Ab dem 1. Juli 2024 müssen auch Lastwagen ab 3,5 Tonnen Gesamtgewicht die Lkw-Maut zahlen. Für Handwerker gibt es Ausnahmen.
Lkw-MautpflichtChef der „rollenden Supermärkte“ sieht Versorgung in der Eifel gefährdet
In vielen kleinen Dörfern in der Eifel und im Rheinland gehören die „rollenden Supermärkte“ der Firma Heiko oder von anderen Anbietern zum vertrauten Ortsbild: Einmal in der Woche versorgen die Lieferwagen ihre Kunden mit frischen Lebensmitteln. „Speziell in den Orten, in denen es gar keine Geschäfte oder Bäckereien mehr gibt, übernehmen wir einen wichtigen Teil der Versorgung – vor allem natürlich für ältere Menschen, die selbst nicht mehr so mobil sind“, sagt Heiko-Fahrer Joachim Nolte aus Kall, der seit rund neun Jahren für das Eifeler Unternehmen arbeitet.
Doch Firmenchef Oliver Hofrath sieht eine existenzgefährdende Lage auf sein Unternehmen zukommen, das seinen Sitz im rheinland-pfälzischen Neuendorf bei Prüm hat: „Die neue Lkw-Maut, die ab dem 1. Juli auch für Fahrzeuge zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen anfällt, wird bei uns Kosten in Höhe von rund 250.000 Euro pro Jahr verursachen.“ Bislang wurde die Maut erst für Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen fällig.
„Versorgung der Leute in ihren eigenen vier Wänden steht auf der Kippe“
Sich dieses Geld von den Kunden zurückzuholen, empfindet er jedoch als ausgesprochen schwierig: „Hier bei uns im Landkreis Bitburg-Prüm haben wir zum Beispiel bundesweit die geringsten Renten – da können wir nicht einfach so die Preise erhöhen“, sagt Hofrath im Gespräch mit dieser Redaktion: „Damit steht die Versorgung der Leute in ihren eigenen vier Wänden auf der Kippe.“
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Grundsätzlich gilt die Lkw-Maut ab dem 1. Juli für alle Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen – aber es gibt Ausnahmen: Feuerwehr- und Polizeifahrzeuge, Fahrzeuge des Schausteller- und Zirkusgewerbes sowie „Fahrzeuge im Straßenunterhaltungs- und Betriebsdienst“ müssen nicht zahlen. Fahrzeuge von Handwerkern können auf Antrag von der Mautpflicht, die auf allen Autobahnen und Bundesstraßen gilt, befreit werden. Auch Verkaufswagen wie die der Firma Heiko sind, wie es vom Mautbetreiber Toll Collect heißt, grundsätzlich mautpflichtbefreit.
Allerdings nur, solange sie nicht zum Verkauf genutzt werden. Sobald zum Beispiel Fahrer Joachim Nolte morgens die Lebensmittel in sein Auto geladen hat und losfährt, handelt es sich um „eine geschäftsmäßige Beförderung von Gütern für eigene Zwecke“. Und dann gelte die Mautpflicht in Höhe von 20 Cent pro Kilometer. Im Gegensatz dazu wäre eine Fahrt vom Heiko-Betriebsgelände bei Prüm über die B51 zur nächsten Autowerkstatt nicht mautpflichtig.
