Kreis Euskirchen – Kater Schmitzchen, schwarz-grau-weiß getigert, ist 19 Jahre alt und taub. Seit der Flutkatastrophe wird er von seiner Besitzerin im Weilerswister Raum schmerzlich vermisst. Ebenso Prinzessin, die schwarz-weiße Schleidener Katzendame, die nach der Überflutung Unterschlupf in Blankenheim fand, jedoch ausbüxte und seitdem verschwunden ist. Auch nach Katze Luna wird gefahndet. Sie ist in Metternich zu Hause, die Flut trieb sie und ihre Besitzer in eine Notunterkunft in Weidesheim, wo sie dann entwischte.
In zahlreichen Facebook-Gruppen mit Namen wie „Flutkatastrophe vermisste/gefundene Tiere“, „Hochwasser: Tiere vermisst oder gefunden 2021“ oder „Vermisst + Fundmeldungen von Fluttieren“ tummeln sich verzweifelte Tierbesitzer, die ihre Haustiere im Chaos der Katastrophenflut und den Tagen danach verloren haben. Und auch zahlreiche Meldungen über umherirrende oder aufgefundene Hunde oder Katzen finden sich dort. Dazwischen immer mal wieder Kommentare glücklicher Tierbesitzer, die ihre pelzigen Familienmitglieder wiederfinden konnten.
Tiere werden in Pflegestellen versorgt
Tierschutzvereine sind derzeit mit Pensionstieren gut bestückt oder vermitteln die Hunde und Katzen, deren Zuhause den Fluten zum Opfer fiel, in Pflegestellen. Dort können sie vorerst bleiben, bis ihre Besitzer sich wieder um sie kümmern können. „Da wir Spenden bekommen haben für vierbeinige Flutopfer, können wir die Pension für betroffene Menschen derzeit kostenlos anbieten“, sagt Markus Schmitz-Bongard, Vorsitzender des TSV Kall und Umgebung.
Auch eine spektakuläre Rettung gelang den Tierschützern aus der Eifel in den letzten Wochen: „Eine Katze hatte sich offenbar in Panik im Kühlergrill eines Autos versteckt, mit dem der Besitzer auch noch herumgefahren ist.“ Passanten hatten den Schevener auf das Tier aufmerksam gemacht, das aber nicht zu befreien war. Der Mann suchte Hilfe beim Tierschutzverein Kall. Ein herbeigerufener Automechaniker konnte die Katze schließlich befreien. Unversehrt wurde sie der Besitzerin – einer Nachbarin des Autofahrers – zurückgebracht. „Unser ganz persönliches kleines Katastrophenwunder“, so Schmitz-Bongard.
Schildkröten wurden weggespült
Freilaufende Schildkröten wurden von den Wassermassen einfach hinweggespült und an ganz anderer Stelle wieder aufgefunden. So wurde beispielsweise eine Gelbwangenschmuckschildkröte in der Urftseestraße in Gemünd angeschwemmt. Mit einer kleinen Blessur am Panzer, ansonsten aber unversehrt, wurde über eine der Facebook-Gruppen tatsächlich die Besitzerin ausfindig gemacht.
Überglücklich ist auch die Familie von Dajana Vey aus dem Braubach in Gemünd: Ein durch die Flut ausgelöster Erdrutsch verwüstete ihren Garten und riss dabei auch den Zaun weg, der die beiden Hunde Janosch und Zerah sicherte. Im Durcheinander nach der Flut nutzten die beiden schneeweißen Hütehunde die Gelegenheit und rannten davon. „Auf Facebook habe ich nach den beiden gesucht, in drei Stunden wurde der Post über 500 Mal geteilt“, so Dajana Vey.
