Bei Kall-Sötenich wurde über der Urft eine 81 Tonnen schwere Stahlbrücke montiert. Der Zugverkehr nach Trier soll im Juni 2025 starten.
WiederaufbauEin erster Lückenschluss für die Eifelstrecke im Urfttal bei Kall
Fast genau drei Jahre nach der Flutkatastrophe ist ein wichtiger Meilenstein beim Wiederaufbau der in Teilen vollständig zerstörten Bahnstrecke zwischen Kall und Nettersheim erreicht: Im Urfttal zwischen dem Zementwerk bei Sötenich und der Ortschaft Urft wurde am Mittwoch eine rund 16 Meter lange und 81 Tonnen schwere Stahlbrücke montiert. „Es ist die einzige Bahnbrücke im schwer zerstörten Abschnitt zwischen Kall und Nettersheim, die komplett neugebaut werden musste“, berichtet Projektleiter Felix Raffelsiefen beim Ortstermin.
Der „Lückenschluss“ ist also erreicht, auch wenn es noch etliche Monate dauern wird, bis auf der Bahntrasse südlich von Kall endlich wieder reguläre Züge verkehren können. „Nach heutigem Stand wird das erstmals wieder im Juni 2025 der Fall sein“, sagt Raffelsiefen, der seit Sommer 2021 am Wiederaufbau der Strecke beteiligt ist.
Neue Brücke ersetzt über 100 Jahre altes Vorgängerbauwerk
„Aber wir kommen voran. Inzwischen haben wir auch hier im Urfttal bis kurz vor die neue Brücke und südlich von Urft bis nach Nettersheim mit dem Verlegen der Schienen und neuen Betonschwellen begonnen“, so der aus dem Bergischen Land stammende Projektleiter der Bahn: „In Kürze werden die Schienen auch über die neue Brücke geführt werden können.“
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Die moderne Stahlbrücke ersetzt im Streckenabschnitt „An der Spick“ eine mehr als 100 Jahre alte, gemauerte Gewölbebrücke. Diese wurde durch die Wassermassen der Urft im Juli 2021 schwer beschädigt, aber erst im vergangenen November abgerissen. „Dass die Brücke neu gebaut werden musste, war uns klar. Wir haben sie aber während der Bauarbeiten auf der restlichen Strecke für die Überfahrt mit den Baufahrzeugen gerne genutzt“, so der Projektleiter.
Nach den Abrissarbeiten wurden im Bereich der Brücke mehrere Sprengkörper aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden, die vermutlich von abrückenden deutschen Truppen dort angebracht worden waren. „Es handelte sich jedenfalls nicht um Blindgänger“, erklärt Raffelsiefen. Mehrere Sprengkörper wurden durch Experten erfolgreich entschärft, einer musste hingegen kontrolliert gesprengt werden, weil das Entschärfen nicht mehr gefahrlos möglich war.
Weil die neue Brücke ohne Mittelpfeiler in der Urft auskommt, ist sie widerstandsfähiger gegen künftige Hochwasser. „Wir haben bei der neuen Brücke eine Vervierfachung des Durchflussquerschnitts erreicht“, berichtet der Wiederaufbau-Manager der Bahn: „Dadurch wird auch die Gefahr minimiert, dass sich Treibgut vor der Brücke sammelt und sich das Wasser der Urft davor gefährlich aufstaut.“
81-Tonnen-Bauwerk millimetergenau über der Urft platziert
Mithilfe eines 700-Tonnen-Krans wurde die in der sogenannten Dickblechbauweise konzipierte Trogbrücke millimetergenau auf ihren aus Beton gegossenen Widerlagern abgesetzt. „Dickblech bezeichnet in diesem Fall eine zehn Zentimeter dicke Stahlplatte, aus der die Brücke in einem Werk in Wilhelmshaven hergestellt worden ist“, so Raffelsiefen. Zusätzliche Stabilität erhält die Brücke durch ihre stählernen Schrägwände. Der Transport zur Baustelle südlich des Zementwerks erfolgte dann über die Straße.
Mit dem Rad war am Mittwoch der Kaller Bürgermeister Hermann-Josef Esser zur Brückenbaustelle gekommen. „Das ist wirklich ein Meilenstein für die Gemeinde Kall: Wir kommen damit der Wiederaufnahme des Bahnverkehrs aus und in Richtung Gerolstein ein gutes Stück näher“, sagte Esser.
Im Gegensatz zu den weiter südlich gelegenen Gemeinden sei man in Kall zum Glück nicht ganz vom Bahnverkehr abgeschnitten – auch wenn es derzeit noch bis September wegen der Arbeiten zur Elektrifizierung der Strecke nur Schienenersatzverkehr gebe. „Wir merken deutlich, dass der Verkehr aus Richtung Eifel fehlt. Wir freuen uns daher auf den Moment, wenn Kall wieder zum Dreh- und Angelpunkt des ÖPNV wird“, so Esser.
Elektrifizierung und Zweigleisigkeit stehen für die Eifelstrecke noch aus
Einen Logenplatz bei den Bauarbeiten zur neuen Brücke hat derzeit auch Reinhard Höpfner, der seit rund 20 Jahren in einem unmittelbar an der Brücke stehenden Haus lebt. „An den Baustellenlärm habe ich mich mittlerweile gewöhnt. Ich freue mich aber auch, wenn die Züge wieder fahren – und nach der Elektrifizierung wird es ja vielleicht sogar etwas ruhiger auf der Strecke“, so der Anwohner.
Wann die altbekannten Dieseltriebwagen auf der Eifelstrecke von elektrischen Fahrzeugen abgelöst werden, steht allerdings noch nicht fest. Unklar ist auch, wann die eingleisigen Abschnitte der Eifelstrecke ausgebaut werden. „Auch die neue Brücke ist zunächst nur für den eingleisigen Betrieb ausgelegt“, sagt Raffelsiefen. Die Zweigleisigkeit sei aber bei der Planung schon mitgedacht worden: „Die Widerlager verfügen über die entsprechende Breite. Beim weiteren Ausbau der Strecke können sie eine Ergänzung der Brücke tragen.“
Zwischenfall auf der Erfttalstrecke in Bad Münstereifel
Gebaut wird derzeit auch im Bereich der Erfttalbahn zwischen Euskirchen und Bad Münstereifel. In der Kurstadt kam es dabei am Montag zu einem kleineren Unfall.
„Ein Schotterwagen der mit dem Wiederaufbau der Strecke beauftragten Baufirma ist am Bahnübergang Otterbach aus den Schienen gesprungen, wodurch leichte Schäden am Bahnübergang verursacht wurden“, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn auf Anfrage dieser Redaktion.
Wie es zu dem Zwischenfall gekommen sei, könne er jedoch nicht sagen, so der Bahnsprecher weiter. Im Rahmen von Bauarbeiten sei das aber nicht so ungewöhnlich: „Die Strecke ist ja noch nicht wieder in Betrieb. Das wird wohl, wie vor einigen Wochen mitgeteilt, bis zum Herbst dieses Jahres dauern.“
Die Schäden am Bahnübergang seien inzwischen instandgesetzt worden, der Schotterwagen wurde mit einem Kran wieder auf die Gleise gesetzt.