„Heiko“ gilt als Erfinder der rollenden Lebensmittelmärkte in der Eifel
Die Firma Heiko, bereits seit 1950 im Geschäft und damit quasi der „Erfinder“ der rollenden Lebensmittelmärkte, ist in besonderer Weise von der Mautpflicht betroffen, denn die Wege zu den Kunden sind lang. 150 Menschen arbeiten für das Unternehmen, 68 Transporter sind an sechs Tagen die Woche mit ihren Waren unterwegs. „In einem Luftlinien-Radius von gut 100 Kilometern“, sagt Heiko-Chef Oliver Hofrath. Rund 2,5 Millionen Kilometer legen die Firmenfahrzeuge dabei pro Jahr insgesamt zurück. „Geschätzt etwa die Hälfte davon führt über Bundesstraßen und Autobahnen.“
Hofrath beklagt aber nicht nur die hohen Zusatzkosten, sondern auch, dass es in anderen europäischen Ländern abweichende Regelungen gebe. Und das, obwohl es sich bei der Umsetzung der Mautpflicht um eine Vorgabe der EU handele. „Über unseren Verband habe ich erfahren, dass in Österreich und Tschechien bereits Ausnahmeregelungen für unsere Branche erlassen worden sind.“ So etwas wünscht sich Hofrath nun auch für Deutschland.
Mautpflicht betrifft auch Hilfsgütertransporte und die Tafeln
Der Bitburger CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Schnieder unterstützt das in seinem Wahlkreis liegende Unternehmen bei dieser Forderung. „Unter die Ausweitung der Maut fallen darüber hinaus auch gemeinnützige Organisationen aus der Eifel“, ergänzt Schnieder: „Hilfsgütertransporte sind ebenso betroffen wie die Tafeln, wenn sie mit ihren Fahrzeugen Lebensmittelspenden einsammeln.“
Wolfgang Weilerswist, Vorsitzender der Mechernicher Tafel, bestätigt das: „Allerdings haben die Tafeln im Kreis Euskirchen derzeit keine Fahrzeuge, die schwerer als 3,5 Tonnen sind. Der Landesverband hingegen hat solche Lastwagen.“ Der Bundesverband der Tafeln sei in dieser Sache aktiv geworden, um ebenfalls eine Ausnahmeregelung zu erreichen, hat der Mechernicher erfahren.
CDU-Abgeordneter: Union bereitet Entschließungsantrag im Bundestag vor
Zurück zu den Verkaufsfahrzeugen: In den vergangenen Wochen habe Schnieder sich deswegen mit mehreren Anfragen an die Bundesministerien für Verkehr und Landwirtschaft gewandt und die Verantwortlichen aufgefordert, für rollende Lebensmittelmärkte und gemeinnützige Organisationen eine Befreiung von der Maut zu erreichen, so der Bundestagsabgeordnete: „Die Antworten der Regierung sind mehr als ernüchternd.“ Die Ampel halte an den Mauterhöhungen fest und komme den betroffenen Branchen keinen Zentimeter entgegen.
„Damit zeigt die Bundesregierung erneut, wie gering ihr Interesse am ländlichen Raum, den dortigen Unternehmen und den Menschen abseits der hippen Großstadtzentren ist“, schreibt Schnieder in den Sozialen Netzwerken: „Als Unionsfraktion bereiten wir einen Entschließungsantrag vor, mit dem wir die Regierung auffordern werden, weitere Ausnahmetatbestände von der Mautpflicht zu etablieren.“
Ab 1. Juli 2024: Lkw-Maut für Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen
„Am 1. Juli 2024 wird die Mautpflicht für Fahrzeuge mit einer technisch zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen eingeführt“, informiert der Maut-Betreiber Toll Collect. Betroffen sind Fahrzeuge, die für den Güterkraftverkehr bestimmt sind oder dafür verwendet werden. Gespanne sind nur mautpflichtig, wenn das Zugfahrzeug mehr als 3,5 Tonnen auf die Waage bringt. Bislang lag die Grenze bei 7,5 Tonnen.
Handwerksbetriebe können betroffene Fahrzeuge von der Mautpflicht befreien lassen. Das gilt jedoch nicht für Betriebe des Garten- und Landschaftsbaus: „Weil die Firmen unserer Branche nicht in die Handwerksrolle eingetragen sind, gilt die Befreiung nicht für uns“, sagt der Kaller Unternehmer Mike Breitegger: „Das wird für uns einen erheblichen Kostenanteil ausmachen.“