- Bis zur Corona-Krise war der FDP-Chef mit der Schulpolitik zufrieden.
- FDP will deutlich früher in den Wahlkampf für die Kommunalwahl einsteigen.
- Schwarz-Grün ist für Schorn nichts anderes als eine große Koalition.
Kreis Euskirchen – Frederik Schorn hat die Wahlniederlage verdaut. Der 30-jährige Vorsitzende der Kreis-FDP blickt kämpferisch in die Zukunft. Ein paar Wochen sind seit der Niederlage bei der Landtagswahl vergangen. Nimmt man eine solche Niederlage persönlich?Frederik Schorn: Man sollte es nicht persönlich nehmen – das gilt für Wahlsiege, aber natürlich auch für Wahlniederlagen. Trotzdem fällt das natürlich schwer.
Wie gehen Sie mit solchen Niederlagen um?
Am Abend selbst ist es wichtig, dass man das Ergebnis sacken lässt – mit Menschen, die während des Wahlkampfs mitgekämpft haben. An denen lag es nämlich nicht. Deshalb war es mir wichtig, dass wir den Abend gemeinsam haben ausklingen lassen, auch wenn die Stimmung natürlich nicht die beste war.
Eine stets beliebte Frage nach Niederlagen muss auch Ihnen gestellt werden. Woran hat es gelegen?
Ich fange damit an, woran es nicht gelegen hat: an den Ehrenamtlern. Als Politikwissenschaftler kommt man nicht umhin, sich nach einer Wahl Forschungsergebnisse anzuschauen. Der Einfluss, den Direktkandidaten vor Ort auf das Ergebnis haben, ist statistisch nicht signifikant erfassbar. Vielmehr wird über Landes- und Bundespolitik der Partei abgestimmt. Natürlich gibt es Beispiele, in denen auch Personenwahlen gut funktioniert haben. An mir als Direktkandidaten allein hat es wohl nicht gelegen (lacht).
Gefühlt war die Fallhöhe zwischen Bundes- und Landtagswahl sehr hoch. Täuscht der Eindruck?
Das Ergebnis der FDP bei der Bundestagswahl war ein sehr gutes. Wenn man aber genau hingeschaut hat, dann hat man gesehen, dass unser Ergebnis in NRW nur noch durchschnittlich war. Zuvor waren wir in NRW bei bundesweiten Wahlen ein bis zwei Prozentpunkte besser als der Bundesschnitt. Da wurde aus meiner Sicht bei der Landespartei nicht genau genug hingeschaut. Es gab nicht den einen Grund, warum wir die Wahl verloren haben. Unser Spitzenpersonal und unsere Kampagne waren wenig sichtbar. Das ist mit ein Grund für das schlechte Ergebnis.
Schleudertrauma von Schulpolitik
Unmittelbar nach der Wahl bezeichneten Sie die Kritik an Schulministerin Yvonne Gebauer als unfair, weil es während einer Pandemie schwierig sei, Schulministerin zu sein. Dennoch hat sie ja sicherlich nicht alles richtig gemacht.
Ganz sicher nicht. Wir sind jetzt die Zweiten, die von der Schulpolitik ein Schleudertrauma bekommen haben. Erst die Grünen mit Sylvia Löhrmann, jetzt wir mit Yvonne Gebauer. Bis zu Corona war ich sehr zufrieden mit der Schulpolitik in NRW. Wir haben umgesetzt, was wir angekündigt haben. Dann kam Corona, und im Ministerium wurden handwerkliche Fehler gemacht. Und die bekam jeder mit Kindern in der Schule zu spüren. Da kamen wir im Wahlkampf nicht gegen an, weil sich bei den Eltern eine Wut aufgestaut hatte, gegen die wir kaum argumentieren konnten.
Was ist bei der Analyse auf Kreisebene rausgekommen?
Wir werden uns früher als geplant auf die Kommunalwahlen vorbereiten. Wir haben uns als Partei auf Bundes-, Landes-, aber auch Kreisebene stark verjüngt. Wir haben nach wie vor sehr gute Werte bei Jung- und Erstwählern. Da haben wir auch nichts verloren. Aber bei älteren Wählern schon. Bei über 60-Jährigen haben wir in NRW gerade noch drei Prozent der Stimmen bekommen. Wir wollen bei der Aufstellung zur Kommunalwahl einen guten Generationen-Mix hinbekommen. Grundsätzlich ist bei Kommunalwahlen die Qualität der Kandidaten vor Ort entscheidend.
