Kreis Euskirchen – Die Corona-Pandemie hat den Urlaub im eigenen Land aufleben lassen. Statt ferne Destinationen sind die Regionen direkt vor der Haustür Ziel vieler Reisenden geworden. Ein Geheimtipp ist die Eifel dabei jedoch nicht mehr. Immer mehr Touristen kommen in die Eifel – nicht immer zur Freude von Anwohnern, Tourismusbetrieben oder Kommunen. Nachhaltigkeit im Tourismus wird aus diesem Grund immer wichtiger. Deshalb hatte die Nordeifel Tourismus GmbH zusammen mit TourCert zum Nachhaltigkeitsworkshop eingeladen.
„Wir möchten das Thema Nachhaltigkeit in einem ersten Schritt in die Betriebe tragen und eine grobe Einführung und Sensibilisierung schaffen“, sagt Patrick Schmidder, Geschäftsführer der Nordeifel Tourismus. Die Nordeifel Tourismus hat sich schon im vergangenen Jahr das Thema Nachhaltigkeit auf die Agenda geschrieben und möchte, dass die Region als nachhaltiges Reiseziel zertifiziert wird. Dafür wurde bereits ein Beirat gegründet. Und derzeit werden unter anderem Mitarbeiter, Lieferanten und Kooperationspartner befragt zum Thema. Im Sommer sollen dann Partnerunternehmen gefunden werden, die das Thema bei sich umsetzen.
Corona und Flut führten zu Umdenken
Corona und die Flut haben bereits bei vielen Unternehmen zu einem Umdenken geführt, sagt Schmidder: „Ehemalige Tagungshotels wollen zum Beispiel eher zu Urlaubshotels werden. Und beim Aufbau nach der Flut versuchen viele, Materialien aus der Region zu verwenden, sofern möglich.“ Die Pandemie habe zu einem geänderten Freizeit- und Reiseverhalten geführt. Die Zielgruppe habe sich geändert – und damit auch die Ansprüche, so Schmidder.
Das merken auch die Übernachtungsbetriebe und versuchen, nachhaltiger zu werden: Statt einzeln abgepackte Butterpäckchen können sich die Gäste aus einem großen Gefäß ihre benötigte Butter unverpackt mitnehmen. Was am Anfang zum Teil noch auf Irritationen wegen der angeblich mangelnden Hygiene stieß, sei mittlerweile akzeptierter, sagen die Betriebe.
Wertewandel
Klimaschutz sei nur ein Faktor von Nachhaltigkeit, sagt Petra Knopp von TourCert. Auch Geschlechtergerechtigkeit oder die Ausbildung von Fachkräften gehören dazu. Die gemeinnützige Organisation TourCert hat sich zur Aufgabe gemacht, ökologische, ökonomische und soziale Unternehmensverantwortung im Tourismus zu fördern. Und die Nachfrage wächst spätestens seit Corona – vor allem in Deutschland. „Wir brauchen einen Wertewandel“, sagt Knopp.
Denn die Pandemie hat auch in Teilen von Deutschland zu einem sogenannten „Overtourism“ geführt, also offen zutage tretenden Konflikte zwischen Einheimischen und Besuchern an stark besuchten Zielen. Noch sei es in der Eifel nicht so weit, sagt Knopp. Aber Ereignisse wie der Winter 2020/21 zeigen, was zu viele Touristen in den Regionen bedeuten. (jes)
Das Kurparkhotel in Euskirchen versucht, beispielsweise über regionale Produkte wie selbst gemachte Marmeladen, den Umstieg auf LED-Lampen, Ladesäulen für E-Autos und die Sensibilisierung der Gäste, dass Zimmer während des Aufenthalts nur nach Bedarf zu reinigen, nachhaltiger zu werden. Buchungen, die nur über eine Nacht gehen, seien online nicht mehr möglich, so Michaela Neumann vom Kurparkhotel. Damit sollen ebenfalls Ressourcen geschont werden, weil Bettwäsche und Handtücher so nicht nur einmal genutzt werden. Langfristig soll auch die Heizung überarbeitet werden, damit sie sich selbst abschaltet, wenn die Fenster aufgemacht werden, um Energie zu sparen.
Lebensmittelverschwendung mit App entgegenwirken
Der Krewelshof in der Eifel verzichtet beispielsweise in seinen Außenmülltonnen auf Plastiktüten, sagt Danielle Bieger: „Klar wäre das einfacher und schneller mit Plastiktüten, weil die Tonnen nicht schmutzig werden. Aber wir möchten Plastik einsparen.“ Mit der App „TooGoodToGo“ versucht der Hof weniger Essen wegzuwerfen und stattdessen für wenig Geld abzugeben. Wobei sich Bieger wünschen würde, dass mehr Nutzer ihre eigenen Behälter mitbringen und für das Essen nicht wieder Einmalverpackungen verwendet werden müssten.
Die Teilnehmer an dem Seminar stellen aber auch klar: Ein kleiner Landgasthof oder Ferienwohnungen auf dem Land, wie die von Iris Victor aus Monschau, können Nachhaltigkeit besser umsetzen als Hotels, die überwiegend Geschäftsleute und Monteure beherbergen, denn das Klientel sei ein ganz anderes.
Nachhaltigkeit betrifft aber nicht nur regionale Produkte und Müllvermeidung, auch Energiesparen und erneuerbare Energien, beispielsweise von Windrädern, seien ein Thema. In der Eifel gehören sie mittlerweile mit zur Landschaft, sagen einige der Teilnehmer. Die Touristen störten sich nicht daran, sagt auch Schmidder: „Im Gegenteil: Es gibt eine Studie, die das untersucht hat. Außerdem herrscht großes Interesse, wenn beispielsweise Führungen angeboten werden.“ Die Energiewende werde es ohne die Windräder nicht geben, so Schmidder. Aber man müsse mit Augenmaß handeln und dürfe die Landschaft nicht damit vollstellen.