ist die Stärke der Zingsheimer Firma, dass sie bisher weitestgehend auf Automation verzichtet hat. „Was mich an dieser Firma fasziniert, ist die Verbindung von Handwerk und Industrie“, sagt Hecker, der vor einem Jahr zu dem Unternehmen gestoßen ist.
So werden Bleche teilweise von Hand gedengelt, was keine Maschine könne. Auch geschweißt werde manuell. Dazu erfolge die Berechnung der Produkte im Haus. „Der Kunde sagt, was er will, und wir stellen es her. Unsere Stärke ist die Flexibilität. Wir können eine Woche nach einer Anfrage in Produktion gehen, wir wollen gar nicht so sehr in die Automatisierung“, so Hecker.
Karl-Heinz Decker lockte Hein, Lehmann einst in die Eifel
Die Geschichte von Hein, Lehmann in Zingsheim beginnt Anfang der 1970er-Jahre, als der alte Unternehmensstandort in Düsseldorf zu klein wurde. Zur Debatte für eine neue Betriebsstätte standen Schleswig-Holstein, der Bayerische Wald, Süd-Belgien und die Eifel. Letztendlich gelang es Oberkreisdirektor Dr. Karl-Heinz Decker, die damalige Geschäftsführung von den Vorzügen der Eifel zu überzeugen.
„Damals war Hein, Lehmann der erste Betrieb im Gewerbegebiet in Zingsheim“, so Hecker. 64.000 Quadratmeter groß war das Gelände, das die Firma erwarb und den Bau der ersten Halle startete. Mittlerweile sind daraus vier geworden. „Zu Beginn war sogar eine eigene Autobahnausfahrt für Hein, Lehmann geplant“, verrät Heinzen. Noch bis vor ein paar Jahren habe das entsprechende Schild in der Firma gestanden, bevor es entsorgt worden sei.
Mitte 1973 wurde in Zingsheim mit der Produktion von Drahtförderbändern begonnen, die für die Verbrennung von schwer belasteter Erde eingesetzt wurden. Mittlerweile wird neben den Kunststoffbändern der Verkaufsschlager der Firma in Zingsheim produziert: die Conidur-Bleche, die in den unterschiedlichsten Formaten und Lochungen für die Anforderungen der Kunden gefertigt werden. Viel wurde in den Standort investiert, so dass er zu den modernsten Betrieben der Unternehmensgruppe gehört.
Zur Expansion benötigt das Unternehmen mehr Mitarbeiter
Glänzende Aussichten also. Doch auch wenn es bisher noch keine Probleme gibt, macht der Fachkräftemangel den Verantwortlichen beim Blick in die Zukunft Sorge. Denn die Mitarbeiter sind so hochspezialisiert, dass es bis zu zwei Jahren Einarbeitungszeit braucht, bis sie vollständig in die Produktion integriert sind. „Eigentlich wollen wir in jedem Jahr einen Lehrling haben, aber in den letzten Jahren haben wir keine gefunden“, sagt Heinzen.
Die Firma stelle sich zwar regelmäßig auf den Job- und Ausbildungsmessen vor, doch welches Potenzial in der Firma stecke, sei wohl doch nicht bekannt. „Außerhalb von Zingsheim kennt uns kaum jemand“, so Heinzen. Was wohl daran liege, dass die Firma nicht an die Endkunden verkaufe, vermutet Hecker.
Dabei spreche einiges für den Betrieb. So handele es sich trotz der Größe der Holding um einen familiären Betrieb, was sich in der Bindung der Mitarbeiter widerspiegele. Elf Mitarbeiter seien über 25 Jahre im Betrieb, vier über 40 Jahre, verrät Hecker. Fast alle Mitarbeiter, die einmal bei Hein, Lehmann seien, blieben bis zur Rente – und arbeiteten sogar gern über das Renteneintrittsalter hinaus dort. Allein sechs Mitarbeiter seien nach ihrer Ausbildung zum Werkzeugmechaniker in Zingsheim geblieben.
Auch seien die Aussichten stabil und versprächen einen sicheren Arbeitsplatz: „Die Auftragsbücher sind voll“, so Hecker. Gerne würde die Firma expandieren, doch dafür seien weitere Mitarbeiter notwendig.
Das Unternehmen
Die Firma Hein, Lehmann entstand 1878, als der Kaufmann Max Hein und der Ingenieur Anton Lehmann gemeinsam eine Wellblechfabrik in Berlin-Reinickendorf führten.
Die heutige HL-Group ist inzwischen mit mehr als 1000 Mitarbeitern in 36 Gesellschaften weltweit tätig. Von den Standorten in Deutschland, den Vereinigten Staaten und Indien aus werden mehr als 6000 Kunden aus aller Welt beliefert.
Die Lochbleche, die unter dem Markennamen Conidur vertrieben werden, werden im Zingsheimer Gewerbegebiet veredelt und gefertigt – und in fast allen Zweigen der Industrie angewendet. „Zum Beispiel kommt fast jedes Babyessen von unseren Blechen“, verdeutlicht Standortleiter Jens Hecker die vielfältige Anwendbarkeit der Technologie. „Meist sind die Bestellungen grob definiert, und das Produkt wird mit dem Kunden entwickelt“, so Hallenleiter Sven Heinzen.