- Die Eifelerin Selma Trommer hat in der Corona-Zeit das Zwiften für sich entdeckt.
- So können Radsport-Begeisterte auch zuhause digital Rennen gegeneinander fahren.
- Im Interview spricht sie über die Faszination und ihr Training.
Eifel – Selma Trommer tauschte das Kunstrad gegen das Mountainbike. Coronabedingt musste die Eifelerin pausieren, entdeckte aber das Zwiften für sich. Im Interview spricht sie über die Faszination des Radsports.Was ist Zwiften eigentlich?Trommer: Zwift kommt ursprünglich aus den USA und wurde 2014 von vier Amerikanern gegründet. Es ist ein Online-Radsportprogramm, in dem der Sportler in einer virtuellen Welt interagieren, trainieren und an Wettkämpfen teilnehmen kann. Das Rad steht an einem festen Platz und die Daten werden über eine spezielle Software ermittelt. So können Radsportler auf der ganzen Welt an einem Rennen teilnehmen, ohne sich zu treffen.
Wie kamen Sie dazu?
Das Fahren auf der Rolle ist an sich nicht neu in meinem Trainingsalltag. Ich fahre zwar bei Wind und Wetter Mountainbike, aber das Zwiften sorgt für eine andere Belastung des Körpers. Es ist intensiver. Durch die coronabedingte Zwangspause hat sich diese Form des Trainings deutlich erhöht. Mittlerweile habe ich sogar die Möglichkeit, mich mit Profis zu messen.
Der Sturz im Gelände ist die schlechte Internetverbindung beim Zwiften?
Ja. Ein Ausfall der Internetverbindung ist das Schlimmste, was passieren kann. Da die Rennen zu vorgegebenen Zeiten starten, ist ein virtueller Plattfuß schon bitter. Wenn der Router nicht mitspielt, ist das Rennen nämlich sofort beendet. Ein Weiterfahren ist dann nicht mehr möglich. Ist mir leider schon passiert.
Wie funktioniert ein virtuelles Rennen?
Durch die Übertragung meiner Werte und die angebundene Software ist es möglich, an virtuellen Rennen auf der ganzen Welt teilzunehmen. Jeder fährt sein Rennen und hat dabei alle Teilnehmer via Bildschirm im Blick. Mittlerweile werden erste Preisgelder ausgelobt. Das lockt natürlich auch die Profiradsportler an, da diese momentan kaum ein Einkommen haben.
Sie sitzen also auf Ihrem Rad und starren auf einen Bildschirm. Ist das nicht irgendwann langweilig?
Nein. Bisher zumindest nicht. Denn mein Avatar, die grafische Darstellung von mir, bewegt sich wie in einem Computerspiel nach vorn, sobald ich in die Pedale trete. Zudem sehe ich meine Wattzahl, meine Herzfrequenz, aber auch meine Geschwindigkeit und die Strecke, die noch vor mir liegt. Außerdem kann man mit den Fahrern über eine Chatfunktion kommunizieren und sich gegenseitig anfeuern.
Haben Sie in dieser noch jungen Sportart schon Erfolge verbucht?
Ja. In der kurzerhand eingeführten Online-Rad-Bundesliga wurde ich vierte von 79 Starterinnen. Auf der dritten der fünf Etappen erzielte ich mit Platz zwei mein bestes Einzelergebnis und blieb nur eine Minute hinter der Profi-Radrennfahrerin Romy Kasper.
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Die Strecke hatte es mit ihren 28,3 Kilometern Länge in sich und stellte mit dem 12,2 km langen und bis zu acht Prozent steilen Anstieg Alpe du Zwift (1036 Höhenmeter) eine besondere Herausforderung dar, die ich aber recht gut gemeistert habe.
Und das als Mountainbikerin?
Ja, aber auch das ist nur bedingt richtig. Ich fahre Mountainbike erst seit 2018, denn eigentlich komme ich aus dem Kunstradfahren. Diese Sportart habe ich vom Kleinkindesalter an ausgeübt. Nach dem Umstieg, der maßgeblich durch meine ältere Schwester Cemile beeinflusst war, wollte ich mich austesten. Denn ich wusste ja gar nicht, wo ich stehe. Vielleicht hat mir das Balancegefühl vom Kunstradfahren geholfen. Ich bin auf Anhieb 2019 Siegerin bei den Landesverbandsmeisterschaften NRW geworden und kurz danach Neunte bei den deutschen Meisterschaften. Das war zwar mein schlechtestes, aber für die Bedeutung sicherlich das beste Ergebnis (lacht).
Balance ist ja nicht alles. Schildern Sie uns mal Ihre Trainingswoche.
Eine durchschnittliche Trainingswoche umfasst zwischen 10 und 15 Stunden auf dem Rad. Ich kenne den Umgang mit einem Rad, muss aber viel in Kraft- und Ausdauertraining investieren. Radfahren ist eine extreme Belastung bestimmter Körperbereiche. Es ist daher besonders wichtig, dann für einen Ausgleich zu sorgen. Ein gezieltes Krafttraining anderer Muskelgruppen und Rückenübungen sind dabei unumgänglich. Dann kommt noch die Regenerationsphase dazu, in der ich mich auf die kommenden Wettkämpfe vorbereite und Streckenprofile analysiere.
Was ist der Unterschied zwischen Zwiften und Mountainbiken?
Beim Zwift-Rennen ist die körperliche Belastung viel höher als beim Mountainbiken. Es gibt nahezu keine Windschatteneffekte und die Renndauer ist zeitlich vorgegeben.
Demnach fährt man eine Rennstunde auf All-Out – also das Raushauen, was im Körper steckt.
Am Berg agiert man auch mal taktisch. Draußen auf dem Mountainbike, wo ein Marathonrennen schon mal sechs Stunden dauert, kommt es auf die Einteilung der Kräfte an. Bei einer Bergabfahrt wird auch das Rad einfach rollen gelassen. Dafür muss ich mich hier mehr auf die Beschaffenheit des Geländes konzentrieren, um nicht zu stürzen.
Bekommt man draußen etwas von der Landschaft mit?
Ich nicht, da ich mich im Tunnel befinde und sehr fokussiert fahre. Mein Freund verarbeitet das anders und nimmt die äußeren Einflüsse eher wahr.
Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?
Ich werde auf jeden Fall die Zwift-Rennen weiter bestreiten, denn hier kann ich mich mit Profifahrern messen. Ich habe das Gefühl, dass die Frauenklasse im Radsport mehr an Aufmerksamkeit gewonnen hat, was sicherlich auch an den Übertragungen der Rennen liegt. Insgesamt ist die Frauenklasse sehr nahbar und es ergeben sich gute Kontakte untereinander.
Über die Zwift-Acadamy gibt es mehrere Ausscheidungsrennen. Da will ich schauen, wie weit ich es schaffe. Auf dem Mountainbike ist die Teilnahme an einer Weltmeisterschaft mein Ziel und dann würde ich auch gerne mal den Rennradsport ausprobieren.
Wie viele Kilometer spulen Sie im Jahr runter und wie motivieren Sie sich nach einem Arbeitstag, aufs Rad zu steigen?
Es dürften so 15.000 Kilometer sein, von denen ich etwa 4000 auf der Rolle fahre. Die Art des Trainings und die abwechslungsreiche Gestaltung der Einheiten ist ausschlaggebend für ein gutes Training. Meine Motivation ziehe ich daraus, dass ich ein bestimmtes Ziel vor Augen habe und mich stets verbessern will.