In Euskirchen könnten sich Berufsschule und BZE einen Campus teilen. Große Pläne gibt es auch für das Berufskolleg Eifel in Kall.
Neues GutachtenDarum droht dem Thomas-Eßer-Berufskolleg in Euskirchen der Komplettabriss
Kommt nun die Rolle rückwärts? Wird aus dem Wiederaufbau doch ein Neubau? Das Thomas-Eßer-Berufskolleg (TEB) in Euskirchen könnte nun doch auf der „grünen Wiese“, genauer gesagt zwischen Euskirchen und Euenheim im Bereich der Bundeswehr, neu gebaut werden. Der Grund der Überlegungen: mögliche Synergien mit dem Berufsbildungszentrum Euskirchen (BZE).
Das BZE mit seinem Standort in Euenheim war, genau wie das TEB, stark von der Flutkatastrophe betroffen. BZE-Chef Jochen Kupp bemüht sich derzeit intensiv um Fördermittel, um das BZE im Bereich der Straße „An der Katzenhecke“ (gegenüber der Tankstelle an der Kommerner Straße) in Euskirchen komplett neu zu errichten. 75 Millionen Euro soll das Projekt „Zukunftswerkstatt“ kosten. Die NRW-Landesregierung will mit 67 Millionen unterstützen.
TEB: Rückbau des ersten Gebäudes schon im Herbst abgeschlossen
Der bei der Flut entstandene Schaden an den Berufskollegs in Euskirchen und in Kall beläuft sich nach Angaben des Kreises auf mehr als 150 Millionen Euro. Erste Sanierungsarbeiten sind abgeschlossen, andere in vollem Gange, weitere mühselig angeleiert worden. So sind im Gebäude C des TEB die Fenster auf allen Etagen entfernt. Der Rückbau soll nach Angaben des Kreises in diesem Jahr abgeschlossen sein. Die 80 doppelflügeligen Fenster mit Oberlichtern hat der Kreis versteigert und 16.000 Euro dafür erhalten.
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Doch wie geht es nach dem Rückbau dieses Bereichs weiter? Wie Achim Blindert, Wiederaufbaukoordinator beim Kreis Euskirchen, sagt, werde gerade in alle Richtungen überlegt, gerechnet und geplant. Denn nicht nur am Trakt C ist eine Menge zu tun. Ein Rückbau des Trakts A, das Gebäude an der Georgstraße, ist ebenfalls sehr wahrscheinlich.
Kreis Euskirchen erhält sehr ernüchternde Nachricht
Und auch die Zukunft des Kernstücks des TEB, der Trakt B, steht in den Sternen. Der Grund: die Erdbebensicherheit. Ähnlich wie bei der Steinbachtalsperre ist die Erdbebensicherheit nach heutigen Vorgaben laut Blindert nicht mehr gegeben. Diese Nachricht sei „sehr ernüchternd“ gewesen.
Aufgekommen sei diese Problematik durch das Planungsbüro und dessen Experten, die sich um den Wiederaufbau kümmern. Im Rahmen des Wiederaufbaus soll, so Blindert, das gesamte Berufskolleg mit modernen Lernlandschaften ausgestattet werden. Für diese Umgestaltung sei eine neue Baugenehmigung nötig – inklusive Erdbebensicherheit nach aktuellem Stand.
„Wir können das Gebäude Stockwerk für Stockwerk aussteifen. Technisch ist das möglich, aber es wird irgendwann eine Frage der Wirtschaftlichkeit“, erklärt Blindert. Entsprechend sei die Frage nach einem Neubau aufgekommen.
Die Arbeitsgruppe Wiederaufbau habe nun festgelegt, „dass mögliche Synergien eines gemeinsamen Standorts des TEB und des BZE geprüft werden und die Verortung der beiden Einrichtungen entweder an der Kommerner Straße oder an dem Standort neben der Kaserne untersucht werden sollen“, heißt es in der Vorlage für die Sitzung des Bildungsausschusses des Kreises, der an diesem Dienstag, 3. September, um 17 Uhr im Kreishaus tagt.
