Bonn – Ob der Dieb seine Freude an der Ikone haben wird, die er aus der St. Hildegard-Kirche in Rüngsdorf gestohlen hat, darf bezweifelt werden. Denn Pfarrer Dr. Wolfgang Picken hat dem unbekannten Täter Krankheit oder Schlimmeres angedroht.
Die St. Hildegard-Kirche ist ein verstecktes Kleinod oberhalb der Deichmanns Aue. Der zweigeschossige Rundbau wurde Anfang der 1960-er Jahre nach Plänen des Kirchbaumeisters Emil Steffann errichtet. Acht Rundbogenfenster, durch die geheimnisvoll das Licht fällt, umsäumen den Innenraum. Der Altar ist aus Grauwacke.
Finanziert wurde der Bau von der rheinischen Industriellenfamilie Wehrhahn, die für einen Sohn eine Pfarrei suchte. Die wurde mit Hilfe von Bundeskanzler Konrad Adenauer und des Kölner Erzbischofs Josef Kardinal Frings in Rüngsdorf gefunden, der Wehrhahn-Spross wurde hier Rektoratspfarrer. Ab 2006 wurde die unter Denkmalschutz stehende Kirche renoviert, ins Pfarrhaus zogen indische Franziskanerinnen. (dbr)
Das wertvolle Madonnenbild aus dem 17. Jahrhundert sei am Mittwoch am hellen Tag gestohlen worden, bestätigte die Polizei gestern auf Anfrage. Die Anzeige sei von einem Gemeindemitglied erstattet worden. Die mit einem Schutzgitter gesicherte Marienikone befand sich am Eingang des Kirchraums. „Die byzantinische Ikone zeigt das seltene Motiv einer Madonna, die das Christuskind stillt. Historische Aufzeichnungen sagen, dass sie von dem Mönch, der sie malte, mit einem Fluchspruch gegen alle belegt wurde, die sie verspotten oder sich ihrer bemächtigen“, erklärt Dechant Picken, der sich dabei auf Aufzeichnungen des Gemeindearchivs stützt. „Wir sind empört über die Entwendung der Ikone. Aber der Dieb wird an diesem Frevel keine Freude haben, wenn ihn der Bann des Mönchs treffen sollte“, so der Bad Godesberg Pfarrer weiter.
Der Theologe und Politikwissenschaftler greift dabei tief in die christliche Tradition. Danach soll ein Fluch auf ritualisierte Weise einer Person oder einem Ort Unheil bringen oder zur Sühne zwingen. Zorn, der Wunsch zu strafen oder sich zu rächen können den Fluch begründen.
Picken nennt ein Beispiel für die Wirksamkeit des Bannspruchs: Die Ikone soll im 19. Jahrhundert einmal aus einem Kloster gestohlen worden sein. Der Dieb habe sie sehr bald zurückgebracht, weil ihn schwere Krankheit und Elend getroffen hätten. „Wir tun uns als moderne Menschen schwer mit solchen Legenden, aber man sollte die Kraft nicht unterschätzen, die das Gebet der Mönche in ein solches Bild gelegt hat“, sagt Picken weiter und fordert den Dieb auf, die Ikone zurückzugeben.
Das einzigartige Kunstwerk befand sich im Eingang der 1961 erbauten Kirche in der Straße Im Meisengarten oberhalb der Deichmanns Aue (siehe Kasten). Die Ikone wird auf die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts datiert und wurde 1748 übermalt. Nach einem Gutachten des Bonner Diplom-Restaurators Ivan Bentchev handelt es sich um eine wahrscheinlich vom Ursprung her griechische Ikone, welche die Madonna Virgo Lactans (stillende Gottesmutter) darstellt. In der rechten Oberecke ist der Erzengel Michael, der ausgestattet ist mit den traditionellen Passionsattributen: Kreuz, Lanze und Schwamm.