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Coronavirus-EpidemieDurchseuchung der Bonner Bevölkerung ist niedrig

Lesezeit 5 Minuten

Im Centrum für Blutgerinnungsstörungen und Transfusionsmedizin begleitet Arzt Johannes Kruppenbacher die Tests.

Bonn – Hermann S. tippelt nervös von einem Bein auf das andere. „Ich bin schon aufgeregt“, gesteht der Handwerker aus dem Vorgebirge und schmunzelt. „Man weiß ja nie, was am Ende herauskommt.“ Gemeinsam mit einem weiteren Patienten wartet er an diesem Vormittag vor einem Pavillon mit separatem Warteraum, den das Centrum für Blutgerinnungsstörungen und Transfusionsmedizin (CBT) im Bonner Norden eingerichtet hat. „Ich bin schließlich kein Held“, lacht Hermann S. „Aber ich werde es wohl überleben.“

Ein kleiner Pieks und schon ist alles vorbei. Jetzt heißt es abwarten. Innerhalb weniger Tage wird das Team um Johannes Kruppenbacher wissen, ob Hermann S. über Covid-19-Antikörper verfügt. „Dafür benötigen wir nur eine kleine Menge Blut“, erklärt der Mediziner.

Drei Prozent der Getesteten hat Antikörper

Seit Ende März bietet das CBT diese Analysen an. Bisher sind 1720 Personen untersucht worden. „Bei 51 von ihnen konnten wir die entsprechenden Antikörper nachweisen“, berichtet er. Das entspreche einem Wert von rund drei Prozent.

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Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) bittet aktuell ebenfalls die rund 5000 Teilnehmer der bekannten „Rheinland Studie“ zum Bluttest. Die Reihenuntersuchung soll zeigen, wie viele von ihnen bereits mit dem Coronavirus infiziert waren und ob sie keine, milde oder schwere Symptome entwickelten.

„Die Bereitschaft ist enorm“, sagt Sabine Hoffmann vom DZNE. „Wir mussten keine Überzeugungsarbeit leisten.“ Die Blutproben sollten bis zu diesem Zeitraum entnommen werden, „Mitte Juli liegen dann die Ergebnisse vor“, ergänzt sie.

Das DZNE kooperiert bei der Auswertung eng mit dem Team von Christian Drosten vom Institut für Virologie an der Berliner Charité. Durch Abgleich dieser Befunde mit Daten über Gesundheit, Lebensstil und Immunstatus, die im Zuge der „Rheinland Studie“ größtenteils bereits erhoben wurden, erhoffen sich die Forscher neue Erkenntnisse über den Erreger und darüber, wie sich Gesundheitsfaktoren auf eine Coronavirus-Infektion auswirken.

Analytische Diagnose

Die CBT Gruppe unterhält Standorte in Bonn, Düsseldorf, Dortmund und Wuppertal mit angegliederten Laboren sowie dem Blutdepot Rheinland. Seit mehr als 35 Jahren werden dort analytische Diagnostik mit medizinischer Behandlung vereint.

Vorrangig werden Bluttests im Rahmen von Kinderwunschbehandlungen und Thromboseerkrankungen durchgeführt. Bei der analytischen Diagnose ist CBT unterstützend tätig. Die Gruppe arbeitet mit mehr als 1500 Ärzten zusammen. (img)

„Dies kann dazu beitragen, Maßnahmen der Prävention und Therapien zu entwickeln“, erklärt Monique Breteler, Leiterin der „Rheinland Studie“. Sie hatte die Idee, die bisher gesammelten Daten im Kampf gegen das Coronavirus einzusetzen.

„Warum manche Personen gegenüber diesem Virus widerstandsfähig sind und andere nicht, ist eine offene Frage. Vorerkrankungen spielen möglicherweise eine Rolle. Im Detail ist das aber weitgehend unklar“, so Breteler. Sie geht davon aus, dass es unter den Studienteilnehmern sowohl genesene Patienten gibt, bei denen die Erkrankung seinerzeit erkannt wurde.

Gleichzeitig würden aber auch solche „aufgespürt“, die trotz einer Infektion keine Symptome entwickelt hatten. „In einem halben Jahr planen wir eine Folgeuntersuchung, um herauszufinden, wie sich die Zahl der Personen mit Antikörpern weiterentwickelt hat“, ergänzt sie.