Machbarkeitsstudie soll schon im November vorliegen
Das Problem: Baurecht besteht bisher nur am jetzigen Standort des TEB. Für den möglichen Standort „An der Katzenhecke“ muss laut Kreis noch Planungsrecht geschaffen werden. Die Verwaltung stehe diesbezüglich im „engen Austausch“ mit der Stadt Euskirchen.
Der Kreis hat nach eigenen Angaben eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse sollen bis zum 15. November vorliegen und im Planungsausschuss vorgestellt werden. In der Studie soll unter anderem geprüft werden, ob die Flächenbedarfe der beiden Schulen an den jeweiligen Standorten abgebildet, welche Synergien genutzt werden können und welche Rahmenbedingungen eingehalten werden müssen, um Förderungen zu erhalten.
Mögliche Synergien wären die Kfz-Werkstätten, eine Aula, eine Kantine oder Mensa. Nach aktuellen Planungen würde beides im BZE und im wiederaufgebauten TEB neu entstehen – Luftlinie gerade einmal 500 Meter voneinander entfernt.
Der Wiederaufbau des vorgelagerten B-Trakts im Bereich des Veybachs hat bereits vor Monaten begonnen und sollte im Idealfall bis zum Beginn des neuen Schuljahres abgeschlossen sein. Dieser Idealfall ist nicht eingetreten. Die Fertigstellung verzögert sich laut Kreis bis mindestens in die Herbstferien. So lange nutzt das TEB den Gymnastikraum. Dann soll die neue, offene Lernlandschaft fertig sein.
Berufskolleg Eifel in Kall: Küchenscheune in Planung
Doch nicht nur am Standort in Euskirchen beschäftigt sich der Kreis gerade mit dem Wiederaufbau. Auch das Berufskolleg Eifel (BKE) in Kall bereitet den Verantwortlichen Kopfschmerzen. Dort sind unter anderem avisierte Bildungsgänge nicht zustande gekommen. Aber auch die nach der Flut noch nicht wieder aufgebauten Lehrküchen machen sich negativ im Schulalltag bemerkbar.
Insgesamt sind mehr als drei Jahre nach der Flut noch nicht alle Bildungsgänge wieder am eigentlichen Standort in Kall. Die Ausbildung findet laut Kreisverwaltung in teils weit voneinander entfernten Einrichtungen statt. Die Entfernungen seien für Schüler und Lehrer eine „erhebliche Herausforderung“. Die vorgezogenen Baumaßnahmen sollen den „sinkenden Schülerzahlen und dem Abgang der Lehrerschaft“ entgegenwirken.
Drei Jahre nach der Flut: Noch keine Duschen im Bereich der Sporthalle
So sollen nun nicht nur die Küchen möglichst schnell hergestellt werden, sondern auch die Wege zum Berufskolleg Eifel (eine Brücke über den Kallbach ist seit drei Jahren nicht nutzbar), eine Stützmauer und die Sanitäranlagen im Bereich der Sporthalle. Duschen oder Umkleidemöglichkeiten gibt es laut Kreis nach wie vor nicht, auch wenn die Sporthalle selbst wieder genutzt werden kann.
Zurück zu den Lehrküchen, die vom Planungsbüro gerne als Kochscheune bezeichnet werden. Ein Wiederaufbau im Bestand des BKE ist laut Blindert aus vielerlei Gründen nicht möglich. In Verbindung mit den Auflagen des Wiederaufbaus seien beispielsweise kritische Infrastrukturen und technische Anlagen, einschließlich der Lehrküchen nicht mehr im Gefahrenbereich Erdgeschoss unterzubringen.
Zudem seien besonders bei den Lehrküchen hohe Raumhöhen erforderlich. Notwendige, moderne Lüftungsanlagen und weitere technische Gebäudeausstattung seien im Bestand nur schwer bis gar nicht wirtschaftlich unterzubringen. Die Verortung der Anlagen im Bestandsgebäude werde durch aktuelle Baustandards in den Bereichen Lüftungstechnik, Brandschutz und Raumakustik zusätzlich erschwert. Und die Installationen im Obergeschoss würde die Statik des BEK an ihre Grenzen bringen.
