2023 kamen rund 600.000 Menschen auf das Drachenfelsplateau, die Zahl wird 2024 wohl weiter steigen. Warum die Königswinterer Altstadt kaum profitiert.
„Total überrascht, wie viel los ist“Drachenfels erlebt trotz wechselhaftem Wetter Tourismus-Boom
Sonne, Regen, Sonne: Das Wetter konnte sich in der ersten Hälfte der Sommerferien noch nicht so richtig entscheiden. So mussten sich gerade Familien mit Schulkindern darauf einstellen, Aktivitäten kurzfristig zu planen – oder aber die passende Kleidung im Gepäck zu haben. Das bekommen auch Hoteliers und Gastronomen zu spüren. Die Halbzeitbilanz fällt dennoch positiv aus.
„Seit Beginn der Sommerferien sind wir selbst total überrascht, wie viel hier los ist“, betont Oliver Bremm von der Tourismus Siebengebirge GmbH, die ihren Sitz in der Talstation der Drachenfelsbahn hat. Auch mit dem ersten Halbjahr 2024 sei man „richtig zufrieden“.
Das Siebengebirge wird immer bekannter bei Touristen aus der ganzen Welt
Trotz des „unsteten Wetters“, wie Oliver Bremm den vielen Regen der vergangenen Monate freundlich umschreibt, seien in den ersten sechs Monaten dieses Jahres wohl noch mehr Menschen als im gleichen Vorjahreszeitraum unterwegs. Im gesamten Vorjahr kamen rund 600.000 Menschen – zu Fuß oder mit der Drachenfelsbahn – auf das Drachenfelsplateau, weiß Oliver Bremm aus den Auswertungen.
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Berichte im Fernsehen trügen dazu bei, dass das Siebengebirge noch bekannter werde. Die Besucher gäben ihre Erfahrungen zudem weiter. „Wir sind eine attraktive Region“, verkehrsgünstig gelegen für Tagesausflügler. Viele Menschen kämen aber auch aus dem Ausland. Er habe gerade den Nachdruck eines Faltblattes in Englisch in Auftrag gegeben. Auflage: 10.000 Stück. An den Wochenenden sei Königswinter „rappelvoll“. Wenngleich natürlich am Drachenfels mehr los sei als in der Altstadt, wie er einräumt.
Fiona Streve-Mülhens Achenbach, die Chefin der Bergbahnen im Siebengebirge, spricht trotz des „herausfordernden Wetters“ von einem „guten ersten Halbjahr“ für die Drachenfelsbahn. „Wir liegen gut im Rennen.“
Zahl der Beförderungen auf den Drachenfels steigt immer weiter
Das Unternehmen wertet die Zahl der Beförderungen aus, was nicht gleichzusetzen ist mit der Zahl der Kunden, weil eine Person mehrfach befördert werden kann. Im März beispielsweise sei die Zahl der Beförderungen von 20.000 (2023) auf 45.000 in diesem Jahr gestiegen. Von Januar bis Juni 2024 seien es mehr als 250.000 Beförderungen gewesen. Kein Widerspruch ist nach ihrer Einschätzung der Boom am Drachenfels auf der einen Seite und die negative Bewertung des Altstadtmanagers und mancher Gastronomen auf der anderen Seite. „Unsere Besucher finden nicht unbedingt den Weg in die Altstadt“, sagt Streve-Mülhens Achenbach.
Es fehle eine attraktive Verbindung in die Innenstadt, daran müsse die Stadt unbedingt arbeiten. Eine sichtbare Beschilderung vermisst die Unternehmerin ebenso wie ein vernünftiges Parkleitsystem. Die Bahn hat unterdessen gerade zugesagt, die seit Jahrzehnten erhoffte Bahnunterführung an der Drachenfelsstraße während der Sperrpause 2026 endlich bauen zu wollen. Die Stadtverwaltung hat Pläne für eine städtebaulich höherwertige Fußgängerunterführung in der Schublade. „Sehr gut zu tun, wenn das Wetter passt“, hat nach eigenen Angaben Hermann-Josef Nolden, der die Gastronomie auf dem Drachenfelsplateau mit dem prägenden Glaskubus betreibt. Im Moment hinkten die Planzahlen dem Vorjahr hinterher, der Frühsommer sei nicht so gut gelaufen. Für das gesamte Jahr 2024 ist Nolden aber zuversichtlich: „Im Herbst sind die entscheidenden Monate, wenn viele Wanderer unterwegs sind.“
Schloss Drachenburg, das Gründerzeitgemäuer auf halber Höhe zum Drachenfels, haben im ersten Halbjahr 2024 schon rund 22.000 Menschen mehr besucht als im gleichen Vorjahreszeitraum, berichtet Geschäftsführer Joachim Odenthal. Übers gesamte Jahr könnten es bis zu 275 000 Besucher werden, womit die von der Betreibergesellschaft zum Schutz des Denkmals gesetzte Grenze von 250.000 Menschen überschritten würde.
