Flut in Bad Münstereifel81-jähriger Kneipenwirt überzeugt: „Ich mache wieder auf“
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Bad Münstereifel – Eine beeindruckende Willensstärke und Zuversicht stellt der 81-jährige Gastwirt Rudi Bresgen unter Beweis, dessen Fußball-Kult-Gaststätte „Little Bit“ in der Innenstadt von Bad Münstereifel durch die Flut in der Nacht zum 15. Juli zerstört worden ist. „Ich saniere die Kneipe und mache sie danach wieder auf“, steht für den Fan des 1. FC Köln fest. Seit 2006 betreibt er die kleine Gaststätte, die ein beliebter Treffpunkt von FC-Fans ist.
Obwohl Rudi Bresgen die komplette Einrichtung der Gaststätte verloren hat, übergab er jetzt eine schwergewichtige Spende an die Kaller Hilfsgruppe Eifel, die derzeit Familien mit Kindern unterstützt, die von der Flutkatastrophe besonders schwer betroffen sind. Zusammen mit seinem Kumpel Frank Kronenberg überreichte Bresgen ein über 40 Kilo schweres Sparschwein, das in seiner Kneipe auf der Theke gestanden hatte, an den Hilfsgruppen-Vorsitzenden Willi Greuel. 15 Jahre lang hatten Bresgens Gäste das große Keramik-Schwein mit Restgeld gefüttert und ihm so zu dem großen Gewicht verholfen.
„Die Sau ist das einzige Überbleibsel, das bei der Zerstörung der Gaststätte heil geblieben ist“, berichtet Bresgen, der bis zu seiner Pensionierung 35 Jahre Lehrer an der Hauptschule in Satzvey war. Zwar habe das Wasser in der Kneipe 1,80 Meter hoch gestanden, aber das Gewicht habe das Spendenschwein nicht wegschwimmen lassen. Dagegen seien alle Bilder, Fanartikel, Pokale und Erinnerungen an erfolgreiche Zeiten des 1. FC Köln zerstört worden.
Bei FC-Fans habe sich das Schicksal der Kneipe schnell herumgesprochen, berichtet Rudi Bresgen. Die Fanclubs „Wilde Horde“ und „Südkurve 1. FC Köln“ haben ihm Hilfe angeboten. Sogar aus Berlin seien Helfer angereist. Zu helfen gab es allerdings nichts mehr: „Soldaten der Bundeswehr kamen und haben das zerstörte Inventar dankenswerter Weise aus der Gaststätte geschafft und das Gebäude entkernt.“ Überhaupt sei in der ganzen Stadt eine große Solidarität und Hilfsbereitschaft zu spüren gewesen.
Spende aus den USA
Aus New Jersey in den USA erreichte Hilfsgruppen-Chef Willi Greuel eine E-Mail: „Wir würden gern Ihrem Aufruf folgen und Geld für die Opfer der Flutkatastrophe spenden.“ Man möge ihnen für eine Überweisung doch bitte die erforderlichen Daten senden, baten Daniele und Scott Crofton. Postwendend erhielten sie die Bankverbindung – und überwiesen 1000 Euro.
Man habe Verwandte in der Eifel, erklärte Daniela Crofton auf Nachfrage der Hilfsgruppe: 1994 war sie von Brühl in die Eifel gezogen und später in die USA, um als Juristin in New York zu arbeiten. Seit 15 Jahren lebt sie in New Jersey mit ihrem Mann und den drei Kindern Arabella, William und Tyler.
In TV-Nachrichten, deutschen wie amerikanischen, sahen sie die Bilder der Katastrophe im Westen Deutschlands – und wollten helfen. „Das unvorstellbare Leid, die Angst und die Verzweiflung der Menschen hat uns tief berührt“, so Daniele Crofton. Und weiter: „Wir wollten einer regionalen Organisation vertrauen, bei der alles professionell gehandhabt wird und das Geld bei den Betroffenen ankommt.“ Verwandte hätten sie auf die Hilfsgruppe aufmerksam gemacht.
835 Euro betrug eine weitere Spende eines treuen Unterstützers der Hilfsgruppe aus Kommern: Christian Meurer, Inhaber des gleichnamigen Kfz-Meisterbetriebs, übergab eine mit Spenden gefüllte Drei-Liter-Flasche, in der die 835 Euro waren. (sü)
Rudi Bresgen ist in Kreisen des 1. FC Köln bekannt wie ein bunter Hund, ebenso wie sein rot-weißer Smart mit dem Geißbock-Emblem und Bresgens Fußball-Motto „Liebe kennt keine Liga“. Nach seiner Pensionierung hat er sich mit dem „Little Bit“ den Traum von einer eigenen Kneipe erfüllt. Im Laufe der Jahre hat sich diese in ein kleines FC-Schatzkästchen verwandelt. „Ich habe mein ganzes Herzblut da hineingesteckt“, so Bresgen.
Dass er bei der Eröffnung das fast einen halben Meter lange und 30 Zentimeter hohe Sparschwein zum Sammeln für die Kinderkrebshilfe gekauft habe, habe damals einen ganz besonderen Grund gehabt. In seiner Zeit als Lehrer an der Grundschule in Satzvey habe er mehrere krebskranke Kinder erlebt, von denen auch einige gestorben seien. „Einer war ein netter Junge und ein ganz toller Fußballspieler“, erinnerte sich Bresgen: „In meiner Kneipe wollte ich etwas für krebskranke Kinder tun. Jetzt, nach 15 Jahren, sei die Zeit gekommen, das Schwein zugunsten der Kinderkrebshilfe zu schlachten.“
„Schlachten“ werde die Hilfsgruppe das Schwein, das deutliche Spuren der Flut aufweist, auf keinen Fall, versicherte Hilfsgruppen-Chef Willi Greuel. Die Sau sei ein Zeitzeuge der Katastrophe. „Wir leeren die Sau, ohne sie zu zertrümmern und bringen sie zur Wiedereröffnung des Little Bit wieder zurück nach Münstereifel“, versprach Greuel, bevor er die schwergewichtige Spende mit Frank Kronenberg, der noch eine 500-Euro-Spende drauflegte, ins Auto trug.
Das Geld komme Familien mit Kindern als Soforthilfe zugute, die durch die Flut ihr Heim sowie ihr Hab und Gut verloren hätten. Vom Finanzamt hat die Hilfsgruppe eine bis zum 31. Oktober befristete Sondergenehmigung bekommen, betroffenen Familien mit Soforthilfen in Höhe bis zu je 5000 Euro unterstützen zu dürfen. Laut Greuel hat die Hilfsgruppe wegen des großen Bedarfs bereits 100.000 Euro an betroffene Familien ausgezahlt und nimmt auch weiterhin Spenden an.
Unsere besten Texte 2021 – dieser Text ist erstmals am 18. August 2021 veröffentlicht worden.