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Elektrifizierung der BahnSchienennetz im Kreis Euskirchen wird bald unter Strom gesetzt

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Bernd Kolvenbach (Vorsitzender der Verbandsversammlung von go.Rheinland), Dr. Marcus Schenkel (Leiter Infrastrukturprojekte West der DB), NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer und Dr. Norbert Reinkober stehen vor der Baustelle einer Brücke und halten Tafeln mit den Aufschriften„ Startschuss“und „Elektrifizierung“ sowie mit einem gemalten Zug und einer gemalten Zugstrecke samt Stromleitung in den Händen.

„Ein historischer Tag“: Bernd Kolvenbach (Vorsitzender der Verbandsversammlung go.Rheinland), Dr. Marcus Schenkel (Leiter Infrastrukturprojekte West der DB), NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer und Dr. Norbert Reinkober (go.Rheinland) beim Startschuss der Elektrifizierung.

Ab Dezember sollen die 400-Millionen-Euro-Maßnahmen an Erfttalbahn, Eifel- und Voreifelstrecke starten. Es gibt auch einen Wermutstropfen.

Bernd Kolvenbach erinnert sich: 1980 oder 1981 habe er als Neuling der CDU-Kreistagsfraktion in Euskirchen eine Resolution zur Abstimmung auf dem Tisch liegen gehabt. Es ging um die Elektrifizierung der Eifelstrecke, die der Kreistag damals mit Nachdruck forderte.

Kaum 43 Jahre später ist es nun so weit: Am Montagmittag fiel in Bad Münstereifel der offizielle Startschuss. Das Schienennetz, das in den Kreis Euskirchen hinein-, hinaus- und durch ihn führt, wird unter Strom gesetzt, sodass die mit Diesel betriebenen Züge zu Auslaufmodellen werden. E-Loks sind stattdessen im Kommen, ab Dezember 2026 sollen sie hierzulande fahren können: umwelt- und klimafreundlich, aber auch leistungsstärker. So versprechen es die Verantwortlichen.

Der Wiederaufbau wird so mit einer modernen, zuverlässigen Antriebswende verknüpft.
Oliver Krischer, NRW-Verkehrsminister

Mit ihrer Sprintfähigkeit könnten sie nämlich Verzögerungen besser ausgleichen, sagt Dr. Norbert Reinkober, der Geschäftsführer von go. Rheinland (früher Nahverkehr Rheinland). Der dann mögliche S-Bahn-Verkehr mache zudem eine bessere Taktung möglich.

Wenn das kein Grund zum Feiern ist! Die regional-politische Prominenz, Vertreter der DB AG, von go.Rheinland und NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) waren nach Bad Münstereifel gekommen, um dabei zu sein. Ende Dezember soll der Ausbau beginnen.

Es müssen auch genug E-Züge vorhanden sein

„Wir müssen schauen, dass wir dann auch genügend E-Züge haben“, sagte der Verkehrsexperte der Euskirchener SPD-Kreistagsfraktion, Hans Schmitz, der neben Kolvenbach den Kreis seit Jahren in der Verbandsversammlung von go.Rheinland vertritt. Doch er sei zuversichtlich, so Schmitz.

Freude und Zuversicht bestimmten ohnehin weitgehend die Veranstaltung auf dem Rewe-Parkplatz, wenn da nicht ein kleiner Wermutstropfen zu verkünden gewesen wäre: Die Züge werden nun doch nicht wie geplant ab Dezember 2023 wieder nach und von Bad Münstereifel aus rollen, sondern erst ab März 2024 – eben wegen der im Dezember startenden Arbeiten für die Elektrifizierung.

Diese Mitteilung stieß dann auch einigen Gäste, zuvorderst naturgemäß der Bad Münstereifeler Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian, etwas bitter auf, doch die Redner schalteten schnell wieder in den Freudemodus.

Bad Münstereifeler Bürgermeisterin Preiser-Marian war kurz irritiert

Ein „Kraftakt“ von Kommunen, Land und Bund sei gelungen, sagte Krischer. Insgesamt werden rund 113 Kilometer Schiene unter Strom gesetzt und 2600 Oberleitungsmaste eingerichtet. Die Mittel kommen aus dem GFVG-Programm (Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz). Der Bund stellt 360 Millionen Euro zur Verfügung, das Land NRW beteiligt sich mit rund 40 Millionen Euro.

Nach der Flut hätten, so Krischer, alle Beteiligen erkannt: „Der Wiederaufbau kann zugleich genutzt werden, um die Strecke aufzuwerten.“ Vor der Flut sahen die Pläne eine Elektrifizierung frühestens in den 30er-Jahren vor. Früher, so der Minister, sei über Stilllegungen von Strecken diskutiert worden, nun werde aufgebaut und gleichzeitig die Antriebswende auf die Schiene gebracht – für den Grünen Krischer also ein Tag der Freude.

