Corona hat sie Nachfrage nach Immobilien um mehr als 40 Prozent gesteigert.
Ein Ende des Trends ist nicht in Sicht. Die Eifel wird immer beliebter.
Das Nord-Südgefälle ist längst viel geringer geworden.
Kreis Euskirchen – Die Immobilienpreise im Kreis Euskirchen sind in den vergangenen Monaten stark gestiegen. Experten sprechen von einer Preissteigerung bei Bestandsimmobilien von mindestens 30 Prozent. Wohnungen sind ebenfalls Mangelware. Und wer bauen möchte, braucht nicht nur Glück bei der Suche nach einem passenden Grundstück – mitunter gibt es vier, fünf Interessenten –, sondern auch das nötige Kleingeld.
In Zülpich liegt der Bodenrichtwert nach Angaben von Susanne Faßbender, Geschäftsführerin bei Engel & Völkers in Euskirchen, bei 190 Euro. Auf dem Markt werde aber gut das Doppelte aufgerufen. Kein Einzelfall im Kreis, auch wenn der Bodenrichtwert für Euskirchen beispielsweise schon 300 Euro betrage. Der Bodenrichtwert ist der Preis, den der Gutachterausschuss des Kreises Euskirchen – ein Gremium von Sachverständigen rund um Immobilien – für den Quadratmeter Grund und Boden veranschlagt.
Nachfrage in der Eifel enorm gestiegen
„Ab der Wallenthaler Höhe wird es etwas günstiger, aber auch dort haben die Preise kräftig angezogen“, so Faßbender: „Früher hatten wir kaum Nachfrage in Schleiden oder Gemünd. Das hat sich geändert.“
Das bestätigt Stefan Lippertz, Abteilungsleiter Immobilien bei der VR-Bank Nordeifel. „Von Mitte 2020 bis jetzt hat die Eifel eine derartige Nachfrage erfahren, die ich in meinem bisherigen Berufsleben noch nicht erlebt habe“, sagt Lippertz, der genau wie Faßbender berichtet, dass der Trend bereits vor der Corona-Pandemie eingesetzt habe. Laut Lippertz gibt es in der Eifel längst sogenannte Mikrolagen, die seien hochinteressant. Aber es gebe auch welche, die nicht so reizvoll seien – zumindest bisher. „Es ist erstaunlich, wie die Entwicklung ist. Kommunen wie Hellenthal und Schleiden waren vorher nicht so gefragt, aber wir verkaufen mittlerweile Grundstücke in Losheim. Das war für lange Jahre nicht möglich“, sagt der Immobilienexperte.
Der Grund für die gestiegene Nachfrage sei unter anderem die veränderte Mobilität im Zuge der Corona-Pandemie. „Viele Menschen müssen jetzt nicht mehr in die Stadt fahren, um zu arbeiten, sondern können das von zu Hause aus“, so Lippertz. Die entsprechende Infrastruktur mit schnellem Internet sei schon vor der Corona-Krise in allen Kommunen eingerichtet worden. „Das Homeoffice hat mittlerweile eine ganz andere Akzeptanz. Wenn man nur noch zwei- bis dreimal in der Woche nach Köln muss, kann man auch ein paar Kilometer mehr fahren und zahlt nicht drauf“, sagt Susanne Faßbender.
Infrastruktur entscheidend
Und dann habe man auch noch die Vorteile der Natur vor der Haustür. Wie die Expertin berichtet, ist die Anbindung für den Kölner, der in die Eifel oder zumindest die Voreifel zieht, das A und O. Die Sicht der Städter auf die Eifeler habe sich stark verändert. „Ur-Kölner verlassen ihre Stadt und wollen in der Eifel leben. Da fragt man sich schon, was passiert ist“, sagt Faßbender.
Der Trend ist eindeutig. Die Kommunen kommen mit der Ausweisung von Neubaugebieten kaum hinter her. Auch in der Eifel gehen Grundstücke weg wie geschnitten Brot. Auf der anderen Seite kritisieren Naturschützen die ständig zunehmende Versiegelung von Flächen. „Durch die Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach Immobilien im Kreis Euskirchen noch ein mal um 40, 50 Prozent gestiegen“, so Faßbender.
Wohnquartiere im Trend
Wohnquartiere seien ein Trend, der längst aus der Stadt in die Eifel ausstrahle – beispielsweise das Rosenthal-Quartier in Nettersheim. Die 22 Wohnungen seien innerhalb eines Monats an den Mann und die Frau gebracht worden. „Wir bieten nicht mehr nur reinen Wohnraum an, sondern kombinieren ihn mit Pflegeeinrichtungen, anderen Dienstleistungen und altersgerechtem Wohnen“, so Lippertz. Es kommen nach Angaben des Abteilungsleiters Immobilien aber nicht nur jüngere Familien aus den Ballungsräumen Köln oder Bonn in die Eifel, sondern auch ältere Menschen.
1091 neue Wohnungen
Im Kreis Euskirchen wurden im vergangenen Jahr 1091 neue Wohnungen gebaut. Dafür flossen Investitionen in Höhe von rund 188 Millionen Euro, wie die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt unter Berufung auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes mitteilt. Und dennoch sind Wohnung auf dem Markt Mangelware. Trotz Corona-Krise sind die Kaufpreise für Wohneigentum deutschlandweit im vergangenen Jahr um 9,6 Prozent gestiegen. So geht es aus dem „Wohnatlas“ der Postbank hervor. Teuerste Stadt in Deutschland bleibt München. Dort mussten Käufer 2020 durchschnittlich 8613 Euro pro Quadratmeter für eine Eigentumswohnung zahlen – 6,1 Prozent mehr als im Vorjahr.
Laut Susanne Faßbender von Engel & Völkers werden in Zülpich mittlerweile mehr als 4000 Euro pro Quadratmeter für Eigentum aufgerufen. Kein Einzelfall: Im Euskirchener Wohnquartier „Südstadtgärten“ werden laut Investor Jörg Wiskirchen fürs Penthouse 4200 Euro pro Quadratmeter fällig – inklusive Wohnen auf dem Stand der Technik.
Nach Angabe des Internetportals miete-aktuell beträgt die Warmmiete in Euskirchen pro Quadratmeter 9,71 Euro. In Hellenthal sind es 7,63 Euro, in Schleiden 8,18 Euro und in Blankenheim 7,63 Euro. (tom)
Beim Bauland sei es mitunter „dramatisch“, berichtet Lippertz. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Und der sei in den vergangenen Monaten gestiegen. Lippertz geht davon, dass die Kostenexplosion in der Baubranche, beispielsweise beim Holz, dafür sorgt, dass das eine oder andere Grundstück wieder auf den Markt kommen wird. Das sei eine Chance, so der VR-Bank-Mitarbeiter. Eine Chance für diejenigen, die noch suchen. Aber: Dass die Grundstücke lange auf dem Markt sind, davon geht er nicht aus.
„Ich glaube schon, dass es so weitergeht. Der Trend ist eindeutig. Derzeit ist ein Ende nicht absehbar“, sagt Marius Poschen, geschäftsführender Gesellschafter von Vieten Immobilien in Kommern. Kaufen und Bauen sei „schon teuer geworden“. Die Regionen in der Eifel, die einen Autobahnanschluss hätten, seien stark nachgefragt. Aber auch die anderen Kommunen erlebten einen Boom, so Poschen.