Viele Niederländer besuchen Rhein-Sieg in den Sommerferien
Inzwischen seien die Gäste des Schlosses je zur Hälfte aus Deutschland und aus dem Ausland. Selbst Korea, Australien und Neuseeland seien vertreten. Aus Deutschland kämen nicht mehr so viele Besucher aus dem Postleitzahlbereich 53, sondern aus Düsseldorf, Essen oder dem Münsterland. „Auch Schleswig Holstein ist stärker geworden“, sagt Joachim Odenthal. Alternative zum Sauerland„Recht zufrieden“ ist Dr. Bernd Kessel vom Hotel Schützenhof in Eitorf-Alzenbach. Die Ferien seien normalerweise „eher eine tote Zeit“, da das Haus stark auf Geschäfts- und Seminartourismus setze. Im Vorjahr sei das aufgrund der Nachholeffekte nach Corona „sehr heftig“ gewesen, im laufenden Jahr habe sich das etwas normalisiert. Dennoch gibt es auch 2024 „trotz der Ferien“ Buchungen für Seminare.
Gelohnt hat sich für Kessel das Werben um Gäste aus Belgien und Holland, wie er berichtet: „Hier ist es aus holländischer Sicht genauso hübbelig wie im Sauerland“, so der Hotelier. „Die Strecke ist aber zweieinhalb Stunden kürzer.“ Seit neun Jahren kommen über Reiseveranstalter in den Nachbarländern Gäste aus Belgien nach Alzenbach, seit zwei oder drei Jahren auch aus den Niederlanden. Bei Buchungen über die Reiseveranstalter seien die Margen dünn, sagt Kessel. Doch kehrten immer wieder Gäste nach einem ersten Besuch unter Umständen mit dem Wanderverein und 60 Personen zurück. „Das ist dann rentabel.“ Auch Motorradgruppen finden immer wieder den Weg nach Alzenbach. Fünf Motorrad-Wochenenden stehen für dieses Jahr insgesamt im Belegungsbuch.
Geschäftsreisehotels in Rhein-Sieg erleben ruhige Sommerferien
„Deutlich ruhiger“ ist das Geschäft in den drei Hotels, die Christoph Silber-Bonz in Troisdorf und Sankt Augustin betreibt. „Wir sind eher ein Geschäftsreisehotel“, erklärt auch er. Die Privatreisenden seien vielfach Gäste von Familienfeiern, die eine Übernachtung buchten. Hinzu kommen viele Durchreisende, Urlauber, die eine lange Autofahrt im Rheinland unterbrechen. Auch der eine oder andere Radtourist bleibe in diesen Tagen und Wochen über Nacht. „Wir sind jetzt auch beim ADFC zertifiert als fahrradfreundliches Hotel“, berichtet Silber-Bonz.
„Wir sind nicht unzufrieden“ stellt der Hotelier fest. „Und irgendwann muss ich ja auch meine Mitarbeiter in Urlaub schicken.“ Derzeit laufen die Hotels mit reduziertem Personal, „viele haben Kinder und sind jetzt selbst im Urlaub“. Zu Beginn des Sommers konnten sich die Sibo-Hotels („Das Kronprinz“ Troisdorf, „Sankt Augustiner Hof“ und „Hotel Hangelar“) über gute Geschäfte während der Fußball-EM freuen. „Wir haben im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Übernachtungsplus von 26 Prozent in unseren drei Häusern mit den Standorten in Hangelar, Sankt Augustin-Ort und Troisdorf“, sagte damals Silber-Bonz. Die Lage zwischen Köln und Bonn habe sich als Vorteil gerade bei den Buchungen übers Internet herausgestellt. Fußballbegeisterte Schotten, Engländer und Rumänen „seien zufriedene“ Gäste gewesen, die zu den Vorrundenspielen in der Region gekommen seien.