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Berghaus gelingt der Machtwechsel knapp

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200 Mitglieder nahmen am Parteitag teil.

Ernst Küchler hätte den Parteitag am liebsten abgebrochen. Gerade hatte Aylin Dogan zum Entsetzen vieler ihren Rückzug von der SPD-Spitze angekündigt und damit eine Rücktrittswelle angestoßen, die praktisch den kompletten Vorstand des Unterbezirks erfasste. Es war damit zu rechnen, dass man zumindest die Riege der sechs Beisitzer nicht zusammenbekommen würde. Also stellte der frühere Oberbürgermeister, Bundestagsabgeordnete und Ehrenvorsitzende den Antrag, das Mitgliedertreffen zu beenden, zur Besinnung zu kommen und in ein paar Wochen einen neuen Anlauf zu nehmen. Dafür fand sich aber knapp keine Mehrheit.

Es blieb nicht das einzige enge Ergebnis in Bergisch Neukirchen. Jonas Berghaus, der sich ganz plötzlich zum Gegenkandidaten der seit zwei Jahren amtierenden Aylin Dogan erklärt – und dies der Vorsitzenden nicht persönlich, sondern per Mail mitgeteilt – hatte, vereinigte nach einer feindselig geführten Diskussion ganze 103 Ja-Stimmen auf sich. 80 Genossen stimmten gegen den Manforter. An ein derart schlechtes Ergebnis kann sich niemand in der Leverkusener SPD erinnern. Nicht viel besser schnitten Berghaus’ Stellvertreter Didem Abib und Martin Krampf ab, die ebenfalls neu ins Amt kamen: Abib bekam 105 Stimmen, Krampf gar nur 96.

Alles Abstimmungen, die den plötzlich aufgebrochenen Riss in der Partei greifbar machen. Er verläuft im Grunde zwischen Wiesdorf und Manfort einerseits und Opladen und Bergisch Neukirchen andererseits. Auch Rheindorf und Hitdorf gehören zum nördlichen Lager um die nunmehr gewesene junge Vorsitzende Dogan.

Jonas Berghaus fuhr ein schlechtes Ergebnis ein.

Dass es überhaupt einen solchen Graben gibt, war erst in den vergangenen Wochen offenbar geworden – sehr zu Dogans Überraschung, sagte die Parteichefin. Erst das Schreiben von Jonas Berghaus, in dem er seine Kandidatur ankündigte, habe ihr das ganze Ausmaß der „Unzufriedenheiten“ im Leverkusener Unterbezirk deutlich gemacht. Berghaus hatte von „tiefen Gräben“ geschrieben, die von der amtierenden Vorsitzenden wohl nicht mehr zu schließen seien.

Allerdings steht Berghaus’ überraschende Gegenkandidatur in einem engen Zusammenhang mit dem Grabenkrieg in der SPD. Berghaus wird vor allem unterstützt von einer jungen Truppe neuer Mitglieder, die zu großen Teilen vom Chef des Ortsvereins Wiesdorf/Manfort, Ismail Kutbay, angeworben worden waren. Der wiederum gehört zum Mitarbeiterstab von Karl Lauterbach – was Gerüchte befeuerte, der Bundestagsabgeordnete wünsche sich einen anderen Parteichef. Deshalb soll Dogan bei Lauterbach interveniert und Kutbays Rausschmiss gefordert haben. „Das ist schlicht unwahr“, beteuerte eine sichtlich angefasste Aylin Dogan am Samstagmittag. Und kündigte ihren Rückzug an.

Berghaus’ Kandidatenrede wurde nur von seinen Unterstützern mit beifällig aufgenommen. Die Reaktion des Parteivolks nahm das Ergebnis vorweg.

Aylin Dogan trat nach zwei Jahren entnervt den Rückzug an.