Richard Kern, ein Urgestein in der Altstadt von Königswinter, feiert seinen 90. Geburtstag. Er war der letzte Schnellfotograf am Drachenfels.
90. GeburtstagRichard Kern war der letzte Schnellfotograf am Drachenfels in Königswinter
Als Richard Kern in den 1950er Jahren in der Zeit des Wirtschaftswunders seinem Beruf nachging, da war in der Drachenfelsstadt sozusagen die Hölle los.
Touristen strömten in Massen nach Königswinter. Tanzlokale wie das „Rheingold“ oder das „Bobby“ an der Drachenfelsstraße waren schon vormittags voll. Am Bahnübergang tummelten sich mitunter derart viele Menschen, dass der Bahnwärter die Schranken kaum schließen konnte, berichtet Richard Kern. Und fügt hinzu: „Es war einmal.“
Fotos an Flugzeugattrappe in Königswinter fand sich wohl in jedem Haushalt
Das Königswinterer Urgestein erlebte den Boom hautnah. Denn er war einer der Schnellfotografen, die am Drachenfels zahllose Touristen fotografierten. Die Bilder mit den Besuchern in einer schwebenden Flugzeugattrappe oder auf einem Esel fanden sich vermutlich in fast jedem Haushalt.
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Als Richard Kern 1989 seine Kameras endgültig einpackte, da war er der letzte Schnellfotograf am Drachenfels. Am Donnerstag, 12. September, feiert er nun seinen 90. Geburtstag. Natürlich auf dem Drachenfels. Einen Holzesel, an dem schon sein Großvater Kinder fotografierte und der heute im Siebengebirgsmuseum als Leihgabe steht, wird er zur Feier des Tages aufs Plateau transportieren.
Richard Kern ist eine Institution in der Altstadt. Er ist leidenschaftlicher Sänger und gehört 2025 dem „Männergesangverein Gemüthlichkeit“ seit 70 Jahren an. Kern ist Ehrenpräsident des Vereins. Wegen seiner Verdienste ist er 2015 zum „Ritter vom Siebengebirge“ geschlagen worden.
Sein Großvater Johannes Oster war von Beruf Schneider, kaufte 1902 ein Grundstück am Drachenfels und merkte bald, dass sich mit der Fotografie mehr Geld verdienen ließ. Richard Kerns Vater, Hans Kern, war gelernter Buchdrucker und übernahm das Geschäft.
Siebengebirgsmuseum Königswinter behandelt das Thema Schnellfotografie
Da Richards Bruder Walter Anfang der 1950er Jahre in die USA auswanderte, stand für Richard Kern der Einstieg ins Fotofach an: Er brach eine Kfz-Lehre ab und legte 1956 seine Gesellenprüfung als Fotograf ab. 1974 übernahm er den Betrieb.
Richard Kern trifft die Redaktion dieser Zeitung im Siebengebirgsmuseum, in dem eine eigene Ecke der Schnellfotografie gewidmet ist. Er hat Teile seiner Ausrüstung, dem Museum als Leihgabe zur Verfügung gestellt.
An einer Medienstation berichtet er selbst über den Job damals. Vor dem Krieg, schätzt Richard Kern, waren allein oberhalb der Schranke am Drachenfels 20 Kollegen seiner Zunft aktiv, nach dem Krieg seien es vielleicht noch sechs gewesen.
In Zeiten, in denen noch nicht jeder Tourist eine eigene Kleinbildkamera dabei hatte, geschweige denn ein Handy, mit dem die Menschen inflationär viele Fotos schießen, mussten die Fotografen am Drachenfels schnell die Bilder entwickeln. Beim Aufstieg wurden Touristen fotografiert, beim Abstieg konnten sie das Foto schon mitnehmen.
In einer Vitrine im Museum steht ein Kopierapparat etwa aus dem Jahr 1920, mit dem Richard Kern Doppelbelichtungen machen konnte. Damit konnte er die Aufnahmen teils vorbereiten. Doch für die Doppelbelichtungen habe es damals viel Gefühl und Erfahrung gebraucht, um die beiden Teile der Karte gleich zu belichten, sagt der fast 90-Jährige.
Es gab auch ruhige Tage in der Touristenmetropole Königswinter
Mit einem kleinen Schneidegerät, das ebenfalls in der Vitrine liegt, konnte Richard Kern den Fotos einen Büttenrand verpassen. Die „gewellten“ Ränder entsprachen dem damaligen Geschmack. Und der Fotograf konnte ein paar Pfennige mehr nehmen.
„Hier geht jedem Besucher das Herz auf“, sagt Museumsleiterin Sigrid Lange über die Ecke zum Thema Schnellfotografie. „Das ist Geschichte“, freut sich Richard Kern, als Lange flugs aus dem Archiv ein Leporello mit vier Fotos bringt, die der Schnellfotograf für seine Gesellenprüfung gemacht hat.
Sie entstanden außerhalb der Saison. Denn in den Droschken an der Rheinallee und auf der Fähre sind keine Menschen, auf einem Parkplatz nur drei Autos zu sehen. Es gab also Mitte der 1950er Jahre auch ruhige Tage in der damaligen Touristenmetropole.