Altes bewahren, die Kirsche retten, hässliche Gebäude verschönern und zuallererst Rampen schaffen - die Bürgerwerkstatt zum Umfeld des Bahnhofs Roisdorf sammelte Ideen von 50 Teilnehmern.
Erst die Rampen gestaltenBürgerwerkstatt zum Bahnhof Roisdorf sammelt viele Ideen
„Wenn Sie vorhaben, diesen Bahnhof zu nutzen, kommen Sie nicht mit Kinderwagen, Rollator oder Rollstuhl, er ist nicht barrierefrei und vollkommen verwahrlost.“ Ein Blick ins Internet und in die Google-Rezensionen verrät: Der Bahnhof Roisdorf ist alles andere als ein Aushängeschild für die Stadt Bornheim und die Deutsche Bahn. Nutzer beschreiben ihn als „Lost Place“ und „Bauruine“ oder als einen Bahnhof, den man besser „zügig verlässt.“
Dass der Roisdorfer Bahnhof ein Schandfleck und alles andere als einladend ist, ist also hinlänglich bekannt. Dass dringend Handlungsbedarf besteht, das sehen nicht nur Politik und Verwaltung seit vielen Jahren so, sondern auch rund 50 Gäste, die am Dienstagabend der Einladung zu einer weiteren Bürgerwerkstatt zum Bahnhof Roisdorf in den Ratssaal gefolgt waren. Diese Bürgerwerkstatt war organisiert und durchgeführt von dem Dortmunder Stadtplanungsbüro Pesch Partner vertreten durch Geschäftsführerin Jacqueline Thate, Projektmitarbeiter Jan Dröge-Rothaar und der studentischen Hilfskraft Isabel Raßfeld.
Erfreut über die überraschend große Resonanz zeigten sich Bürgermeister Christoph Becker, Bornheims Mobilitätsmanager Maximilian Probierz und der Leiter des Stadtplanungsamtes Andreas Erll, der sich am Ende der zweistündigen Veranstaltung für die „rege, konstruktive Diskussion“ bei den Teilnehmern bedankte: „Es hat sehr viel Spaß gemacht. Wir werden sehen, was wir umsetzen können.“
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Die Diskussion, vor allem um den dringend notwendigen barrierefreien Umbau des Bahnhofs und des Vorplatzes zur Mobilstation, zieht sich schon sehr lange hin. Bereits zwei Bürgerwerkstätten (2015 und 2018) gab es. 2020 wurde der Bahnhof schließlich in das Ausbauprogramm der Bahn, MOF 3 (Modernisierungsoffensive 3) aufgenommen. Erll schätzt, dass es sich noch bis 2030 hinziehen könnte, bis die Umgestaltung des Bahnhofs fertiggestellt sein wird. Weitere zehn Jahre könnten ins Land gehen, bis dann auch das von der Bahn angekündigte dritte und vierte Gleis verlegt und der dafür erforderliche zweite Bahnsteig gebaut sein werden. Langfristig plant die Bahn die Strecke sowohl für den Personen- als auch für den Güterverkehr zwischen Köln und Bonn durchgehend befahren zu lassen, da Prognosen ausgehen, dass der Bahnhof bis 2040 von mehr als 4000 Reisenden täglich genutzt wird.
Die Stadtplaner stellten mehrere Varianten für die Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes und den hinteren Teil, den Bereich Rosental, vor, auf dem das verfallene Gebäude des ehemaligen Emka-Marktes steht.
Laut Dröge-Rothaar fallen die derzeitigen Stellplätze an der Bonner Straße weg, neue Parkgelegenheiten entstehen auf dem Areal des Emka-Marktes, wo auch Büroräume oder ein Hotel entstehen könnten. Auf dem neu gestalteten Vorplatz sieht der Planer ein Fahrradparkhaus, weitere offene Stellplätze für Fahrräder, Bäume und Sitzgelegenheiten sowie einen Brunnen vor, außerdem eine Wendeschleife für Busse, Taxen oder Bürger, um Reisende abzuholen oder zu bringen. Um die Gleise barrierefrei zu erreichen, muss auf beiden Seiten eine Rampe gebaut werden. Einen von der Politik angedachten Kreisverkehrsplatz lehnte Dröge-Rothaar ab, da dieser zu viel Fläche wegnehmen würde. Für mehr Sicherheit bei der Überquerung der Bonner Straße könnten eine Ampel oder eine Querungshilfe sorgen.
