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Cold Case RheinbachPolizei veröffentlicht anonymen Brief im Fall Claudia Wilbert

Lesezeit 4 Minuten
Claudia Wilbert wurde letztmalig am Abend des 28.03.1979 um 22:10 Uhr am Stadtpark in Rheinbach gesehen

Claudia Wilbert wurde letztmalig am Abend des 28.03.1979 um 22:10 Uhr am Stadtpark in Rheinbach gesehen

Ein anonymer Briefeschreiber stellt dar, dass ein naher Verwandter Detailwissen zum Täter und zum Tathergang hatte. Den kompletten Brief hat die Polizei im Internet veröffentlicht.

Seit über 40 Jahren sucht die Bonner Polizei einen Mörder – und seit über einem Jahr einen anonymen Briefschreiber, dem die Tat von einem Verwandten vor dessen Tod geschildert worden sein soll.

Am 30. März 1979 hatten Spaziergänger die Leiche der 17-jährigen Claudia Wilbert an einem Wanderparkplatz bei Bad Münstereifel-Scheuren gefunden. Sie war zwei Tage zuvor gegen 22.10 Uhr am Stadtpark in Rheinbach gesehen worden. Zeugen konnten beobachten, wie sie zu einem bislang unbekannten jungen Mann in einen hellen Pkw stieg. Im Dezember 2023 hatte die Redaktion der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ den fünfseitigen Brief erhalten; der Schreiber, der viele Details schilderte, offenbarte sich aber bis heute nicht. Im September berichteten Fahnder der Ermittlungsgruppe Cold Case der Bonner Polizei über den Fall in der ZDF-Sendung. Hierbei spielte der Brief eine zentrale Rolle, den der Schreiber an Medienredaktionen und die Kripo versandt hatte.

Cold Case: Anonymer Brief veröffentlicht

Darin stellte er dar, dass ein naher Verwandter Detailwissen zum Täter und zum Tathergang haben müsse. Zu einer in Aussicht gestellten weiteren Kontaktaufnahme mit der Kripo kam es in den folgenden Monaten jedoch nicht. Die Bonner Cold Case-Ermittlungsgruppe veröffentlichte am Montag den angesprochenen Brief und sucht mit ihm Menschen, die Hinweise zu dem Inhalt oder dem Verfasser geben können.

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Der oder die Schreiberin gab an, sie habe durch die Berichterstattung von dem ungeklärten Mordfall erfahren. Die geschilderten Umstände deckten sich mit den Erzählungen eines verstorbenen Verwandten, der ihm auf seinem Sterbebett Informationen zu einem mutmaßlichen Täter und dessen Vorgehen anvertraut habe. „Mein Verwandter hatte detailliertes Wissen zum Tatablauf und vermutete einen gezielten Mord“, heißt es. Die Tat ereignete sich am abgelegenen Waldparkplatz „Wolkenbruch“.

Die Leiche wurde in einem nahe gelegenen Waldstück abgelegt, das durch eine Fließgewässergrenze und dichten Baumbestand schwer einsehbar war. „Auffällig ist, dass der Täter genaue Ortskenntnisse besaß und mit einem speziell präparierten Auto unterwegs war. Der Beifahrertüröffner war deaktiviert, sodass das Opfer nicht fliehen konnte. Diese Planung und die Wahl eines derart versteckten Tatorts weisen darauf hin, dass es sich um eine gezielt vorbereitete Tat handelte.“

Zudem soll der Täter bereits in der Vergangenheit auffälliges Verhalten gezeigt haben, was von einigen Bekannten des Verwandten angemerkt worden sei. „Mein Verwandter kannte den mutmaßlichen Täter persönlich. Dieser soll ein Schulfreund oder Arbeitskollege gewesen sein und bis zur Hochzeit meines Verwandten im Jahr 1978 engen Kontakt zu ihm und seiner damaligen Verlobten gepflegt haben.“

Wenige Monate nach der Hochzeit sei der Kontakt abrupt abgebrochen. Der mutmaßliche Täter habe sich jeglicher Kommunikation entzogen, keine Einladungen mehr angenommen und sei umgezogen. Dieses Verhalten, so der Verfasser, lasse die Möglichkeit offen, dass der Täter sich bewusst aus dem Umfeld entfernte, um Spuren zu verwischen oder um einer Konfrontation zu entgehen. Einige gemeinsame Bekannte sollen nach seinem Verschwinden ebenfalls merkwürdige Verhaltensänderungen an ihm bemerkt haben.

Ähnlichkeit zur Ehefrau – war Claudia Wilbert wirklich Zufallsopfer?

Eine besonders beunruhigende Erkenntnis aus der Berichterstattung sei die frappierende Ähnlichkeit zwischen dem jungen Mordopfer und der Ehefrau des Verwandten: Dies werfe die Frage auf, ob Claudia Wilbert ein Zufallsopfer war oder ob der eigentliche Plan ein Angriff auf die Verwandte war. „Mein Verwandter, der sein gesamtes Leben lang sehr vorsichtig war, traf zahlreiche Sicherheitsvorkehrungen und war in ständiger Angst vor einem Angriff auf sich oder seine Familie. Er hielt Schreckschusswaffen bereit und sprach oft von einer potenziellen Bedrohung, die ihn niemals losließ. Er unternahm auch mehrere Versuche, mehr Informationen über den mutmaßlichen Täter zu sammeln, was aber offenbar erfolglos blieb“, heißt es weiter.

Erst in seinen letzten Lebensstunden habe er den Namen des mutmaßlichen Täters und entscheidende Details zum Tathergang offenbart, die sich mit den öffentlichen Berichten über den Mordfall Claudia Wilbert deckten. Der Verwandte sei zutiefst überzeugt gewesen, dass der Täter absichtlich geplant hatte, eine Frau mit den Merkmalen seiner Ehefrau zu töten. „Seine Angst war nicht unbegründet und scheint sich aus realen Befürchtungen gespeist zu haben“, meint der anonyme Verfasser.

Er sei bereit, sein Wissen weiterzugeben und weitere Details offenzulegen, wenn sichergestellt sei, dass keine unbegründeten Anschuldigungen erhoben werden. Der mutmaßliche Täter sei mittlerweile über 70 Jahre alt. „Ich hoffe, dass es noch eine Möglichkeit gibt, diesen Fall aufzuklären und Gerechtigkeit für das Opfer und seine Familie herzustellen“, schließt das Schreiben.

Der Brief ist im Fahndungsportal der Polizei NRW unter https://polizei.nrw/fahndung/144918 abrufbar. Hinweise nimmt die Ermittlungsgruppe unter 0228 15-0 oder per E-Mail an KK11.Bonn@polizei.nrw.de entgegen.