Mehr Bürgermeister der FDP im Kreis Euskirchen?
Wird die FDP künftig vielleicht den einen oder anderen Bürgermeisterkandidaten mehr stellen?
Das ist allein Sache der Ortsverbände. Da werden wir uns als Kreis-FDP oder ich mich als Kreisvorsitzender der FDP nicht einmischen. Für uns wird es eher interessant, ob wir einen Landratskandidaten stellen. Wir haben jetzt bei zwei Wahlen keinen gestellt, der letzte war Hans Reiff 2009. Das wird eine Diskussion werden, die wir zum richtigen Zeitpunkt führen wollen.
Was wünschen Sie sich im Zuge der Analyse auf Landesebene?
Ich wünsche mir, dass es auf Landesebene eine offene, eine schonungslose Analyse gibt, bei der die Mitglieder mitreden dürfen. Es reicht mir nicht aus, wenn der Landesvorstand mal darüber spricht, es vielleicht einen kleinen Parteitag gibt, und dann ist das Thema gegessen. Ich glaube nicht, dass die alte Führungsriege in Gänze noch einmal Verantwortung tragen sollte und tragen wird. Personelle Konsequenzen kann man nach der Aufarbeitung mit den Mitgliedern fordern.
Eine Änderung an der Fraktionsspitze hat es aber ja bereits gegeben.
Ja. Die tut uns auch gut. Henning Höne ist jemand, mit dem wir im Kreis Euskirchen in gutem Kontakt stehen. Ich war mit ihm im Landesvorstand der Jungen Liberalen. Er kommt aus Coesfeld und kennt daher auch das ländliche Mindset.
Dritte Kandidatur im Kreis Euskirchen in der Schwebe
Würden Sie noch einmal kandidieren?
Es war meine zweite Kandidatur. Die erste habe ich noch als Student bewältigt. Jetzt mit einem parallel laufenden Berufsleben. Es ist eine intensive, bereichernde Zeit, aber es ist auch eine große Herausforderung neben dem beruflichen Alltag. Ob ich es noch einmal mache, werde ich zu gegebener Zeit mit den Parteifreunden erörtern.
Hat das Ergebnis der Landtagswahl Auswirkungen auf die Liste im Kreis mit der CDU und der UWV?
Nein, überhaupt nicht. Die Zusammenarbeit in der Liste ist menschlich erstklassig und politisch auf Augenhöhe. Wir teilen beispielsweise mit CDU und UWV die Ansicht, dass Kommunen Freiraum brauchen und haben sollten. Die Städte und Gemeinden warten nicht auf Direktiven aus dem Kreishaus. Wir haben gemeinsam eine Stimme Mehrheit. Wir haben bisher alles um- und durchgesetzt, was wir verabredet haben. Das zeugt von einer sehr konstruktiven Arbeit, bei der Konflikte sachlich ausgetragen werden und die bislang immer in guten Kompromissen gemündet sind. Es funktioniert sehr gut.
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Mit Blick nach Düsseldorf: Wie schätzen Sie die mögliche Schwarz-Grüne-Koalition ein?
Ich befürchte, dass sich beide Parteien schnell einig werden und nicht gegenseitig wehtun wollen. Im Jahr 2022 ist Schwarz-Grün nichts anderes als früher eine Große Koalition – nur eben mit anderen Farben. Es wäre nicht gut für unser Land, wenn wir eine Koalition der Besitzstandswahrer bekommen. Die CDU ist für den ländlichen Raum, Grüne haben ihre Stärke in Großstädten. Die lassen sich also in Ruhe, die Arbeitsteilung steht ja. Wir stehen aber nach wie vor vor großen Herausforderungen in NRW. Aber die sollen erst einmal ihren Koalitionsvertrag unterschreiben, dann sollen sie 100 Tage machen, und dann sage ich noch mal was.