„Überglücklich“ ist nach eigenen Bekunden auch go.Rheinland-Geschäftsführer Dr. Norbert Reinkober: „Bereits in wenigen Jahren werden hier elektrisch angetriebene Züge eingesetzt werden können“, zeigte er auf die Schienen hinter sich. Die würden der Qualität im Betrieb einen ordentlichen Schub verleihen und für mehr Zuverlässigkeit sorgen. „Besonders betonen möchte ich, dass im Zuge der Elektrifizierung mehrere Bahnhöfe barrierefrei ausgebaut werden“, so Reinkober.

NRW-Minister Oliver Krischer gab freudestrahlend den Startschuss

Dr. Marcus Schenkel, Leiter Infrastrukturprojekte West bei der DB, sprach von einem „Signal der Hoffnung für all die Menschen, die immer noch unter den Schäden der Flutkatastrophe leiden“. Bund und Land hätten unbürokratisch die Mittel zur Verfügung gestellt, damit die Bahn für die Region umweltfreundliche Elektromobilität auf der Schiene bauen können. Und dann sagte er den Satz, den ein Energieversorger möglichst meiden sollte, aber aus dem Mund einer DB-Führungskraft für strahlende Gesichter sorgt: „Der Strom wird zur Strecke gebracht.“

Kolvenbach sprach in seiner Funktion als Vorsitzender der Zweckverbandsversammlung von go.Rheinland von einem „historischen Tag“ und dankte den Mitgliedern von Landtag und Bundestag sowie Minister Krischer. Ihnen sei es gelungen, „den bürokratischen Stau, der entstanden war, in kürzester Frist aufzulösen“ – anders als beim Deutschlandticket, so Kolvenbach mit einem schelmischen Lächeln in Richtung Krischer.

Der Strom wird zur Strecke gebracht.
Dr. Marcus Schenkel

Wie geht es nun weiter? Den Anfang der Elektrifizierung macht laut Deutscher Bahn nach dem Wiederaufbau noch in diesem Jahr die durch die Hochwasserkatastrophe 2021 verwüstete Erfttalbahn zwischen Euskirchen und Bad Münstereifel. Bis Mitte nächsten Jahres folgen die Voreifelbahn von Bonn nach Euskirchen und die Eifelstrecke auf dem NRW-Abschnitt von Hürth-Kalscheuren bis Nettersheim. Hier die Pläne im Einzelnen:

Zwischen Hürth und Nettersheim werden 220 Millionen Euro investiert

Eifelstrecke (RB 24, RE 22, RE 12): 220 Millionen Euro kostet nach jetzigem Stand die Elektrifizierung zwischen Hürth-Kalscheuren und Nettersheim (die dann im Land Rheinland-Pfalz bis Trier-Ehrang fortgeführt wird). Im Juni 2024 solle es mit den vorbereitenden Maßnahmen losgehen, etwa Kampfmittelsondierung und Baugrunduntersuchungen).

Ab Ende 2026 soll der E-Betrieb dann startklar sein. 65 der 164 Kilometer befinden sich auf dem Gebiet Nordrhein-Westfalens, 1500 neue Maste und 130 Kilometer Kettenwerk/Fahrdraht (Oberleitungen) werden errichtet. Zudem stehen der Neubau der Brücke „Zum Sommerberg“, die Anpassung des Kaller Tunnels und der Betriebsstelle Euskirchen auf dem Programm.

Erfttalbahn (RB23): Im Dezember dieses Jahres soll der Baubeginn für die Elektrifizierung sein, drei Jahre später könnten E-Züge die Dieselloks ablösen. Rund 20 Millionen Euro werde es kosten, um unter anderem auf den 14 Kilometern zwischen Euskirchen und Bad Münstereifel 250 Maste und 15 Kilometer Kettenwerk /Fahrdraht (Oberleitung) zu errichten. Am Ende wird dann aus der RB 23 die S 23.

Voreifelbahn (S23/R23): Die bauvorbereitenden Arbeiten auf der Strecke zwischen Bonn und Euskirchen sind seit September im Gange. Zwischen Bonn und Rheinbach fährt bereits die S-Bahn. Die 33 Kilometer sollen Ende 2026 vollständig elektrifiziert sein. Neue Oberleitungsanlagen in einer Länge von 35 Kilometern, 850 neue Maste samt Gründung, 65 Kilometer Kettenwerk/Fahrdraht und die Neubauten der „Schwarzen Brücke“, der Brücke „Meßdorfer Feld“ und der Brücke „Kottenforststraße“ sehen die Pläne vor – zum veranschlagten Gesamtpreis von rund 100 Millionen Euro.


Deutsche Bahn informiert die Bürger am Mittwoch in Euskirchen

Zum Bürgerdialog über die Pläne zur Elektrifizierung von Erfttalbahn, Voreifelbahn und Eifelbahn lädt die Deutsche Bahn für Mittwoch, 25. Oktober, 17 bis 20 Uhr, in den Office Park in Euskirchen, Thomas-Eßer-Straße 86, ein.

An Infoständen zu verschiedenen Themen rund um die Elektrifizierung gibt das Projektteam tiefere Einblicke in das Vorhaben und stellt unter anderem ein neues Konzept zur Bahnstromversorgung vor. Eine vorherige Anmeldung ist nicht nötig.