Leverkusen – Für die Verantwortlichen beim Landesbetrieb Straßen NRW ist Ende 2020 das entscheidende Datum, auf das jetzt alles fixiert ist: Zu diesem Zeitpunkt soll die erste Hälfte der neuen Leverkusener Rheinbrücke fertig sein.
Dann sollen hier auch wieder Lkw und Fahrzeuge von mehr als 3,5 Tonnen Gewicht den Strom überqueren können. Die Pläne sind genehmigt, die Hauptaufträge an die ausführenden Baufirmen inzwischen erteilt. In diesen Tagen werden die ersten Vorbereitungen dafür getroffen, damit der eigentliche Brückenbau im kommenden Sommer beginnen kann.
Eingriff in Untergrund an der A59
Doch schon die vorbereitenden Arbeiten haben es in sich. Ein Regenrückhaltebecken, das Oberflächenwasser von der künftig doppelt so breiten Autobahnbrücke aufnehmen soll, entsteht mitten im Kreuz Leverkusen-West.
Dort, wo der mit Betonelementen gesicherte Mittelstreifen der A59 in den letzten Tagen beseitigt worden ist, geteert und die ersten Baustellen-Container aufgestellt wurden, muss sogleich in einen heiklen Untergrund eingegriffen werden: Unter der Autobahn liegt ein Ausläufer der Altlast Dhünnaue, jener unsortierten früheren Deponie, in der neben Bauschutt und Hausmüll auch teils hochgefährliche Abfälle aus der Bayer-Chemieproduktion früherer Jahrzehnte lagern.
Mit entsprechender Vorsicht muss zu Werke gegangen werden: Die Arbeiten finden unter einer Einhausung statt. Wenn der Abfall weggebaggert wird, um das Wasserbecken tief im gewachsenen Erdreich zu gründen, geschieht dies unter einer eigens dafür errichteten Halle.
Der Abtransport erfolgt in gesicherten Containern, jeder Lkw wird vor der Ausfahrt gründlich gereinigt und alle Einsatzkräfte arbeiten in Schutzanzügen. Der Aushub geht nach einer Analyse auf eine Sondermülldeponie – oder in eine Verbrennungsanlage. Ein erprobtes Sicherheitskonzept, so die von Straßen NRW beauftragte Gutachterin Ingrid Obernosterer. Man hat Erfahrungen mit vergleichbaren Altlasten.
Weg zur Entsorgung ist nicht weit
Der Weg zur Entsorgung ist nicht weit: In einer europaweiten Ausschreibung hat die Chempark-Betreiberfirma Currenta das wirtschaftlichste Angebot abgegeben: Deponie und Sondermüllverbrennung dieser Bayer-Tochter liegen gleich neben dem Autobahnkreuz. Eine in jeder Hinsicht naheliegende Lösung.
Denn es soll schnell und sicher zugehen, so Thomas Ganz, verantwortlicher Regionalleiter bei Straßen NRW. Binnen drei Jahren eine solche Rheinbrücke zu errichten, das sei schon sportlich. Eine Doppelbrücke in sechs Jahren schon gar, urteilte er am Dienstag in einem Pressegespräch.
Autobahnbrücke soll 2024 komplett stehen
Denn 2024 soll die Autobahnbrücke komplett stehen und in Betrieb sein, je Richtung mit acht durchgängigen Fahrspuren, samt Abbiegespuren dann zwölfspurig. 740 Millionen Euro soll die komplette Brücke kosten, Aufträge über 480 Millionen sind bereits erteilt. Die beauftragten Firmen stehen unter Zeitdruck, haben Malus-Klauseln in ihren Verträgen und für die Kosten von Verzögerungen einzustehen.
Zwischendurch ist noch die alte, stark geschädigte Brücke abzureißen. Das geschieht 2021 Stück für Stück, von der Flussmitte zu den Ufern, ein Jahr lang. Die Rheinschifffahrt soll davon nicht gestört werden. Wie auch der Autobahnverkehr soweit wie möglich trotz Bauarbeiten noch fließen soll.
Noch im Sommer 2018, da sind sich die Straßenbauer sicher, wird in Berlin eine Entscheidung darüber fallen, wie der weitere Ausbau des Kölner Autobahnrings im Bereich Leverkusen aussehen soll.
„Wir haben alle denkbaren Varianten vom Tunnel bis zur Hochlage durchgeplant“, so Regionalleiter Ganz. Welche Variante zum Zuge kommt, entscheidet der Bund, der den Autobahnbau schließlich zahlt. Bei der A3 (Frankfurt- Oberhausen) ist eine Verlegung der Durchgangsspuren im Leverkusener Kreuz in einen Tunnel denkbar, mit zusätzlichen ebenerdigen Verzweigungen zur A1 (Dortmund-Trier). Bis zu einer Milliarde Euro an Baukosten stehen dafür zur Rede.
Leverkusener Rat fordert „Tunnel statt Stelze“
Bei der A1 ist die Entscheidung zu treffen, ob einer billigeren Verbreiterung der Hochlage („Stelzenautobahn“) oder einer Verlegung in einen Tunnel allein zwischen den beiden Leverkusener Kreuzen der Vorzug gegeben wird. Der Leverkusener Rat fordert „Tunnel statt Stelze“, was 560 Millionen Euro kosten soll, die Ministerien in Berlin und Düsseldorf führen die doppelt so breite Autobahn auf Säulen bislang als „Vorzugsvariante“, die mit 300 Millionen Euro deutlich billiger und schneller zu bauen wäre.
Kaum Chancen auf Verwirklichung hat die Wunschlösung der Leverkusener Bürgerinitiativen und des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach, einen langen A-1-Tunnel unter der Leverkusener Innenstadt und dem Rhein hindurch zu bauen.
Für eine solche Variante sind vor zehn Tagen 4000 Leverkusener auf die Straße gegangen. Für die Fachleute von Straßen NRW eine „nicht vorstellbare“ Variante, die gerade bei der Reinigung von Abgasen nicht zu lösende technische Probleme mit sich brächte.