Kreis Euskirchen – Die Energiekrise trifft die Krankenhäuser im Kreis Euskirchen mitten in einer Lage, die ohnehin nicht einfach ist: Personalengpässe, Corona, Unterfinanzierung – um nur einige Sorgen der Klinikleitungen zu nennen. Was könnte diese multiple Krisenlage am Ende für die Patienten bedeuten? Müssen Abteilungen geschlossen werden? Die Geschäftsführer des Marien-Hospitals in Euskirchen (460 Betten) sowie der Kreiskrankenhaus GmbH mit ihren Standorten in Mechernich (418) und Schleiden (105) geben Antworten.
Was andere Betriebe in diesen Tagen tun, um den Kostendruck abzuschwächen, ist in den Krankenhäusern nicht möglich: Sie können weder die Temperatur senken noch die Preise erhöhen, weder den Laden einen Tag in der Woche schließen („Energiespartag“) noch die Patienten in weniger Räumen zusammenlegen, um die leeren nicht heizen zu müssen (sofern das technisch überhaupt möglich ist) – bei ansteckenden Krankheiten wie Covid-19 schon gar nicht.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach verspricht Hilfen
Immerhin: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verspricht, die Kliniken nicht im Stich zu halten. „Wir wollen nicht, dass die Krankenhäuser im Herbst schließen müssen, weil die Energie nicht bezahlbar ist“, sagte der SPD-Politiker.
Zudem sind Krankenhäuser Teil der kritischen Infrastruktur. Darauf weist Andreas Schultz, Geschäftsführer der Marien-Hospital-Stiftung in Euskirchen hin: „Nach Rücksprache mit unseren Energieversorgern ist die Versorgungssicherheit gegeben, da wir als Krankenhaus Teil der kritischen Infrastruktur sind. Den Hahn wird man uns mithin nicht einfach so zudrehen.“
Bereits im Jahr 2018 habe die Geschäftsführung einen langfristigen Energieliefervertrag abgeschlossen, der langfristige Preisstabilität zusichere, so Schultz. „Als Energieträger haben wir Gas für die Heizung, Warmwasser und die Dampferzeugung. Strom wird für die technischen Einrichtungen und die Beleuchtung benötigt.“
Marien-Hospital Euskirchen: 1,4 Millionen Euro für Energie
Rund 1,4 Millionen Euro fielen für die Versorgung mit Energie jährlich an. „Die Gefahr, dass absehbar Abteilungen oder Stationen unseres Hauses aufgrund einer Versorgungsknappheit geschlossen werden müssen, sehe ich nicht“, gibt Schultz Entwarnung: „Die Versorgung der Bevölkerung sehe ich akut als nicht gefährdet an.“
Ob aber das derzeitige Leistungsspektrum aufrecht erhalten werden könne, sei derzeit nicht absehbar. Niemand wisse, ob es zeitweise Personalengpässe geben werde, etwa aufgrund der Pandemie.
„Zusätzlich zu Fragen der Energiepreise und Versorgungssicherheit bewegen wir uns in einem chronisch unterfinanzierten und stark regulierten System, in dem wir zusätzlich noch mit Preissteigerungen, Inflation, Personalmangel und Strukturreformen umgehen müssen“, stellt der Geschäftsführer klar.
Andreas Schultz spricht von „unruhigem Fahrwasser“
Über allem schwinge die Corona-Pandemie mit. „Insgesamt dürfen wir von einem unruhigen Fahrwasser in einer unübersichtlichen Gesamtsituation sprechen.“ Die bisherigen Signale aus der Politik werte er als Enttäuschung. „Großen Worten sind keinerlei Taten gefolgt. Benötigt werden Maßnahmen, die Preissteigerungen refinanzieren“, so Schultz.
Die Politik müsse ihre Verantwortung für die Versorgung der Bevölkerung wahrnehmen. „Wir stehen jedenfalls parat, unseren Teil zu erledigen“, zeigt sich Schultz kämpferisch. Grundsätzlich sei das Marien-Hospital ein starkes, wirtschaftlich gesundes und gut aufgestelltes Unternehmen, das die besten Voraussetzungen mitbringe, um diese schwierige Situation gut zu überstehen.
Kreiskrankenhaus: Kostensteigerungen im Millionen-Bereich
Mehr Hilfen von der Politik fordert auch Martin Milde, Geschäftsführer der Kreiskrankenhaus GmbH. „Wir haben deutliche Kostensteigerungen wegen der steigenden Energiekrise“, sagt er. Wie hoch die am Ende sein werden, wisse noch niemand, aber sicher sei: „Die Mehrkosten werden in die Millionen gehen.“
Allein das Krankenhaus in Mechernich verbrauche 13 Millionen Kilowattstunden im Jahr, da hülfen die 400.000 Kilowatt, die die Photovoltaikanlage auf dem Dach liefert, nur begrenzt weiter. Dass solche Großkunden ab 1. Januar unter die Gaspreisbremse fallen (siehe auch: „e-regio begrüßt...“), ist für Milde „ein erster Ansatz, ein erster Schritt und besser als nichts“, reiche aber alleine nicht aus.
Martin Milde: „Die Versorgung ist sicher“
Hinzu kämen Personalengpässe und wieder steigende Zahlen an Corona-Fälle im Haus. Daher erwarte er von der Politik einen Inflationsausgleich und eine zusätzliche Maßnahme zum Stemmen der Energiekosten. Mit den normalen Kostenangleichungen von zwei oder drei Prozent sei es in dieser Krise jedenfalls nicht getan.
Schließlich stiegen nicht nur die Kosten für Energie. Ob medizinisches Material, Verpflegung oder Verbrauchsgegenstände, die ein Krankenhaus nun mal brauche, würden teurer. Auch für bauliche Maßnahmen stiegen die Kosten, stellt Milde fest. Trotz allem stellt auch Milde klar: „Die Versorgung ist sicher.“ Selbst bei einem Stromausfall. „Wir haben natürlich wichtige Bereiche mit einem Notstromaggregat abgedeckt.“
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Es könne dann weiter operiert werden, die Intensivstation und die Beatmungsgeräte funktionierten auch dann noch. „Egal, wie hoch der Preis ist, wir werden die Bevölkerung weiter so versorgen, wie wir das bisher auch getan haben“, versichert Milde.