Familie rechnet mit dem Schlimmsten
Hoffnung hatte die Familie nicht mehr, die drei Kinder und ihre Eltern rechneten mit dem Schlimmsten. „Und dann kam über Facebook der entscheidende Hinweis – etwa drei Kilometer entfernt lagen die beiden an einer Bank“, sagt Dajana Vey. Einer der beiden hatte sich verletzt, der andere sprang „wie ein 45-Kilo-Flummi vor Freude um mich herum“, so die Gemünderin. Die ganze Familie habe vor Erleichterung geweint: „Wir hatten in den Tagen schon wirklich viel gestemmt, aber dass Janosch und Zerah weg waren, hat uns als Familie wirklich fertiggemacht .“
Von „Augenblicken des Glücks nach großer Verzweiflung“ berichtet Brigitte Harnack, die Vorsitzende des Tierschutzes Euskirchen. „Am 16. Juli erreichte uns ein Hilferuf einer Familie aus Kreuzberg an der Ahr, die Hals über Kopf wegen der Überflutung ihres Hauses evakuiert wurden und in eine Notschlafstelle umziehen musste“, so die Tierschützerin. Die fünf Katzen von Beate Wolloscheck und Gerd Uelpenich konnten dort aber nicht bleiben. Und so gelangten sie schließlich zum Tierschutz Euskirchen nach Kuchenheim. „Wir haben unsere Katzen in den Tagen dort auch besucht“, erzählt Wolloscheck.
Freude über Wiedersehen
Den Tieren habe er die Freude über das Wiedersehen angemerkt. Mittlerweile ist das Paar in Kirchheim untergekommen und konnte seine Katzen zu sich holen. Wolloscheck und Uelpenich haben durch die Flutkatastrophe fast alles verloren. Umso glücklicher seien sie, dass sie die geliebten Tiere retten konnten.
Doch nicht nur Fellnasen gingen in der Flut verloren oder rannten panisch davon. Auf Facebook finden sich auch Posts, in denen Menschen aus der Eifel ihre Koi-Karpfen suchen, die zuvor ein friedliches Dasein im Gartenteich führten. Umgekehrt finden sich auch Meldungen von Edelfischen, die plötzlich in der Erft unterwegs sind. Matthias Müller von der Tierhilfe Weilerswist wurde darauf auch schon aufmerksam gemacht: „Wir waren mit Keschern da, aber das ist aussichtslos. Im Moment habe ich leider auch keine Idee, was wir da machen können.“
Herumstreunende Katzen
Von ähnlichen Fällen hat auch Elfi Kannengießer gehört, die mit ihrer Tierarztpraxis in der Aachener Straße in Kall selbst ein Opfer der Flut geworden ist. „Für Fische war die Flut eine sehr schwierige Situation. Sie schwammen ja nicht in klarem Wasser um ihr Leben, sondern in einem Gemisch aus Schlamm und anderen Stoffen wie Heizöl“, sagt die Tierärztin. Kois, Goldfischen oder anderen Edelfischen, die von den Wassermassen aus ihren Teichen weggespült wurden und nun in Seen, Flüssen oder Bächen gelandet sind, räumt sie keine großen Überlebenschancen ein.
„Nachdem was mir berichtet wurde, sind viele Großtiere umgekommen oder abgetrieben. Eine Freundin von mir hat sogar eine tote Kuh in einem Baum hängen gesehen“, sagt Kannengießer, die sehr froh ist, dass in dieser Nacht keine Tiere in ihrer Praxis waren. Derzeit würden auch mehr Katzen gemeldet, die irgendwo herumstreunen. Katzenhäuser und Tierpflegestellen seien überlastet. Manche Halter würden die Suche nach ihren Tieren aufgeben, weil sie denken, dass ihre Lieben tot sind. „Ich glaube, dass die Tiere die Situation früher ernst genommen haben als wir Menschen. Aber sie werden trotzdem wie wir Panik bekommen haben.“ Sie habe sich nur um wenige Fälle kümmern können, weil sie telefonisch nicht erreichbar war und erst die Praxis habe aufräumen müssen.