Im Centrum für Blutgerinnungsstörungen und Transfusionsmedizin können derzeit Personen ab 14 Jahren eine entsprechende Antikörper-Untersuchung machen lassen. „Mit einer Ausnahme“, berichtet Johannes Kruppenbacher. „Wir haben eine ganze Familie getestet, aber eines der Kinder ausgeschlossen, weil es erst zehn Jahre alt war.“ Als bei den Eltern dann Antikörper nachgewiesen worden waren, wurde auch der Jüngste aus der Familie überprüft.

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Seine Patienten müssen vor der Blutabnahme einige Fragen beantworten. „Wir wollen wissen, ob sie in letzter Zeit klassische Beschwerden einer Infektion hatten oder ob sie verreist waren“, beschreibt Kruppenbacher das Prozedere. Erst danach kommt die Kanüle zum Einsatz. „Spätestens nach einer Woche liegt das Ergebnis vor“, bestätigt Laborleiter Philipp Westhofen.

Immunität schafft Sicherheit

Rund 60 Patienten kommen täglich zur Untersuchung ins CTB. Viele von ihnen hoffen auf ein positives Testergebnis. Denn so könnten sie sicher sein, dass sie pflegebedürftige Angehörige und ältere Familienmitglieder nicht anstecken, weil sie bereits immun sind. Auch Hermann S. vertraut darauf. „Meine Mutter ist über 90 Jahre alt und lebt bei uns. Ich möchte sie nicht unnötig gefährden“, erklärt er.

Die Kosten für einen Test im CTB werden in der Regel von den Krankenkassen übernommen, da sie in Abstimmung mit Hausärzten durchgeführt werden. Doch es gibt auch Ausnahmen.

„Wir haben die Mitarbeiter einer Firma, die größtenteils mit Unternehmen im Ausland arbeitet, getestet. Solche Dienstreisenbescheinigungen gehen natürlich zu Lasten des Betriebs,“ stellt Kruppenbacher klar.

Sollten bei einem Patienten Antikörper nachgewiesen werden, dann ist das Institut verpflichtet, dies an die kommunalen Gesundheitsämter weiterzuleiten. „Unsere Antikörpertests dienen auch zur Unterstützung der Diagnose einer SARS-CoV-2-Infektion und stellen eine Ergänzung zum Direktnachweis dar. Zudem kann die Serologie zur Erhebung epidemiologischer Daten verwendet werden, was im Falle des nahezu unerforschten SARS-CoV-2 von besonderem Interesse ist“, so Laborleiter Westhofen.

Mittlerweile gehen Wissenschaftler davon aus, dass Antikörper aus dem Blut von Genesenen akut Erkrankte retten können. Die Bonner Uniklinik stellt dafür Rekonvaleszenten-Plasma her. „Zur Behandlung von Covid-19-Patienten mit schweren Verläufen gibt es keine zugelassenen Medikamente.

Wir stehen quasi mit leeren Händen da“, beschreibt Christian Putensen, Leiter der Operativen Intensivmedizin an der Universitätsklinik, die Motivation, zusammen mit dem Blutspendedienst die Herstellung von Rekonvaleszenten-Plasma zu initiieren. Eine entsprechende Blutplasmaspende dauert ungefähr 45 Minuten.

„Die Bereitschaft zu helfen, ist überwältigend“, beschreibt Johannes Oldenburg, Direktor des Instituts für Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin an der Uniklinik, die ersten Erfahrungen. Innerhalb kürzester Zeit hätten sich einige hundert Spender beim Blutspendedienst gemeldet, um mit ihrem Plasma schwer erkrankten Menschen zu helfen.

„Bei jedem wird geprüft, ob er als Spender geeignet ist“, sagt Heiko Rühl, Oberarzt am Bonner Universitätsinstitut für Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin zum diesbezüglichen Ablauf.

Nach mehr als zwei Monaten zieht Kruppenbacher für das CTB-Institut ein erstes Fazit. „Unsere Ergebnisse belegen, dass die Durchseuchung der Bevölkerung nicht sehr hoch ist. Für mich besteht kein Grund zu Panik. Zumal wir auch nicht wissen, wie lange ein Schutz durch Antikörper überhaupt anhält“, sagt er. Wirklich sicher könne man erst sein, wenn ein entsprechender Impfstoff zugelassen ist, gibt Kruppenbacher zu Bedenken.