Jacqueline Thate erläuterte, dass die bisherige Unterführung verfüllt und ein neuer Tunnel gebaut wird. Um die Unterführung als Angstraum zu beseitigen, schlug sie ein aufgeweitetes, neues Bauwerk und eine bessere Beleuchtung vor: „Dann hätten wir buchstäblich mehr Licht am Ende des Tunnels.“ Thate empfahl, beide Teile des Bahnhofsumfeldes gestalterisch zu verbinden: „Wir hätten dann künftig zwei Vorplätze.“ Sie schlug auch vor, die Bushaltestelle am Rosental direkt an das Bahnhofsgebäude zu verlegen, damit mobilitätseingeschränkte Personen einen kurzen Weg haben. Dadurch könne ein Angstraum vermieden werden.
Kreativ, aber auch kritisch zeigten sich die Teilnehmer mit ihren Anregungen. Dharlen Tang wünschte sich in dem ehemaligen Fahrradladen einen Kiosk mit Imbiss oder Café und Sitzmöglichkeiten auf dem Vorplatz. Da laut Bahn das vorhandene, unansehnliche Stellwerkgebäude bleiben muss, schlug ihr Mann Frederik vor, dies zumindest äußerlich zu modernisieren oder attraktiver zu gestalten. Die frühere Roisdorfer Ortsvorsteherin Gabriele Kretschmer regte an, die historische Sichtbeziehung zur Brunnenallee und zu den Roisdorfer Mineralquellen bei der Gestaltung des Vorplatzes mit in den Blick zu nehmen.
Auch der Vorsitzende der Heimatfreunde Roisdorf, Ernst Gierlich, brachte historische Aspekte mit ein. Er forderte, den Güterschuppen aus dem 19. Jahrhundert am Rosental zu erhalten: „Es wäre fatal, wenn dieses denkmalwürdige Gebäude wegfallen würde.“ Auch die Art Deco-Fassade der ehemaligen Hallen des Centralmarktes hält er für schützenswert. Zumindest der Güterschuppen dürfte allerdings in einigen Jahren der Gleiserweiterung am Roisdorfer Bahnhof zum Opfer fallen und abgerissen werden, erläuterte Probierz. Zudem stehe der Schuppen nicht unter Denkmalschutz und sei in einem schlechten Zustand.
Einige Bürger regten an, den Lkw-Verkehr am Rosental möglichst einzuschränken und auf der Bonner Straße eine Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 30 einzurichten, um eine sicherere Querung zu ermöglichen. Zudem solle möglichst wenig Fläche versiegelt und der große Kirschbaum auf dem Vorplatz erhalten bleiben.
Das Hauptthema, so Andreas Erll, sei jedoch zunächst der Bau und die Gestaltung der Rampenanlage. Dafür ist die Stadt zuständig, ebenso für die Gestaltung des Vorplatzes und der Park-and-Ride-Anlage. Hierüber müsste nun möglichst schnell eine Entscheidung in den politischen Gremien getroffen werden. Erst nach dem Bau der Rampen und dem Umbau des Vorplatzes zur Mobilstation könne die Bahn mit dem Ausbau der Bahnsteige beginnen. Dafür müsste zeitweise auch die Bahnstrecke gesperrt werden. Da die Bahn ihre Modernisierungsoffensive vorantreibt, müsste die Politik schnell ihre Entscheidung treffen. Im Mobilität- und Verkehrsentwicklungsausschuss im August 2023 erklärte Probierz, dass die Bahn mit ihren Maßnahmen ab 2027 beginnen könnte.
Die groben Kosten für die Stadt Bornheim wurden in der besagten Sitzung auf 2,7 Millionen Euro geschätzt, von denen 1,6 Millionen Euro auf die P+R-Anlage entfallen. Allerdings geht die Verwaltung von einer 90-prozentigen Landesförderung aus, die über den dritten Akteur der Maßnahme, der „goRheinland“ (vormals Nahverkehr Rheinland) beantragt wird.