Frankfurt/Main – Zwei Dinge waren in den vergangenen Jahren der Fußball-Bundesliga gewiss: der FC Bayern wird Meister und Robert Lewandowski Torschützenkönig. Zumindest eine Serie wird nach dem Abgang des polnischen Weltfußballers zum FC Barcelona enden.
Trost für den Rest dürfte das kaum sein. Denn die Liga ächzt unter der extremen Dominanz der Münchner, selbst Bayerns Vorstandsboss Oliver Kahn macht sich vor dem Start der WM-Saison 2022/23 Sorgen um die Attraktivität der Bundesliga. „Wir möchten aus England nicht hören, wir in Deutschland seien eine Art 'Farmers League'”, sagte Kahn in einem Interview im „11Freunde Bundesliga-Sonderheft”.
Lewandowski und Haaland weg, neue Stars da
Auch ohne die abgewanderten Torgaranten Lewandowski und Erling Haaland (Manchester City) soll die Bundesliga aufregend bleiben - und, geht es nach dem Willen vieler Fans, in der Spitze wieder spannender werden. Wie schwierig das wird, zeigt der Transfersommer der Münchner, die einen Lewandowski-Abgang mal eben damit beantworten, in Verteidiger Matthijs de Ligt und Stürmer Sadio Mané zwei Weltklassespieler zu verpflichten.
„Wir haben zwei absolute Topstars aus Europa geholt. Natürlich würden wir uns wünschen, dass die Bundesliga mehr von solchen Leuten hat”, sagte Bayerns Präsident Herbert Hainer. Eher scherzhaft, aber mit wahrem Kern, fügte der Funktionär an: „Es dürfen natürlich nicht zu viel werden, damit wir immer noch Erster werden am Ende der Saison.” Wenn Dortmund in Niklas Süle, Nico Schlotterbeck und Karim Adeyemi Top-Qualität verpflichtet, greift der Serienmeister aus München eben nochmal ein Regal höher.
Eintracht Frankfurt in der Champions League
Ein zusätzliches Pfund für die Macher bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) ist es, erstmals seit 25 Jahren wieder einen Europapokalsieger zu stellen, der nicht FC Bayern heißt. Eintracht Frankfurt krönte im Mai in Sevilla eine furiose Europa-League-Saison und darf nun Königsklasse spielen. Am 5. August (20.30 Uhr) bietet die Bundesliga zum heiß ersehnten Auftakt fast alles, worauf man sich diese Saison freuen darf: die Eintracht mit dem früheren WM-Helden Mario Götze gegen die Bayern mit Mané, de Ligt und den vielen etablierten Stars um Thomas Müller, Joshua Kimmich und Manuel Neuer.
International ergab sich zuletzt ein diffuses Bild. Scheiterten die sonstigen Größen Bayern (an Villarreal) und Dortmund (erst an Sporting Lissabon, später an den Glasgow Rangers) überraschend, waren es die Frankfurter, die für Fußball-Festtage in Barcelona oder London sorgten. „Das tut dem deutschen Fußball gut. Ich bin sicher, dass wir auch weiterhin international konkurrenzfähig sind. Ob es zu weiteren Titeln reicht, werden wir sehen”, sagte Fredi Bobic von Hertha BSC. Er nennt den Triumph seines Ex-Clubs „ein Ausrufezeichen”.
Der Titel führt auch zu fünf Königsklassen-Startern, wobei das Quartett neben Frankfurt mit Bayern, Dortmund, RB Leipzig und Bayer Leverkusen nach den üblichen Verdächtigen klingt. „Es wird ja immer vom Closed shop geredet. Mit Eintracht Frankfurt hat sich in der Bundesliga in den vergangenen drei Jahren der siebte Club für die Champions League qualifiziert”, sagte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke. Allerdings waren die Bayern, Dortmund und Leipzig in allen drei Jahren dabei, nur dahinter wechselte die Besetzung.
Union, Freiburg und Köln in Europa
Dass die Premier League stets gelobt wird, geht Watzke zu weit. Es sei ein Stück weit modern, die englische Liga als beste der Welt auszurufen. „Aber sie haben nicht einen einzigen Wettbewerb in diesem Jahr gewonnen. Champions League nach Spanien, Europa League nach Deutschland. Conference League nach Italien”, erinnerte der 63-Jährige, der auch DFL-Aufsichtsratschef ist. Neben Frankfurt sicherten sich Real Madrid und die AS Rom die internationalen Pokale.
Spannend dürfte in dieser Spielzeit auch das deutsche Abschneiden in der Europa und Conference League werden. Die Eintracht hat 2019 (Einzug ins Halbfinale) und nun 2022 vorgemacht, welche Chancen auch die Vereinswettbewerbe unterhalb der Champions League bieten können. Am Start sind diesmal - im Gegensatz zur Königsklasse - nicht alte Bekannte, sondern Union Berlin und der SC Freiburg in der Europa League sowie der 1. FC Köln in den Playoffs der Conference League.
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