Entsprechend habe das Planungsbüro die Idee mit Leben gefüllt, auf dem Parkplatz in Richtung Aachener Straße ein neues Gebäude mitsamt Lehrküchen zu bauen. „Das Auslagern der Küchenbereiche in einen separaten Neubau würde die Präsenz des BKE im öffentlichen Raum stärken und eine zentrale Anlaufstelle sowie Informationspunkt an der Aachener Straße schaffen“, sagt Blindert. Zudem soll die Lehrküche ins Quartier einbezogen und für externe Nutzungen geöffnet werden, um die Verbindung zur Nachbarschaft zu fördern.
„Wir haben von der Politik den Auftrag, zwei attraktive Berufskollegs zu schaffen. Diesen Auftrag verfolgen wir intensiv weiter“, so Blindert. Er hofft, dass im kommenden Jahr der Spatenstich für die „Küchenscheune“ stattfinden kann. Die sei nämlich für mehrere Bildungsgänge wichtig, etwa die Berufsfachschule Ernährung und Hauswirtschaft, die die Grundlage für den Ausbildungsberuf der Köchinnen und Köche bildet.
Hinzu kommen laut Blindert „enorme soziale und erzieherische Aspekte, die gerade in der Ausbildungsvorbereitung und den Internationalen Förderklassen äußerst wichtig sind“. Gemeinsames Kochen und Essen ermögliche Kommunikationsanlässe, besonders für die Schulsozialarbeit.
Zwei Bildungsgänge sind am Berufskolleg Eifel nicht zustande gekommen
Offene Lernlandschaften, multifunktionale Räume, Mensa, Grünes Klassenzimmer, neue Ausbildungsgänge in Kall und Euskirchen – die Berufsschulen im Kreis Euskirchen sollen modern und zukunftsorientiert werden. Erklärtes Ziel des Trägers und der Schulleiter ist es, die Berufskollegs zu einem Ort zum Wohlfühlen zu machen – für Schüler und Lehrer.
Bis es so weit ist, muss teilweise noch improvisiert werden. Aber es werden schon neue Dinge in Angriff genommen – beispielsweise Bildungsgänge, die es bisher am Berufskolleg Eifel (BKE) in Kall nicht gegeben hat. Aber aller Anfang ist schwer – das müssen aktuell die Verantwortlichen im Kreis und am BKE feststellen. So starten die geplanten Bildungsgänge Berufsfachschule I und II Ernährung und Versorgung wegen der Unterschreitung der Mindestzahl von Schülern am Berufskolleg Eifel in diesem Schuljahr nicht.
Der Bildungsgang „PIA Kinderpflege“ wird ebenfalls nicht an den Start gehen, weil sie sich Kall zu wenige Interessenten angemeldet hatten. Die Schüler, die sich am BKE angemeldet haben, werden in diesem Schuljahr am Thomas-Eßer-Berufskolleg in Euskirchen unterrichtet. Damit sind aktuell in Euskirchen drei neue Klassen mit 36 Schülern angelaufen. Weil aber drei Klassen „PIA Kinderpflege“ am TEB nicht vorgesehen sind, muss nach Angaben des Kreises die Erhöhung der Zügigkeit bei der Bezirksregierung Köln beantragt werden.
Neuer Bildungsgang am TEB startet im kommenden Schuljahr
Der Bildungsgang Wirtschaft und Verwaltung ist in Kall gestartet. Laut Kreis werden aktuell 24 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Auch 24 Verwaltungsfachangestellte werden seit dem Sommer am BKE ausgebildet. Am Berufskolleg in Euskirchen sind zudem die Bildungsgänge „Fachkraft Lagerlogistik“ und „Fachlagerist“ sowie die Berufsfachschulen Wirtschaft und Verwaltung sowie Ingenieurtechnik gestartet.
Des Weiteren wird der Kreis bei der Bezirksregierung Köln den Bildungsgang „Berufsfachschule für Ingenieurstechnik Anlage C“ beantragen. An den Start gehen soll er ab dem Schuljahr 2025/26. „Viele Jugendliche wissen noch nicht, worauf sie sich spezialisieren wollen – ob Holz, Metall oder Elektro. Bei dem Bildungsgang starten sie allgemein, probieren sich aus und können sich dann spezialisieren“, sagt Birgit Schlemmer, Leiterin der Abteilung Schulen beim Kreis Euskirchen.