Landwirtschaft im Kreis Euskirchen„Ich kenne fast jeden Hof in der Eifel“
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Kreis Euskirchen – Den 24. Oktober 2014 wird Sebastian Bützler so schnell nicht vergessen. Der staatlich geprüfte Landwirt, der zusammen mit seinem Vater Peter bei Hohn einen Aussiedlerhof betreibt, war an diesem Freitag mit Reparaturarbeiten an einem Zaun beschäftigt, als ihm plötzlich ein Stacheldraht ins rechte Auge sprang. Bützlers Pupille wurde beschädigt, trotz schneller Hilfe im Krankenhaus ist die schwere Verletzung bis heute nicht ausgeheilt.
Neben der Sorge um die Gesundheit drückte ihn eine weitere Bürde: Denn in den Stallungen auf dem Bützler-Hof stehen 200 Milchkühe sowie 200 Kälber. All diese Tiere müssen regelmäßig versorgt werden. Trotz moderner Technik wie computergesteuerter Fütterung und Melk-Robotern könnte sein Vater die ganze Arbeit unmöglich alleine leisten.
Doch Hilfe war schnell gefunden. Denn die Kreisbauernschaft vermittelt in solchen Fällen Betriebshelfer (siehe „Der Bedarf steigt“). Bereits am Dienstag nach dem Unfall stand ein ausgebildeter Landwirt aus dem Kreis Kleve auf dem Hof in Hohn. Er blieb bis Jahresende und schlief während dieser Zeit in einer Pension in Nöthen. Dann musste er zu einer Weiterbildung.
Mit Jahresbeginn trat dann Rolf Dahmen aus Zingsheim seinen Dienst auf dem Bützler-Hof an. Der 51-jährige Landwirt betreibt auf der Kartsteinhöhe einen kleinen Hof im Nebenerwerb. Elf Milchkühe stehen in seinem Stall, dazu ein paar Kälbchen. „Das ist zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel.“ Er hat gerade mal 14 Hektar Land. Zum Vergleich: Zum Bützler-Hof gehören 205 Hektar Dauergrünland sowie 20 Hektar Mais.
„Ich kenne mittlerweile fast jeden Hof in der Eifel“, erzählt Dahmen. Pferdezucht, Ackerbau und Milchwirtschaft: In nahezu allen landwirtschaftlichen Disziplinen half er schon aus. Durchschnittlich bleibt er rund vier bis sechs Wochen auf einem Hof, dann wartet bereits der nächste Betrieb auf ihn. „Einmal war ich sogar vier Monate auf einem Hof“, erinnert sich der Betriebshelfer. Ein Bauer hatte einen Bandscheibenvorfall, er musste operiert werden und ging anschließend noch in eine Reha.
„Mir macht die Arbeit großen Spaß, denn Landwirtschaft ist meine Welt“, sagt Dahmen voller Überzeugung. Seine mit Schwielen überzogenen Hände beweisen, dass er die Wahrheit spricht. „Ich liebe den Umgang mit Tieren und die Bedienung der Maschinen“, ergänzt er. Zu den Vorteilen von Dahmens Arbeit gehört auch, dass regelmäßig ein festes Gehalt auf sein Konto fließt, mit dessen Höhe er sehr zufrieden ist. Welcher Landwirt behauptet das sonst von sich?
„Man lernt viel und hat immer Abwechslung“, berichtet der Zingsheimer. Auch Sebastian Bützler ist hoch zufrieden. „Wie man mit Kühen umgeht, das weiß jeder Landwirt.“ Da aber jeder Betrieb etwas anders arbeite, dauere es etwa zwei, drei Tage, bis die Betriebshelfer voll einsatzfähig seien. „Er arbeitet gewissenhaft und denkt mit“, lobt er seinen Vertreter.
An den Kosten für den Betriebshelfer muss sich Bützler mit zehn Euro pro Tag beteiligen. „Das ist aber gut angelegtes Geld“, findet er. Denn die Tiere müssten gut versorgt werden, ansonsten sei die Existenz des Betriebes gefährdet. „Nur Kühe, die gut behandelt werden, geben auch viel Milch.“ Jede einzelne der 200 Kühe auf seinem Hof gibt rund 11 000 Kilogramm Milch im Jahr.
„Wenn es drauf ankommt, ist der Zusammenhalt unter den Landwirten groß“, sagen beide. In Krankheitsfällen helfe auch schon mal ein Nachbarbetrieb aus. Doch dies sei für eine längere Zeit keine Lösung. Als in der Nachbarschaft ein Landwirt starb, guckte Sebastian Bützler dort für einige Zeit nach dem Rechten.
Gibt es unter Landwirten eigentlich so etwas wie Geheimrezepte oder Tricks, die auf keinen Fall weitergesagt werden dürfen? „Nein“, sagen beide Fachleute unisono: „Im Prinzip arbeiten zum Beispiel alle Viehhalter nach den gleichen Grundsätzen, die allgemein bekannt sind, weil sie zum Beispiel in Fachzeitschriften veröffentlicht wurden.“
Aber eines lernt der Reporter doch noch: Rolf Dahmen gehört zu der Spezies der „Mondscheinbauern“. Denn früh morgens guckt er nur kurz nach seinem Vieh. Erst wenn er abends nach Hause kommt, geht dort die Arbeit so richtig los.